Kampf ums Rathaus:CSU wittert ihre Chance

Nürnberger Christsoziale setzen bei der OB-Wahl auf Sieg

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Hätte die CSU vor drei Monaten behauptet, sie setzte "auf Sieg, nicht auf Platz" bei der OB-Wahl in Nürnberg, das Gelächter wäre höhnisch ausgefallen. Inzwischen aber hat OB Ulrich Maly (SPD) seinen Rückzug aus der Politik angekündigt. Und jetzt sagt Markus Söder, einst Chef der Nürnberger CSU und inzwischen Ministerpräsident, diesen Satz vom Sieg, auf den man setze, ohne dass einer lacht. Die Partei hat sich Zeit gelassen bis nach der Europawahl, um einen Kandidaten zu benennen. Und zieht nun mit einem Tandem in den Kampf um eine der kommunalpolitisch roten Bastionen Bayerns. Marcus König, CSU-Chef im Stadtrat, bewirbt sich als Oberbürgermeister; Kulturreferentin Julia Lehner tritt auf der Liste an und bewirbt sich als Kulturbürgermeisterin.

Söder hatte angekündigt, SPD-Rathäuser erobern zu wollen. In seiner Heimatstadt Nürnberg, das sieht man ihm am Mittwoch an, wäre eine solche Übernahme eine besondere Genugtuung. "Überraschend hektisch", sagt er, habe die SPD einen Kandidaten auserkoren. Tatsächlich hatte es nach Malys Rückzugsankündigung ganze vier Tage gedauert, bis die Partei mit Thorsten Brehm einen Kandidaten präsentierte, und damit selbst Teile der eigenen Basis erstaunte. Nürnbergs CSU-Chef Michael Frieser gibt das Anlass zum Frohlocken. Er habe immer geraten, "nicht die erstbeste, sondern die beste" Möglichkeit für einen Wahlsieg zu suchen. Dazu aber benötige es eben ein bisschen Zeit. Mit Blick auf das Ergebnis eines Mitbewerbers bei der Europawahl - gemeint ist offenkundig die SPD des örtlichen Parteichefs Brehm - sehe er sich doch sehr bestätigt darin, Europa- und Kommunalwahl nicht vermischt zu haben. Nürnbergs SPD hatte bei der Europawahl ein historisches Desaster erlebt. Sie verlor fast 17 Prozentpunkte und damit signifikant mehr als in anderen Städten.

Mit zwei Männern wollen die Genossen in den Wahlkampf ziehen. Neben Brehm bewirbt sich Christian Vogel um das Amt als Bürgermeister, das er jetzt bereits innehat. Auch da wittert die CSU nun ihre Chance. Eine "kongeniale Ergänzung" erwartet sich Söder vom Duo König/Lehner: jung und erfahren, Mann und Frau, dazu "unterschiedliche soziale Wege". König, 38, hat eine Lehre absolviert und arbeitet seit 20 Jahren als Bankkaufmann; Lehner, 65, ist promovierte Kunsthistorikerin und wurde 2000 zur Professorin an der Akademie der Bildenden Künste Nürnberg bestellt.

Mit König als Kandidaten hatten nach Malys angekündigtem Rückzug zunächst auch viele in der CSU Bauchschmerzen. Nürnberg bewirbt sich als Kulturhauptstadt Europas, kulturpolitische Expertise aber würde sich König wohl selbst nicht nachsagen. Von Lehner wiederum war bekannt, dass sie nicht in einen Wahlkampf ziehen mag. "Wer mich kennt, der weiß, dass ich dazu nicht Hurra geschrien habe", sagt sie. Nun ist es der CSU offenbar gelungen, sie in die Pflicht zu nehmen. König ist optimistisch, dass der gemeinsame Plan aufgeht. Seine Ziele? Mehr Grün und Artenvielfalt, bessere Fahrradwege, ein besserer ÖPNV, sagt er. Und die CSU-Liste wird diesmal paritätisch mit Frauen und Männern besetzt. Könnte gut sein, dass die Nürnberger CSU bereits die Grünen als Hauptgegner im Blick hat.

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