Karl Klezok: Mission erfüllt:Heine in der Schädelstätte

Einst hatte er die Walhalla als Schädelstätte verspottet, nun zieht Heines Büste selbst dort ein. Für Heine-Verehrer Karl Klezok geht damit eine schwierige Mission zu Ende: Er hat die Walhalla-Bewerbung angestoßen.

Wolfgang Görl

Nach knapp 30-jährigem Hin und Her kommt die Sache doch noch zu einem Abschluss. Am Mittwoch, 28. Juli, zieht Heinrich Heine in die Walhalla ein, respektive eine Marmorbüste des Dichters, gestaltet vom Bildhauer Bert Gerresheim, der wie Heine aus Düsseldorf stammt. Das 70 Zentimeter hohe Dichterporträt vergegenwärtigt Heines Erscheinungsbild in seinen späten Lebensjahren. Mit der Aufstellung der Büste geht auch die Mission des Münchner Heine-Verehrers Karl Klezok zu Ende, der viele Jahre dafür gekämpft hat, dass der von den Nazis verfemte Dichter in die Walhalla aufgenommen wird. Wolfgang Görl sprach mit Klezok über die schwierige Aufgabe, sich für Heine einzusetzen.

Karl Klezok: Mission erfüllt: Ein Großer unter Marmorschädeln: 70 Zentimeter hoch ist das Dichterporträt von Bildhauer Bert Gerresheim, das als 130. Büste in die Walhalla einzieht.

Ein Großer unter Marmorschädeln: 70 Zentimeter hoch ist das Dichterporträt von Bildhauer Bert Gerresheim, das als 130. Büste in die Walhalla einzieht.

(Foto: dpa)

SZ: Herr Klezok, Sie haben es geschafft. Heine kommt in die Walhalla. Sie müssen doch froh sein, oder?

Karl Klezok: Das bin ich natürlich schon. Einer der großen deutschen und europäischen Dichter erfährt nun die verdiente und längst fällige Ehrung.

SZ: Es gab ja lange Zeit Widerstände, den politischen und kritischen Geist Heine in die Ruhmeshalle aufzunehmen.

Klezok: Der lange Weg Heines in die Walhalla ist bezeichnend dafür, wie mit seiner Person und mit seinem Werk bis in die jüngste Zeit umgegangen wurde. Seine Werke standen noch bis 1968 auf dem Index der verbotenen Werke der katholischen Kirche. Und es war bezeichnend, dass in der Walhalla die Büste Heines fehlte, während Büsten vieler weitaus weniger bedeutender Persönlichkeiten zu sehen waren. Als ich 1998 in den Ruhestand ging, fasste ich den Entschluss, mich für die Aufstellung einer Heine-Büste in der Walhalla zu engagieren.

SZ: Und jetzt ist Ihr Insistieren bei der Staatsregierung belohnt worden.

Klezok: Der Erfolg hat viele Väter. In diesem Fall sind es drei Persönlichkeiten, die meiner Initiative zum Erfolg verhalfen. Ich möchte mich beim ehemaligen Wissenschaftsminister Thomas Goppel bedanken, der sich im Ministerrat nachdrücklich für mein Anliegen einsetzte, ebenso bei Professor Dieter Borchmeyer, dem Präsidenten der Bayerischen Akademie der schönen Künste, sowie bei Karl-Heinz Theisen, dem Vorsitzenden des Düsseldorfer Freundeskreises Heinrich Heine, die sich ebenfalls in beeindruckender Weise engagiert haben.

SZ: Sie waren Schulleiter des Heinrich-Heine-Gymnasiums. Resultiert daraus Ihr Interesse an dem Dichter?

Klezok: Es begann schon 40 Jahre vor meiner Bestellung zum Schulleiter. Im Oktober 1945, nach der Umsiedlung aus Rumänien und der Flucht aus Oberschlesien, kam ich mit meiner Mutter in einem Pfarrhof in Niederbayern unter. Der Pfarrherr hatte eine großartige Bibliothek, in der ich mich oft aufhielt. Dort fand ich ein Büchlein, das mich bis heute begleitet hat: Heinrich Heines "Buch der Lieder". Dieses Werk war meine erste höchst beeindruckende Begegnung mit dem Dichter.

SZ: Und wann haben Sie gemerkt, dass Heine nicht durchweg beliebt ist?

Klezok: In der Benediktinerabtei Schweiklberg, wo ich das Gymnasium besuchte, hatte ich in dieser Hinsicht ein besonders prägendes Erlebnis. Es war 1949, im Jahr des 200. Geburtstags Goethes. Eines Tages wurde im Radio eine Sendung zu diesem Geburtstag ausgestrahlt. Die Tür zum Studiensaal ging auf, herein trat der Pater Direktor und sagte: "Goethe und Heine reimt sich auf Schweine." Von diesem Tag an war mir bewusst, dass es mit diesem Heinrich Heine eine besondere Bewandtnis haben musste. Gleichzeitig hütete ich das "Buch der Lieder" wie einen kostbaren, und wie mir schien, nicht ungefährlichen Schatz. Nun, es war im Jahr 1949, Heines Werke waren auf dem Index, und das noch lange 20 Jahre.

SZ: Was gefällt Ihnen so an Heine?

Klezok: Als ehemaliger Deutschlehrer schätze, ja liebe ich besonders seine Sprache. Heine schreibt meines Erachtens das schönste Deutsch. Und er hat sich während seines ganzen Lebens und Schaffens für die Verständigung zwischen den beiden Nachbarvölkern Frankreich und Deutschland eingesetzt.

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