Katholische Universität Eichstätt:Friede sei mit euch

Von den Personalquerelen hat man an der Katholischen Universität Eichstätt genug. Die Universität will endlich zur Ruhe kommen - obwohl noch immer kein neuer Präsident gefunden ist.

Von Anna Günther, Eichstätt

Universität Eichstätt

Die Studenten der Katholischen Universität Eichstätt interessieren sich kaum für die Personaldebatten.

(Foto: dpa)

Selten wird der Blick nach vorne so blumig beschworen wie derzeit in Eichstätt: die Katholische Universität Eichstätt-Ingolstadt als Schiff in tosender See, als Kahn ohne Kurs und Kapitän - derlei Metaphern waren jüngst beim Dies Academicus zu hören. Bleibt man im Bild, soll es mit der Interimspräsidentin Gabriele Gien endlich in ruhigere Gewässer gehen. Seit Oktober ist die Germanistin im Amt. Sie soll Stabilität bringen, nachdem im Frühjahr der fünfte Präsident in sechs Jahren aufgab und die Wahl eines Nachfolgers scheiterte. Am Mittwoch stellte Gien die Zukunftspläne der Hochschulleitung vor.

Suche nach neuem Präsidenten zurückgestellt

Die Suche nach einem neuen Präsidenten wird erst einmal zurückgestellt, damit will sich das Präsidium frühestens im Herbst 2015 befassen. Dann steht auch die Wahl des Hochschulrats an. Neben dem Hochschulrat hat die KU ein zweites Aufsichtsgremium: den Stiftungsrat als Vertretung der Kirche - eine Eichstätter Besonderheit. Das Gerangel der beiden Gremien um Einfluss hatte immer wieder Präsidentschaftskandidaten oder gewählte Präsidenten scheitern lassen. Zuletzt war der Dominikanerpater Richard Schenk im Februar nach zweieinhalb Jahren aus gesundheitlichen Gründen zurückgetreten. Er galt als Feingeist, aber Management und Alltagskonflikte der Hochschule sollen ihn überfordert haben.

Von 22 Bewerbern blieben drei Kandidaten, aber dann sprangen zwei kurzfristig ab. Übrig blieb der Favorit des Hochschulrats. Für den Vorsitzenden des Stiftungsrates, den Münchner Kardinal Reinhard Marx, war dessen Installierung keine Option, in der Grundordnung der KU sind zwei Kandidaten für eine Wahl festgeschrieben. Also brach Marx das Wahlverfahren ab und setzte das Interimspräsidium ein. Der Vorsitzende des Hochschulrats, Wilhelm Vossenkuhl, trat daraufhin erbost zurück, drei externe Mitglieder des Hochschulrates folgten dem Münchner Philosophen. Die Posten sind noch unbesetzt.

Präsidium will Profil der Uni schärfen

Das Handeln "dieser Parallelgesellschaft" habe er als Hochschulratsvorsitzender nicht tolerieren können, sagt Vossenkuhl heute. Er ließ den Wahl-Abbruch prüfen. Das Gutachten ergab, dass die vorzeitige Beendigung des Wahlverfahrens rechtswidrig war. Aber die katholische Stiftungshochschule ist, obwohl hauptsächlich vom Staat finanziert, keine staatliche Uni, Rechtsaufsicht hat die Kirche. Im Kultusministerium hält man sich bewusst raus.

An der KU blickt das Präsidium auf die anstehenden Aufgaben: In den nächsten 16 Monaten soll das Profil geschärft werden. Gerade in der Theologie, bei ethischen Fragen und der Latein- und Südamerikaforschung habe man anderen Hochschulen einiges voraus, sagte Vizepräsident Gernot Müller. Die KU möchte eine der ersten nachhaltigen Unis in Deutschland werden, im Dezember steht die Zertifizierung an. Wichtig sei auch die internationale Vernetzung mit katholischen und staatlichen Bildungseinrichtungen. Ein "student development center" soll das Studium in Eichstätt attraktiver gestalten, etwa durch Stipendien oder Auslandsaufenthalte.

Kollegiengebäude werden für 22 Millionen saniert

Kardinal Marx hatte zuletzt beim Dies Academicus mehr Geld versprochen, konkrete Zahlen kann Präsidentin Gien aber nicht nennen. Fest steht, dass die bayerische Bischofskonferenz in die Forschung investieren will. Die KU ist eher für gute Lehre bekannt. Gien wünscht sich unter anderem eine Anschubfinanzierung, um sieben vorliegende Forschungsprojekte zu unterstützen, damit die Wissenschaftler sich um Drittmittel bewerben können. Konkrete Veränderungen wird die 22 Millionen Euro teure Sanierung der Kollegiengebäude bringen, die Freistaat und Bischofskonferenz finanzieren. Ende 2015 könnten die Bauarbeiten beginnen und bis zu vier Jahre dauern. Der geplante Umbau der Fakultäten soll erst 2015 umgesetzt werden.

Zum Trubel der Vergangenheit sagte Gien wenig, das Präsidium möchte sich nicht länger damit befassen. Die Stimmung an der Hochschule sei friedlich, der Wille zur konstruktiven Zusammenarbeit groß. Woran es in der Vergangenheit hakte, werde gerade analysiert. Kommunikation hat Gien schon als Manko ausgemacht: "Ein Teil der Misere der Vergangenheit war, dass man Erwartungen antizipiert hat, statt sich auszutauschen." Mit Jours Fixes und regelmäßigen runden Tischen will sie dem entgegenwirken.

Mehr Präsenz von Weihbischof Losinger gewünscht

Vom künftigen hauptamtlichen Vorsitzenden des Stiftungsrates, dem Augsburger Weihbischof Anton Losinger, wünscht Gien sich mehr Präsenz und Engagement in Eichstätt. Marx kümmerte sich nebenbei um die KU, musste aber einsehen, dass das nicht ausreicht. Nicht nur aus Kirchenkreisen hört man, dass zuletzt immer wieder über eine Schließung der Stiftungshochschule spekuliert wurde. Die Gerüchte verbreiteten sich sogar auf dem Campus.

Mit Losinger verbinden viele große Erwartungen, "Top-Mann", "großes Talent", heißt es. "Die Aufsicht der Kirche bekommt damit sicher eine neue Qualität", sagt Ludwig Unger, der Sprecher des Kultusministeriums. Gien wünscht sich, dass der promovierte Volkswirt und Theologe Losinger sich aktiv einbringt und die Wünsche der Universität klar in der Bischofskonferenz kommuniziert.

Studenten interessieren sich kaum für Personaldebatte

Losinger selbst will sich derzeit nicht äußern. Er gilt als konservativer, kluger Kopf, wurde mehrmals als Kandidat für die Leitung eines Bistums gehandelt - hatte aber stets das Nachsehen. Der 57-Jährige ist Mitglied des Nationalen Ethikrats, gilt als machtbewusst und ist eher Intellektueller als Seelsorger. In der deutschen Bischofskonferenz kümmert er sich um Bildungs- und Erziehungsfragen. Der Weihbischof dürfte die Interessen der Kirche an der KU klar vertreten, ohne Konflikte zu scheuen, sagt einer, der Losinger lange kennt.

Damit sich qualifizierte Professoren für den Präsidenten-Posten bewerben, muss die Hochschule an der Altmühl die Querelen in den Griff kriegen. Eichstätt gilt nicht als erstes Ziel für Forscher, die Studenten allerdings schätzen die kleine Uni wegen guter Lehre. Ihre Zahl steigt wie an vielen Universitäten seit Jahren, derzeit sind 5300 Studenten in Eichstätt und an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät in Ingolstadt eingeschrieben.

Wer sich an der Uni umhört, trifft junge Menschen, die sich kaum für die Personaldebatten interessieren. "Wir haben uns nicht aus der Ruhe bringen lassen, wir konnten die Situation ohnehin nicht ändern", sagt auch Lisa Hartmann, die Vorsitzende des studentischen Konvents. Sie wünscht sich, dass wieder andere Themen in den Fokus rücken.

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