Süddeutsche Zeitung

Kirche und Homosexualität:Der Pfarrer und sein Ehemann

Ein evangelischer Pfarrer lebt mit seiner Frau im Pfarrhaus? Kein Problem. Wohnt er jedoch mit einem Mann zusammen, ist das nicht so einfach. Die Protestanten streiten, ob schwule Geistliche als Paar auftreten dürfen.

M. Maier-Albang

Schon rein zahlenmäßig sollte es eigentlich für niemanden ein Problem sein: 2500 Pfarrer gibt es in der evangelischen Landeskirche in Bayern, etwa 30 sind im "schwul-lesbischen Konvent" organisiert. Nun aber streitet die Kirche darüber, ob schwule Pfarrer und lesbische Pfarrerinnen mit dem Lebenspartner offiziell ins Pfarrhaus einziehen dürfen.

Die Mücke und der Elefant? Nicht ganz: Denn bei dieser Frage geht es den Protestanten ums Prinzip. Die Befürworter fordern Gleichbehandlung. Die Gegner halten ihnen die Bibel entgegen: Seht her, Homosexualität ist Sünde!

Ein Jahr lang lag der Synodenantrag von zwei Münchner Dekanaten auf "Überprüfung der Praxis ... im Umgang mit gleichgeschlechtlich lebenden Pfarrerinnen und Pfarrern" auf Eis - ob seiner Brisanz. Auf der anstehenden Tagung in Neu-Ulm sollen nun die Delegierten darüber befinden. Schon jetzt liegen an die 40 Gegenanträge vor. Der konservative "Arbeitskreis Bekennender Christen in Bayern" etwa sieht die "Einheit der Kirche" in Gefahr, sollten gleichgeschlechtliche Pfarrer-Paare im Pfarrhaus wohnen.

Vielen Protestanten gilt dieses nach wie vor als halböffentlicher Hort des Familienglücks. Die "Kirchliche Sammlung um Bibel und Bekenntnis" (KSBB) mit Sitz in Ansbach vermeldet schon 700 Unterzeichner ihres Gegenantrags. Eine Liberalisierung, so sieht es die KSBB, widerspräche "Gottes Wort und Gebot". Man würde "das Antidiskriminierungsgesetz über die Heilige Schrift stellen".

Offen zum Partner stehen? Geht nicht!

In der Praxis sieht es derzeit so aus: Homosexuelle Pfarrer können sich auf Gemeindestellen bewerben, müssen sich aber vor dem Kirchenvorstand outen. Allein das schrecke ab, sagt Wolfgang Schürger, Sprecher des Arbeitskreises Homosexualität und Kirche. Viele suchten sich Nischen: im Krankenhaus, auf Referenten-Posten. Bei den wenigen, die in einer Gemeinde tätig sind, duldet die Kirchenleitung ein Zusammenleben.

Aber "offen zum Partner stehen" könne man nicht, sagt Schürger. Er war sechs Jahre lang in Pegnitz Gemeindepfarrer, sein Freund lebte in Köln. Die Frage der gemeinsamen Wohnung stellte sich erst, als ein Umzug nach München anstand. Damals sei ihm von der Kirchenleitung der Vorschlag unterbreitet worden, der Freund könne als Untermieter einziehen. "Das war für uns keine Lösung", sagt Schürger.

Er ist heute Umweltbeauftragter der Landeskirche und wünscht sich "ein Ende der Diskriminierung". Zumal man die biblischen Passagen, in denen Beziehungen zwischen Männern verurteilt werden, im Kontext lesen müsse. Dort sei von Tempelprostitution, Vergewaltigung oder - wie schon von Luther richtig übersetzt - von "Knabenschändern" die Rede. Nicht aber von "gleichberechtigten Partnern".

Damit das Thema die Synode nicht sprengt, hat der Landeskirchenrat an einem Kompromiss getüftelt. Landesbischof Johannes Friedrich will sich an diesem Montag dazu erklären.

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SZ vom 15.11.2010/isa/tob
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