Süddeutsche Zeitung

Klausur in Kloster Banz:Ein Volksbegehren - und schon nimmt sich die CSU des Themas an

  • Die Freien Wähler planen ein Volksbegehren zur Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung. Dadurch sollen Hauseigentümer entlastet werden.
  • Die CSU setzt das Thema ebenfalls auf die Agenda ihrer Klausurtagung, dabei lehnte sie die Abschaffung vor ein paar Wochen noch ab.
  • Er traue der CSU bei dem Thema keinen Millimeter über den Weg, sagt FW-Vorsitzender Aiwanger: Es handele sich um den "Versuch, uns einzulullen".

Von Lisa Schnell

Hubert Aiwanger ereilt dieser Tage ein Déjà-vu. Der Chef der Freien Wähler fühlt sich zurückversetzt ins Jahr 2013. Es war Wahljahr, die Freien Wähler forderten in einem Volksbegehren die Abschaffung der Studiengebühren - und die CSU? Schaffte sie ab. Jetzt ist 2018, Wahljahr, die FW fordern die Abschaffung der Straßenausbaubeitragssatzung - und die CSU? Schafft sie ab.

Davon ist zumindest Aiwanger überzeugt und er ist nicht der Einzige. Schon auf dem Parteitag der CSU im Dezember forderten CSU-Mitglieder, das Thema noch im Landtagswahlkampf abzuräumen. Jetzt scheint es soweit zu sein. Bei ihrer Klausurtagung in Kloster Banz Ende Januar will die CSU-Landtagsfraktion eine "umfassende, nachhaltige Befriedung dieses schwierigen Themas" erreichen, sagt Florian Herrmann, Vorsitzender des Ausschusses für kommunale Fragen im Landtag.

Von einer Abschaffung wie sie die FW fordern, will er noch nicht sprechen, er schließt sie aber auch nicht aus. "Wir müssen die betroffenen Eigentümer im Blick haben, aber auch die Kommunen, die wir nicht hängen lassen wollen", sagt er. Eigentümer also, die manchmal bis zu fünfstellige Summen für die Erneuerung ihrer Straße zahlen mussten, sollen entlastet werden. Die Kommunen, die das Geld verlangten, aber auch. Irgendjemand allerdings muss für die Kosten aufkommen.

Kaum jemand fällt da eine andere Lösung ein, als die Beiträge abzuschaffen und das Geld aus dem Haushalt des Freistaats zu nehmen. Derzeit belaufen sich die Kosten jährlich auf etwa 60 Millionen Euro, der Gemeindetag allerdings geht von Kosten von bis zu 120 Millionen Euro pro Jahr aus. Die Freien Wähler wollen diese über die Kfz-Steuer bezahlen. Schließlich nutze die Erneuerung einer Straße ja den Autofahrern, sagt Aiwanger. In der CSU denkt man wohl eher darüber nach, den kommunalen Finanzausgleich zu erhöhen.

Noch vor ein paar Wochen fiel die Reaktion der CSU auf das Volksbegehren der FW anders aus. Damals vertrat sie bei einer Plenardebatte im Landtag die Meinung, eine Finanzierung über Steuern sei ungerecht, und schlug vor, es den Gemeinden freizustellen, ob sie Beiträge erheben wollen oder nicht.

Jetzt, nach vielen Protesten von Anliegern und der eigenen CSU-Basis am Parteitag, lehnt Herrmann eine solche Kann-Regelung ab, da sie faktisch zur Abschaffung der Beiträge führen würde, ohne dass die Kommunen eine Gegenfinanzierung hätten. Warum der Sinneswandel? Das Thema sei kompliziert, sagt er, man müsse sich ihm in Ruhe widmen und nicht mit "Hauruck-Aktionen" wie es die Freien Wähler täten.

Eine mögliche Abschaffung nämlich wirft auch viele Fragen auf. Wie wird mit Anliegern umgegangen, die jetzt schon eine Zahlungsaufforderung ihrer Kommune erhalten haben? Und: Wie geht man mit dem Ärger von Bürgern um, die 2017 noch gezahlt haben? Aiwanger sieht darin kein Problem. "Das ist bei jeder Neuerung so", sagt er. Da könnte sich ja auch der Großvater aufregen, weil er noch zu Fuß gehen musste, während später das Auto eingeführt wurde.

Eine klare Forderung aber haben die Freien Wähler im Umgang mit schon laufenden Verfahren. Von dem Tag an, an dem das Gesetz in Kraft trete, müssten alle Forderungen, die noch laufen, hinfällig sein. Wer schon etwas gezahlt hätte, würde es nach ihrem Gesetzentwurf zurückbekommen.

Der CSU aber traue er keinen Millimeter über den Weg, sagt Aiwanger. Die Ankündigung, sich des Themas anzunehmen, sei "der Versuch, uns einzulullen nach dem Motto: Es ist schon gelaufen". Deshalb wollen die FW ihr Volksbegehren weiter verfolgen, das laut Aiwanger im Herbst zu Ende gehe.

Die Grünen wollen eine für Anfang 2018 geplante Evaluation der jetzigen Gesetzeslage abwarten. Sie seien aber ergebnisoffen, sagt Fraktionschefin Katharina Schulze. Der CSU wirft sie vor, wie so oft die Ideen der Opposition zu klauen. Kurz vor dem Ende der Legislatur fange die CSU das Regieren an, sagt SPD-Fraktionschef Markus Rinderspacher.

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SZ vom 03.01.2018/haeg
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