Klage von Skitourengehern:Wackliges Gehverbot

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Skibergsteigen gewinnt immer mehr Anhänger. Begeben sich die Tourengeher aber auf die Skipisten, ist der Konflikt mit den Alpinskifahrern perfekt. (Foto: Tobias Hase/dpa)

Erleichterte Tourengeher und verärgerte Pistenbetreiber: Nach Ansicht von Münchner Richtern dürfen Skipisten nicht auf der Basis des Naturschutzgesetzes für die Aufsteiger gesperrt werden. Dafür argumentieren die Betreiber jetzt mit der Gefahr für die Skifahrer.

Von Heiner Effern

Tourengeher sind ihrem Ziel einen großen Schritt nähergekommen, auf allen präparierten Pisten aufsteigen zu dürfen. Denn Sperrungen von Abfahrten durch die Bahnbetreiber auf der Basis des Naturschutzgesetzes sind nicht zulässig. So lautete am Donnerstag der Tenor in der mündlichen Verhandlung des Verwaltungsgerichts München, vor dem ein Wintersportler gegen das Gehverbot auf Pisten in Garmisch-Partenkirchen klagte. Die Richter sagten, sie hätten "erhebliche Zweifel" an der Rechtmäßigkeit der Sperrung, die das Landratsamt Garmisch-Partenkirchen auf Antrag der Bayerischen Zugspitzbahn (BZB) erlassen hatte. "Das Gesetz gibt das nicht her." Das Urteil wird am heutigen Freitag fallen.

Doch die Tourengeher in Garmisch-Partenkirchen dürfen trotzdem nicht sofort auf die Pisten. Denn noch steht ein zweiter Prozess an, diesmal gegen den Markt Garmisch-Partenkirchen. Dieser belegt auf Basis des Landesstraf- und Verordnungsgesetzes Tourengeher mit einem Bußgeld, wenn sie auf Pisten aufsteigen.

Trotzdem wurde die Verhandlung in ganz Bayern aufmerksam verfolgt, denn Sperrungen von Pisten für Tourengeher gibt es von Berchtesgaden bis zum Bodensee. Die Skibergsteiger sehen präparierte Abfahrten jedoch als freie Natur an, die für jedermann zugänglich sein muss. Der Kompromiss auf einzelne ausgewiesene Aufstiegsspuren, den der Deutsche Alpenverein mit vielen Bahnbetreibern (auch mit der BZB) geschlossen hat, reicht vielen nicht aus.

Pisten sind nicht exklusiv

Die Münchner Richter bezogen in zwei zentralen Punkten des Streits eindeutig Stellung: "Wir neigen deutlich dazu, zu sagen, dass Skipisten Teil der freien Natur sind", sagten sie. Bahnbetreiber hätten nicht das Recht, ihre Pisten exklusiv für ihre zahlenden Gäste zu reservieren und andere auszusperren. Und die Gefahren, die sich durch eine mögliche Kollision von Abfahrern und Aufsteigern ergäben, spielten im bayerischen Naturschutzgesetz keine Rolle, erklärten die Richter. "Die Probleme sehen wir, die sind so aber nicht zu lösen."

Die strahlenden Gesichter der Tourengeher nach der Verhandlung zeigten, dass die Botschaft des Gerichts unmissverständlich war. "Das war richtungsweisend heute", sagte Robert Herz vom Verein für Tourengeher, der sich als Interessenvertreter für Skibergsteiger gegründet hat. "Wir haben heute schon gesehen: Unser Rechtsstaat funktioniert", sagte er. Seine Botschaft: Der erste, schwierigere Schritt sei bereits getan, der zweite werde im nächsten Prozess auch gelingen.

Peter Huber, Vorstand der BZB und Präsident des Verbands Deutscher Seilbahnen, zeigte sich "sehr überrascht" von der Position des Verwaltungsgerichts. "Wir überlegen, Revision dagegen einzulegen." Er hofft nun, dass die Skitourengeher den zweiten Prozess verlieren. "Wir wollen und müssen alles für die Sicherheit unserer Gäste tun." Denn das Skibergsteigen auf Pisten nehme stark zu. "Vergangenes Jahr hatten wir 12.000 Tourengeher in der ganzen Saison, diese Zahl haben wir heuer bereits erreicht." Sollten die Sperrungen nach dem zweiten Prozess komplett fallen, dann werde "Anarchie" auf der Piste herrschen.

Die Richter machten klar, dass sie die Gefahren auf den Abfahrten und die Sorgen der Bahnbetreiber sähen, allein das geltende Recht reiche nicht für Sperrungen. Nur einer könne diesen Konflikt sauber lösen. "Der Gesetzgeber ist gefragt." BZB-Vorstand Huber zweifelt daran, dass dieser schnell reagiert.

© SZ vom 22.02.2013 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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