Kitzmann:"Schade ist es um das Bier wirklich nicht"

In einer altbayerischen Kommune wäre man stolz auf sein Heimatbier. Die Franken sind da kritischer - selbst wenn die Erlanger Traditionsbrauerei schließt.

Kolumne von Olaf Przybilla

Es gibt zwei Sorten von Erlangern: Solche, die den Berg, die Kirchweih schlechthin in Franken, für ein Hochamt halten. Und solche, die schon froh sind, dass wenigstens nicht noch - wie früher zu Bergzeiten - die Universität dichtmacht (das übrigens, weil man offenbar fürchtete, auch das akademische Personal könnte im Durchschnitt dicht sein). Letztere, die Erlanger Berghasser, sind deutlich in der Minderheit. Einer Institution aber können diese und jene nicht entgehen: dem Kitzmann-Bier.

Für Berggänger ist das ohnehin unumgänglich. Wer auf den Berg pilgert, der trinkt auf dem Entla's Keller und schreibt ihn auch so, mit Apostroph, weil sich das einfach so gehört. Ebenfalls gehört es sich, dort Ochsen oder fränkische Ente zu ordern und, selbstredend, dem örtlichen Bier zuzusprechen. Für die anderen, die Bergabstinenzler, heißt das allerdings noch lange nicht, dass sie Kitzmann einfach links liegen lassen können. Wer sinnlose Dinge studiert - sagen wir: Germanistik -, mag sich heldenhaft weigern, einen eingeführten Deppenapostroph zu nutzen. An der Kitzmann-Brauerei aber wird er niemals vorbeikommen: Auf dem Weg vom Kollegienhaus, Erlangens Unigebäude schlechthin, zur Mensa muss man kurz nach der literarischen Buchhandlung unweigerlich am Kitzmann vorbei. Wie gesagt: eine Institution.

Jedenfalls bislang. Achtung, Exilerlanger: Kitzmann gibt auf. Das private Haus mit seiner mehr als 300-jährigen Geschichte wird künftig kein Bier mehr brauen. Zwar konnten die Markenrechte an eine andere Brauerei verkauft werden. Aber ein Heimatbier von irgendwoher? Das ist weiß Gott nicht dasselbe.

Jetzt muss man sich kurz in eine altbayerische Kommune versetzen. Dort ist das Heimatbier das Heimatbier, schmecke es, wie es wolle. Notfalls trinkt man sich's eben schön - stolz aber ist man.

Erlangen freilich ist hugenottisch-protestantisch geprägt, und da liebt man die Heimat natürlich auch, findet sie aber gerne auch mal makelbehaftet. Man muss nur kurz ins Netz schauen, schon wird einem flau zumute. Trauer? Ja, schon. Aber: "Schade ist es um das Bier wirklich nicht." "Ich habe nur ein einziges Kitzmann probiert." "Hat halt einfach ned gut geschmeckt." Und das bitte nach 300 Jahren Braugeschichte? Ach, Franken.

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