Kempten:Der Allgäuer Döner-Streit

Kempten: Nachts nach dem Weggehen noch einen Döner - natürlich ungesund, aber sehr beliebt. In Kempten geht es dabei einigen Anwohnern zufolge aber zu laut zu.

Nachts nach dem Weggehen noch einen Döner - natürlich ungesund, aber sehr beliebt. In Kempten geht es dabei einigen Anwohnern zufolge aber zu laut zu.

(Foto: Robert Haas)
  • Die Stadt Kempten verbot einem Imbiss-Betreiber, nach 22 Uhr noch Döner zum Mitnehmen zu verkaufen.
  • Der Inhaber tut das eigentlich auch gar nicht. Dass die Gäste ihre Döner mit nach draußen nahmen - dafür fühlte er sich nicht verantwortlich.
  • Nun muss das Verwaltungsgericht Augsburg entscheiden. Bisher sieht alles nach einem Kompromiss aus.

Von Christian Rost

Der Streit um den nächtlichen Döner-Verkauf in Kempten beschäftigt nun das Bayerische Verwaltungsgericht in Augsburg. Die vierte Kammer soll darüber entscheiden, ob in der Kemptener Altstadt auch nach 22 Uhr noch Döner "zum Mitnehmen" angeboten werden dürfen. Weil sich Anwohner über Lärm im Umfeld eines beliebten Imbisses beschwert hatten, untersagte die Stadt dem Betreiber sein Nachtgeschäft. Der will sich dem Verbot aber nicht beugen und klagt dagegen.

In Augsburg machte das vor Jahren ein Gastronom erfolgreich vor. Er kippte vor Gericht ein Döner-Verbot. Im Fall Kempten kam das Verwaltungsgericht am Montag noch zu keiner Entscheidung. Die zuständige Richterin erörterte mit den Beteiligten einen Kompromissvorschlag und vertagte dann die Verhandlung um zwei Wochen, weil der Anwalt des Klägers noch Lärmschutz-Gutachten einsehen muss.

Der Mann, der den Döner-Laden in Kempten mit seiner Familie betreibt, konnte sich lange Zeit sicher fühlen vor Verboten. Denn in der Stadt gibt es keine Sperrstunde, nur eine Putzstunde von fünf bis sechs Uhr. Der Imbiss hatte deshalb auch bis in die frühen Morgenstunden geöffnet, viele Nachtschwärmer versorgten sich mit den gefüllten Fladenbroten und aßen sie gleich vorm Lokal. Weil sich die Gäste dabei mitunter laut unterhielten und manche mit ihren Autos vorfuhren, die sie in ihrem Imponiergehabe laufen ließen, während sie sich mit einer Mahlzeit versorgten, gingen die Anwohner auf die Palme. Für die Stadt ergab sich aber erst eine Handhabe gegen das lärmende Imbiss-Volk, als der Betreiber in dem Gebäude größere Räume anmietete und umzog.

Für den neuen Döner-Laden brauchte er eine Baugenehmigung, die nur unter der Auflage erteilt wurde, dass nach 22 Uhr kein Straßenverkauf mehr erfolgt. Der Gastronom störte sich nicht an der Einschränkung, weil er seine Ware ja nicht durchs Fenster hinaus auf die Straße verkauft, sondern im Lokal. Dass viele Gäste ihre Döner nach draußen mitnehmen und dort essen, dafür fühlte er sich nicht verantwortlich. Die Stadt untersagte daraufhin nicht nur den nächtlichen Straßenverkauf, sondern überhaupt alle Döner zum Mitnehmen.

Gegen diese Interpretation des Straßenverkaufsverbots wehrt sich der Besitzer des Imbisses vor dem Verwaltungsgericht. Die Vorsitzende Richterin Beate Schabert-Zeidler betonte in der mündlichen Verhandlung, dass das Ruhebedürfnis der Anwohner ebenso legitim sei wie der Wunsch des Gastronomen, seine Produkte auch Nachtschwärmern anbieten zu können. Ein Kompromiss könnte nach den Worten der Richterin so aussehen: Der Imbiss-Betreiber bringt Schilder an, die darauf hinweisen, dass Döner & Co. nach 22 Uhr nur noch im Lokal gegessen werden dürfen. Immerhin: Bei der Stadt Kempten stieß der Vorschlag nicht auf Ablehnung. Es wäre viel gewonnen, würde sich auch nur ein Teil der Kunden an die Aufforderung halten, hieß es.

Beschwerden über den Lärm von grölenden Nachtschwärmern vor Imbiss-Lokalen - das hatte es auch in Augsburg gegeben. 2009 erließ die Stadt deswegen ein Döner-Verbot, das zur Lachnummer wurde. Nach 1 Uhr durften im Straßenverkauf keine Speisen und Getränke mehr angeboten werden. Wer einen Döner wollte, musste ihn noch im Laden verzehren.

Das Verbot zwang die Imbissbuden-Betreiber zu ungewöhnlichen Maßnahmen: Ein Gastronom stellte vor die Tür seines Ladens einen Sicherheitsmann, der Gäste daran hinderte, mit einem Döner in der Hand den Imbiss zu verlassen. Der Mann war der erste und einzige Türsteher im Land, der Gäste nicht am Reinkommen hinderte, wohl aber am Rausgehen. Ein Anwalt nahm das übel - er zeigte den Wirt wegen Freiheitsberaubung an. Der Wirt wiederum zog gegen das Verbot der Stadt vor den Bayerischen Verwaltungsgerichtshof und bekam recht. Auch seitens der überwiegend jüngeren Augsburger Bevölkerung erhielt der Gastronom Unterstützung. Vor dem Rathaus wurde ein gut besuchtes Protest-Picknick abgehalten, das der CSU, die hinter der Verbotsverordnung steckte, kalte Füße bescherte. Eilig zog sie das Döner-Verbot zurück.

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