Kirche - München:Betroffene kritisieren Missbrauchsaufarbeitung in Bistümern

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München (dpa) - Rund eine Woche vor der geplanten Veröffentlichung eines Gutachtens zum sexuellen Missbrauch im katholischen Erzbistum München und Freising kritisieren Betroffene die Beteiligung von Missbrauchsopfern an der Aufarbeitungsarbeit in deutschen Bistümern.

"Meiner Meinung nach haben die Betroffenenbeiräte eine sehr hohe Feigenblattfunktion", sagte die Münchnerin Agnes Wich, die im vergangenen Jahr schon nach wenigen Wochen aus dem Beirat des Erzbistums ausgetreten war, am Mittwoch. "Letztendlich können dann die Bischöfe wieder machen, was sie wollen." 

Sie habe den Eindruck, "dass die Betroffenenbeiräte instrumentalisiert werden und systemerhaltend sind" und sehe die Aufarbeitungsversuche "zunehmend kritischer, zunehmend skeptischer" und "ziemlich destruktiv".

Wich ist Gründungsmitglied des am Mittwoch neu gegründeten Vereins "Betroffeneninitiative Süddeutschland", der Menschen unterstützen und vernetzen will, die von Mitarbeitern der Kirche missbraucht worden sind. Die Initiative richtet sich an Betroffene aus den Diözesen Freiburg, Würzburg, München-Freising, Regensburg und Rottenburg-Stuttgart. 

Bernhard Rasche, Vorstand des neuen Vereins, betonte, dass die Frustration unter den Betroffenen wachse. "Was wir an Leuten verloren haben, die sich engagiert haben", sagte er. Diese hätten sich einbringen wollen, seien aber nicht gehört oder sogar noch einmal traumatisiert worden.

Für die kommende Woche hat die Münchner Anwaltskanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) die Veröffentlichung eines mit Spannung erwarteten Gutachtens zum sexuellen Missbrauch im Erzbistum München und Freising angekündigt. Die Prüfung der Fälle soll bis in die Kirchenspitze reichen.

Einer der Vorgänger des heutigen Erzbischofs, Kardinal Reinhard Marx, war von 1977 bis 1982 Kardinal Joseph Ratzinger, der heute emeritierte Papst Benedikt. Kritiker werfen ihm schon seit geraumer Zeit Fehlverhalten vor - konkret beim Umgang mit dem Priester H. aus Nordrhein-Westfalen. Der Mann soll vielfach Jungen missbraucht haben und wurde zur Amtszeit Ratzingers aus NRW nach Bayern versetzt.

© dpa-infocom, dpa:220112-99-685165/2

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