Süddeutsche Zeitung

Klage gegen Kurt Faltlhauser:Landesbank-Prozess - ausgerechnet im Wahljahr

Nach der Millionen-Klage gegen Ex-Finanzminister Faltlhauser tut die CSU so, als habe sie mit dem Desaster bei der Landesbank nichts zu tun. Doch die Sache könnte für die Partei zur Belastung werden - und im Wahlkampf eine große Rolle spielen.

Klaus Ott

Einsam und verlassen, so muss sich Kurt Faltlhauser dieser Tage vorkommen. Niemand aus seiner Partei meldet sich zu Wort, um den langjährigen Finanzminister öffentlich zu verteidigen gegen die Millionen-Klage von Bayerns Landesbank.

Auch nicht Georg Schmid, Chef der CSU-Landtagsfraktion und ehedem Mitkontrolleur der Staatsbank, den nur die Satzung der BayernLB davor bewahrt hat, nun Faltlhausers Schicksal zu teilen. Schmid überlässt die politische Kampfstätte ganz und gar dem Koalitionspartner FDP und der Opposition, die das Vorgehen gegen den Ex-Finanzminister einhellig begrüßen. Das sei "richtig und alternativlos" (FDP), "ein gutes Signal für die Bürger" (SPD), "erfreulich" (Freie Wähler) und "überfällig" (Grüne).

Im Kabinett von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) ist die Klage gegen Faltlhauser nur ganz kurz ein Thema. Schnell abgehakt, nächster Punkt, nach vorne schauen. Die Taktik der CSU ist klar. So tun, als habe man mit dem Desaster bei der Landesbank nichts zu tun. Gut eineinhalb Jahre sind es noch bis zur Landtagswahl. Genügend Zeit also, dieses für die CSU so unrühmliche Kapitel abzuschließen und bei den Bürgern vergessen zu machen. Doch daraus wird wohl nichts.

Die Prozesse, in denen die Verluste der BayernLB bei der österreichischen Hypo Alpe Adria aufgearbeitet werden sollen, dürften mitten hinein in den Wahlkampf fallen. Das gilt auch für das Verfahren gegen Faltlhauser und neun weitere frühere Verantwortliche der Staatsbank, die gemeinsam 200 Millionen Euro Schadenersatz zahlen sollen.

Die Verwaltungsgerichte in München und Würzburg, bei denen die Klagen gegen Faltlhauser und Bayerns früheren Sparkassenpräsidenten Siegfried Naser anhängig sind, wollen sich ganz gründlich damit befassen. Und sie wollen abwarten, was aus der Anklage gegen den alten Vorstand der BayernLB wird.

Dieser Fall ist beim Münchner Landgericht anhängig. Und dort wird, sofern es dazu käme, ein Strafprozess gegen das alte Management um Ex-Bank-Chef Werner Schmidt wohl frühestens im Herbst 2012 beginnen und sich bis ins nächste Jahr hinziehen. Mit Erwin Huber, Günther Beckstein und anderen früheren CSU-Größen als prominenten Zeugen, die dann Rede und Antwort stehen müssten über ihre Rollen als Kontrolleure im Verwaltungsrat der Staatsbank.

Was beim Landgericht herauskäme, könnte auch für anschließende Verfahren bei den Verwaltungsgerichten in München und Würzburg gegen Faltlhauser und Naser bedeutsam sein. Dass die beiden Verwaltungsgerichte keine Eile haben, ist also nachvollziehbar.

Es geht dort ja auch nicht nur um den Ex-Minister und den Ex-Sparkassenchef. Rund zehn Versicherungsunternehmen aus halb Europa müssen einbezogen werden. Bei den Assekuranz-Gesellschaften hat die Landesbank für ihre Vorstände und Verwaltungsräte eine Haftpflichtversicherung über 105 Millionen Euro abgeschlossen.

Diesen Betrag will die BayernLB mit der Klage über 200 Millionen Euro gegen Faltlhauser, Naser und den alten Vorstand eintreiben. Faltlhauser & Co. hätten durch einen voreiligen Kauf der Hypo Alpe Adria Schäden ausgelöst, also müssten die Versicherer zahlen, so lautet die Forderung der Landesbank. Doch die Versicherer wehren sich: Sie wollen nicht für vermeintlich grobe Fahrlässigkeit bei Faltlhauser und Naser oder gar mutmaßlichen Vorsatz bei den alten Vorständen zahlen. Gestritten wird schon lange, und eine Lösung ist nicht in Sicht.

Selbst wenn die Versicherer einst doch zahlen sollten, blieben immer noch 95 Millionen Euro übrig. Und die könnten Faltlhauser, Naser und die acht Ex-Vorstände auch gemeinsam nicht aufbringen. In CSU-Kreisen heißt es, die Klage könnte Faltlhauser ruinieren, und der Ex-Minister sei sich dessen sehr bewusst. Er gehe aber davon aus, das Verfahren zu gewinnen, und schlafe nach wie vor gut. Faltlhauser sei aber entrüstet, dass sein Wirken als Finanzminister nun von der Klage überschattet werde.

Am Ende könnte der Streit zwischen der BayernLB und dem Ex-Politiker, wie so oft in solchen Fällen, auf einen Deal hinauslaufen: Man einigt sich auf einen symbolischen Betrag, der Faltlhausers Mitschuld am Desaster der Staatsbank dokumentiert, ihn aber nicht ruiniert.

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SZ vom 09.02.2012/sonn
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