Die wichtgsten Klassik-Festivals in BayernDie Klassik zu Gast bei Freunden

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Ein Bild wie aus einer anderen Zeit: Anna Netrebko feiert singend ihren 50. Geburtsag im Moskauer Kreml im Januar 2020, an ihrer Seite ihr Ehemann Yusif Eyvazov. Die beiden leben mittlerweile getrennt, allerdings teilen sie immer noch gelegentlich die Bühne, wie im kommenden Juli bei den Regensburger Schlossfestspielen.
Ein Bild wie aus einer anderen Zeit: Anna Netrebko feiert singend ihren 50. Geburtsag im Moskauer Kreml im Januar 2020, an ihrer Seite ihr Ehemann Yusif Eyvazov. Die beiden leben mittlerweile getrennt, allerdings teilen sie immer noch gelegentlich die Bühne, wie im kommenden Juli bei den Regensburger Schlossfestspielen. (Foto: Vyacheslav Prokofyev)

Ob open air zwischen Schlossmauern, vor Bergkulisse oder in schmucken Kursälen: In diesem Sommer geben sich wieder viele Weltstars der Klassik wie Anna Netrebko, Jonas Kaufmann oder Anne-Sophie Mutter die Ehre. Ein Überblick.

Von Jutta Czeguhn

Schon mal drüber nachgedacht, wo und wann die Stars der Klassik Urlaub machen? Denn die Festivalzeit hat begonnen, auch in Bayern. Und so wird Anna Netrebko, die zwischen Wien, Gran Canaria und Verona viel zu tun hat, auch in Regensburg bei den Thurn und Taxis Schlossfestspielen einen Stopp einlegen. Dort wird sie auf Jonas Kaufmann treffen, der, obwohl er kürzer treten möchte, auch in Paris, Aix en Provence und Évian-les-BainsLa Grange unterwegs ist. Die viel beschäftigten Anne-Sophie Mutter und Igor Levit wiederum schauen in Unterfranken beim Kissinger Sommer vorbei. Kent Nagano dirigiert wieder auf Herrenchiemsee, schließlich ist er Schirmherr dort. Und auf Schloss Neuschwanstein gibt’s ein Gipfeltreffen der Tenöre Rolando Villazon, Jonathan Tetelmann und Klaus Florian Vogt. Wer sonst noch durch die bayerische Festival-Landschaft tourt:

Mozart und seine Freunderl in Würzburg

Nils Mönkemeyer (Viola) und Pianist William Youn sind in diesem Jahr die Artists in Residence beim Würzburger Mozartfest.
Nils Mönkemeyer (Viola) und Pianist William Youn sind in diesem Jahr die Artists in Residence beim Würzburger Mozartfest. (Foto: Irène Zandel)

„Aber durch Töne: Freund Mozart“ – was als Motto wie aus einem rätselhaften Kontext gebrochen daherkommt, entpuppt sich beim Blättern durchs Programm des Würzburger Mozartfestes als eine klare Sache. Denn noch bis 22. Juni geht es dort um die Bedeutung von Freundschaft. Welchen Wert hat sie? Kann Musik Freundschaft stiften? Was Wolfgang Amadé angeht, kann man natürlich nur wild spekulieren, mit wem er echte Freundschaft pflegte. Emanuel Schikaneder? Joseph Haydn? Gar Antonio Salieri? Oder waren es eher die Freunderl seiner Kartenspielrunde, die er auch mal spontan unterbrach, um eben schnell ein geniales Werk zu komponieren.

Definiv eine künstlerische Partnerschaft, wenn nicht sogar Freundschaft verbindet den Bratscher Nils Mönkemeyer und den Pianisten ­William Youn. Die beiden sind in diesem Jahr als sogenannte Artistes étoiles nach Würzburg eingeladen und in einer ganzen Reihe von Konzerten zu erleben, gemeinsam und in anderen Formationen. Weitere Stars beim Mozartfest sind heuer unter anderem Sopranistin Christiane Karg, die Bamberger Symphoniker, aber auch Newcomer wie der erst 21-jährige Pianist Louis Philippson, der mit seinen Konzerten auf Tiktok und Co. ein riesiges Heer an Freunden, pardon Followern hat – und den Mozart gewiss auch liken würde.

Mozartfest Würzburg, bis 22. Juni, an verschiedenen Orten in der Stadt, www.mozartfest.de

Heilwasser und Champagner

Die nach außen gedrehte Konzertmuschel der Wandelhalle in Bad Kissingen.
Die nach außen gedrehte Konzertmuschel der Wandelhalle in Bad Kissingen. (Foto: Hannah Becker)

Die Freundschaft zwischen Frankreich und Franken feiert in diesem Jahr der Kissinger Sommer, Motto „Je ne regrette rien“. Seit Alexander Steinbeis die Nachfolge der legendären Kari Kahl-Wolfsjäger und von Tilman Schlömp als Intendant des internationalen Festivals angetreten hat, setzt er im Programm jedes Jahr einen neuen Länderschwerpunkt. Heilwasser und Champagner also vom 20. Juni bis 20. Juli in der Kurstadt, wo die Zerstreuung durch Musik von jeher zur Genesungskultur dazugehörte.

Französisches Repertoire – von der Romantik bis in die Gegenwart –ist zu hören in den wunderschönen Kissinger Sälen. Neben „alten“ Freunden des Festivals wie Igor levit, Anne-Sophie Mutter, Daniil Trifonov kommen auch viele Musikerinnen und Musiker aus dem Nachbarland: das Orchestre Philharmonique de Radio France, Gautier Capuçon, Jean-Yves Thibaudet, Xavier de Maistre, Star-Sopranistin Sabine Devieilhe singt Chansons von Josephine Baker und Edith Piaf, der auch der Schauspieler und wundervolle Sänger Vladimir Kornéev das diesjährige Abschlusskonzert widmet.

Kissinger Sommer, 20. Juni bis 20. Juli, Bad Kissingen, Infos unter www.kissingersommer.de

Klassik in Schlossgemäuern

Mit großer Geste: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis bei den Schlossfestspielen.
Mit großer Geste: Fürstin Gloria von Thurn und Taxis bei den Schlossfestspielen. (Foto: Imago)

Seit 2003 gibt es in Regensburg die Thurn und Taxis Schlossfestspiele. „Inzwischen rangieren sie unter den zehn besten Festspielen Europas“, so lautet die Eigenwerbung des Festivals, das zweifellos einen illustren Namen trägt. Der allerdings zuletzt für Veranstalter Reinhard Söll von Odeon Concerte nicht durchweg werbeträchtig war. So war das Sommerevent von Protesten begleitet, die sich gegen Schirmherrin Gloria von Thurn und Taxis und ihre mögliche Nähe zum rechtskonservativen Milieu richteten.

Die Stars scheint die polarisiernde Fürstin jedenfalls nicht von Schloss St. Emmeram fernzuhalten. In diesem Jahr – vom 18. bis 27. Juli – werden im Innenhof unter anderem Jonas Kaufmann und Rachel Willis-Sørensen bei einer Operngala auftreten. Und Anna Netrebko wird sich mit ihrem Ex, dem Tenor Yusif Eyvazov, und der Mezzosopranistin Anita Rachvelishvili die Bühne teilen. Auch Pop-Größen wie Anastacia und Gianna Nannini kommen nach Regensburg.

Thurn und Taxis Schlossfestspiele, 18. bis 27. Juli, www.schlossfestspiele-regensburg.de

Von den Fürsten zu den Königen, in die herrschaftlichen Mauern der Wittelsbacher. Und zuvorderst natürlich zu ihm, den Schlössersammler und Wagner besessenen Ludwig II. Ob dem Exzentriker das exquisite Herrenchiemsee Festival in seinem barocken Schloss zugesagt hätte? Immerhin bezieht sich das diesjährige Motto dort auf die Überzeugung des Kini, in einer „Zeit der Blüte“ zu leben. Was man von unserer  Gegenwart ja weniger sagen kann. Vom 15. bis 27. Juli erklingt auf der Insel – nein, kein Wagner – sondern Sakralmusik von Mozart, Symphonik von Johannes Brahms und zum Abschluss Bachs monumentale Messe in h-Moll. Als Künstler geben sich unter anderem die Ehre: Schirmherr Kent Nagano, das gefeierte Originalklang-Ensemble Il Giardino Armonico, Concerto Köln, das Münchener Kammerorchester und das Freiburger Barockorchester.

Herrenchiemsee Festspiele, 15. bis 27. Juli, Herrenchiemsee und Fraueninsel, www.herrenchiemsee-festspiele.de

Es muss nicht immer Lohengrin sein: Ein großes Staraufgebot erwartet die Gäste im Burghof von Schloss Neuschwanstein.
Es muss nicht immer Lohengrin sein: Ein großes Staraufgebot erwartet die Gäste im Burghof von Schloss Neuschwanstein. (Foto: Stefan Puchner/dpa)

Ganz nach Ludwigs Gusto dürfte das Programm der Neuschwanstein Konzerte sein. Denn er, der Lohengrin unserer Tage, ist dabei beim Open Air im Schlosshof: Klaus Florian Vogt. Und natürlich wird er unter dem Motto „Edle Ritter und wahre Helden“ Wagner im Gepäck haben, wenn er am 3. August dort zusammen mit den Münchner Symphonikern auftritt. Das Tenorfach ist überhaupt gut vertreten im Märchenschloss, denn auch Rolando Villazón und Jonathan Tetelman sind angekündigt. Der Stars nicht genug: Elīna Garanča, Golda Schultz, Ludovic Tézier und Crossover-Cellist Hauser sind beim Gipfeltreffen dabei.

Neuschwanstein Konzerte, 1. bis 5. August,  Innenhof von Schloss Neuschwanstein, www.neuschwansteinkonzerte.eu

Nymphenburger Sommer

Und noch ein Schloss, normalerweise. Das Kammermusik-Festival Nymphenburger Sommer lädt seine Gäste seit zwanzig Jahren in den Hubertussaal von Schloss Nymphenburg. Der allerdings steht in diesem Jahr wegen umfangreicher Renovierungsmaßnahmen nicht zur Verfügung, weshalb man in die Allerheiligen-Hofkirche ausweichen muss. Vom 24. Juni bis 15. Juli gibt es auch dort wieder die für das Festival typische Mischung aus bekannten Namen und Neuentdeckungen. Wer ist dabei? Zum Auftakt etwa Tenor Christoph Prégardien, begleitet von Amadeus Wiesensee am Klavier (24.6.) oder der Cellist Emanuel Graf gemeinsam mit dem Pianisten Teo Gheorghiu (4.7.). Spannend werden dürfte das Konzert der jungen Schlagwerkerin Vivi Vassileva, die manche schon als Nachfolgerin des großen Martin Grubinger sehen.

Nymphenburger Sommer, 24. Juni bis 15. Juli, Allerheiligen-Hofkirche, München, www.nymphenburger-sommer.de

US-Stars in der Autostadt

Ihre Karriere war immer auch von großen Schicksalsschlägen begleitet: die japanische Stargeigerin Midori.
Ihre Karriere war immer auch von großen Schicksalsschlägen begleitet: die japanische Stargeigerin Midori. (Foto: Nigel Parry)

„Wir erheben jetzt unsere Stimme, weil wir beunruhigt sind über die vielen Maßnahmen, die sich gegen die freie Meinungsäußerung richten und die unserem Land, unseren Kollegen und unseren Institutionen von Präsident Trump und seiner Regierung aufgezwungen werden“, heißt es in einem offenen Brief von Künstlerinnen und Künstlern aus der US-amerikanischen Klassik-Szene. Zu den prominenten Unterzeichnerinnen der Initiative „Musicians for Democracy“ gehört neben Joyce DiDonato und Alisa Weilerstein auch Midori. Die Stargeigerin kann man nun bei den Audi Sommerkonzerten in Ingolstadt hören. Vom 21. Juni bis 27. Juli lockt das Festival wieder mit einem hochkarätigen Line-up, so steht beim Eröffnungskonzert (21.6.) mit Midori und dem Deutschen Symphonie-Orchester Berlin die französische Dirigentin Marie Jacquot am Pult. Anne-Sophie Mutter spielt am 10. Juli das zweite Violinkonzert von John Williams, das er für sie geschrieben hat. Begleitet wird sie vom Royal Philharmonic Orchestra. Und wie immer legt man bei den Sommerkonzerten viel Wert auf die Nachwuchsförderung.

Audi Sommerkonzerte, 21. Juni bis 27. Juli, Ingolstadt, www.audi.de

Opern vor Bergkulisse

Holt große Namen nach Tirol: der Startenor und Intendant der Festspiele Erl, Jonas Kaufmann.
Holt große Namen nach Tirol: der Startenor und Intendant der Festspiele Erl, Jonas Kaufmann. (Foto: Xiomara Bender)

Das Verzeichnis der privaten Telefonnummern, die Jonas Kaufmann in seinem Handy gespeichert hat, hätte wohl jeder Klassikveranstalter gern in Kopie. Irgendwie hat man den Verdacht, dass der Intendant der Tiroler Festspiele Erl bereits in seiner ersten Spielzeit bei vielen seiner Freunde angeläutet hat. Denn sie eilen in Scharen in den kleinen Ort vor der Kulisse des Kaisergebirges. Der Sommerspielplan listet viele prominente Namen: Ein Highlight verspricht Claus Guths Projekt zu werden: Er bringt Bartóks „Blaubart“ und Poulencs Monodrama „La voix humaine“ an einem Abend auf die Bühne des Festspielhauses, es singen unter anderem Barbara Hannigan und Florian Boesch. Weitere Stars des Festivals sind Camilla Nylund, Pretty Yende, Ekaterina Gubanova, René Pape, Anita Rachvelishvili, Ludovic Tézier und Luca Salsi.

Tiroler Festspiele Erl, 3. bis 27. Juli, Erl in Tirol,  www.tiroler-festspiele

Auf Gut Immling, oben auf dem kleinen grünen Hügel im Chiemgau, sind es weniger die ganz großen Namen, die das Immling Festival zu etwas Besonderem machen, als vielmehr der ungeheure Elan, mit dem sich hier Intendant Ludwig Baumann, die musikalische Leiterin Cornelia von Kerssenbrock und die vielen Künstlerinnen und Künstler in den Dienst der Oper stellen. In diesem Jahr gibt es unter anderem Bizets „Carmen“, Verdis „La forza del destino“ und Puccinis „Manon Lescaut“ zu erleben. Immling wie Erl bieten einen Shuttlebusservice an, die Bahnhöfe sind Bad Endorf beziehungsweise Oberaudorf.

Immling Festival, 21. Juni bis 10. August, Immling/Halfing, www.immling.de

Alte und neue Traditionen

Tanz mit dem Tod: Szene aus Richard Strauss’ Oper „Salome“ mit Marlis Petersen in der Titelrolle und Tänzer Peter Jolesch 2019 an der Bayerischen Staatsoper.
Tanz mit dem Tod: Szene aus Richard Strauss’ Oper „Salome“ mit Marlis Petersen in der Titelrolle und Tänzer Peter Jolesch 2019 an der Bayerischen Staatsoper. (Foto: Wilfried Hösl)

Meisterkurse in Gesang haben bei den Richard-Strauss-Tagen in Garmisch-Partenkirchen eine lange Tradition, in diesem Jahr ist eine große Strauss-Interpretin am Start: So kann das Publikum (23. Juni, 10 Uhr) dabei sein, wenn Sopranistin Marlis Petersen mit professionellen Sängerinnen und Sängern sowie auch sehr fortgeschrittenen Studierenden arbeitet. Näheres zum Festivalprogramm vom 21. bis 29. Juni unter www.richard-strauss-tage.de.

Die Richard-Strauss-Tage gibt es seit 1989, auf 40 Jahre bringen es mittlerweile die Tage Alter Musik in Regensburg, zu denen am Pfingstwochenende vom 6. bis 9. Juni wieder viele Musikfreunde pilgern werden. Zum Auftakt singen am 6. Juni die Regensburger Domspatzen und feiern den 500. Geburtstag von Giovanni Pierluigi da Palestrina (Dom, 20 Uhr). Gewiss ein Schmankerl diesmal im Programm (www.tagealtermusik-regensburg.de):  das Konzert von The Tunelanders mit englischen, schottischen und irischen Volksmelodien in barocken Variationen, die in den Dubliner Wirtshäusern und Musiksalons des 18. Jahrhunderts zu hören waren.

In ihre sage und schreibe 73. Ausgabe gehen heuer die Europäischen Wochen Passau, Festspiele mit einer besonderen Geschichte: Sie wurden 1952 von amerikanischen Offizieren zusammen mit der Stadt Passau ins Leben gerufen. Mit dem Ziel, die Menschen nach dem Zweiten Weltkrieg durch Musik wieder zusammenzubringen. Vom 26. Juni bis 3. August wird sich dieser große Gedanke wieder im Programm (www.ew-passau.de) widerspiegeln.

Und nun noch einmal ein Hoch auf die Freundschaft. Beim 18. Münchner aDevantgarde-Festival (www.adevantgarde.de) für Neue Musik vom 24. Juni  bis 6. Juli lassen sich fünf Freunde feiern: Die Generation der 60 Jahre alten Gründerinnen  und Gründer des renommierten Festivals  –  Moritz Eggert, Markus Münch, Helga Pogatschar, Markus Schmitt und Bernhard Weidner kennen sich allesamt aus den Anfangsjahren des Festivals und werden sich am 25. Juni (20 Uhr) im Schwere Reiter bei einem gemeinsamen Konzertabend wiederbegegnen.

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