Süddeutsche Zeitung

Rechtskurs der CSU:Kardinal Marx attackiert Seehofer und Söder

"Nationalist sein und katholisch sein, das geht nicht", sagt der Vorsitzende der katholischen Bischofskonferenz.

Der Münchner Erzbischof Reinhard Marx hat als führender Repräsentant der katholischen Kirche in Deutschland den Rechtskurs der CSU drei Monate vor der Landtagswahl in Bayern scharf kritisiert. "Zu meinen, wir wandern am besten alle nach rechts, weil der Zeitgeist nach rechts wandert - das halte ich für eine falsche Einschätzung einer sehr komplexen Lage", sagte der Kardinal und Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz der Wochenzeitung Die Zeit in einem am Mittwoch vorab veröffentlichten Interview.

"Eine Partei, die sich für das C im Namen entschieden hat, geht eine Verpflichtung ein", mahnte er. Diese Verpflichtung, wie sie die Christlich-Soziale Union übernommen habe, gelte besonders gegenüber Armen und Schwachen wie etwa Flüchtlingen. Dass Bundesinnenminister Seehofer seinen 69. Geburtstag mit 69 Abschiebungen am selben Tag in Verbindung gebracht hatte, bezeichnete der Münchner Erzbischof als "höchst unangemessen". Auch für Söders Vokabel "Asyltourismus" hat er kein Verständnis. "Das klingt, als wären da Leute unterwegs in den Ferien", so Marx. Doch viele riskierten ihr Leben.

Christen müssten eine rote Linie aufzeigen, etwa wenn es um Ausländerfeindlichkeit gehe, hatte der Bischof bereits in der Vergangenheit gesagt. Auch Söders Erlass, im Eingangsraum jeder Behörde ein Kreuz aufzuhängen - als "Symbol der kulturellen Identität christlich-abendländischer Prägung" - hatte Marx scharf kritisiert, weil das christliche Kreuz im Namen des Staates enteignet werde. Der Kardinal räumte ein, es habe zwischen ihm und dem seit März amtierenden Ministerpräsidenten einen "etwas unruhigen Start" gegeben.

Allerdings skizzierte der Kardinal eine grundsätzliche Auseinanderentwicklung zwischen der CSU und der Kirche. Er wolle nicht sagen, die CSU sei rechter geworden oder die Kirche linker. Aber schon seit den 60er, 70er Jahren denke die katholische Kirche globaler, da gebe es in der Politik gerade eine andere Entwicklung. "In der Politik geht der Trend derzeit stärker zum Nationalen, zur Selbstbehauptung", sagte Marx. "Damit greift eine Sichtweise um sich, die nicht die unsere ist." Er hielt fest: "Nationalist sein und katholisch sein, das geht nicht."

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