Süddeutsche Zeitung

Käpt'n Kuck unterwegs:Die Kuckucke gehen es locker an

Käpt'n Kuck und seine Artgenossen machen auf dem Weg in die Winterquartiere manch überraschenden Abstecher. Oder drehen einfach mal um - ein paar Hundert Kilometer Umweg machen ihnen offenbar nichts aus.

Von Christian Sebald

Verstehe einer Käpt'n Kuck! Beim Vogelschutzbund LBV waren sie überzeugt, dass sich der SZ-Kuckuck einige Tage, womöglich auch zwei oder drei Wochen in dem Vogelschutzgebiet "Plaines d'inondation des Bahr Aouk et Salamat" im Südosten des Tschad aufhalten wird. Dann aber, so sagte es der LBV-Mann Markus Erlwein das letzte Mal, wird Käpt'n Kuck endgültig über den Äquator hinweg in die tropischen Wälder in der Demokratischen Republik Kongo oder in Angola fliegen, wo er überwintert.

Und jetzt? Jetzt hat Käpt'n Kuck umgedreht und ist ein gutes Stück zurück nach Norden geflogen, dorthin, wo es sehr viel trockener und steiniger ist und es deutlich weniger fette Raupen gibt als in dem Vogelschutzgebiet. "Das darf man nicht so eng sehen", sagt die Kuckuck-Forscherin Friederike Herzog. "Kuckucke sind neugierig, die machen schon mal größere Abstecher. Ein paar hundert Kilometer Umweg, auf das kommt's nicht an."

Neugierige Vögel

Viel wichtiger ist für Herzog, dass inzwischen etliche Kuckucke aus den niederbayerischen Donau-Auen die Sahara überquert haben. Kucki ruht sich gerade in Nigeria aus, Reinhard rastet im Grenzgebiet zwischen Kamerun und Zentralafrika, Richard treibt sich ganz in der Nähe von Käpt'n Kuck im Tschad herum. Und Niederbayern 1 überfliegt gerade den Sudan, er dürfte demnächst bei seinen Artgenossen eintreffen. "Das Schöne ist, dass alle unsere Kuckucke gesund und topfit sind", sagt Herzog. Sie weiß das, weil die winzig kleinen Satellitensender auf den Rücken der Vögel nicht nur deren Aufenthaltsorte samt Datum und Uhrzeit an die LBV-Zentrale im mittelfränkischen Hilpoltstein melden. Sondern auch ihre Körpertemperatur. "Sie ist der wichtigste Hinweis darauf, wie es den Vögeln geht", sagt Herzog. "Wenn sie zwischen 40 und 42 Grad Celsius beträgt, ist alles bestens." Und das tut sie, bei Käpt'n Kuck wie bei allen anderen Kuckucken.

Und wie geht es weiter? "Es kann schon noch ein paar Tage dauern, bis unsere fünf Niederbayern weiter gen Süden in die Winterquartiere fliegen", sagt Herzog. In den Regionen nördlich des Äquators, wo sie sich jetzt aufhalten, herrscht Regenzeit. "Das bedeutet, es gibt ausreichend Raupen und Insekten als Beute, sodass sie noch keinen Anlass haben, weiterzufliegen." Mitte September, Anfang Oktober ist dann aber Schluss damit. Dann verschiebt sich die Regenzeit weiter nach Süden in Richtung Zentralafrikanische Republik, den Kongo und Angola. "Und spätestens dann machen sich auch die Kuckucke auf den Weg dorthin", sagt die Vogelkundlerin. "Sie ziehen mit der Regenzeit mit, weil sie ihnen immer ihre Nahrung liefert."

Auch die letzten sind ausgezogen

Franz und Prinzregent müssen sich freilich sputen. Franz treibt sich nach wie vor bei Montpellier herum. "Dem gefällt's so gut an der Côte d'Azur", sagt Herzog. "Der macht noch überhaupt keine Anstalten weiterzufliegen." Bei Prinzregent ist es ganz ähnlich. "Der ist noch vor wenigen Tagen an der niederbayerischen Donau herumgeschwirrt", sagt die LBV-Frau. "Wir dachten schon, dieses Jahr fliegt er überhaupt nicht mehr los." Doch dann war auch Prinzregent auf einmal weg.

"Die nächsten Signale hat er aus dem ungarisch-serbischen Grenzgebiet gesendet", berichtet Herzog. "Wir waren richtig erleichtert, dass er es endlich gepackt hat." Das war ein Trugschluss. Prinzregent hat urplötzlich umgedreht. Nun sendet er vom Neusiedler See. "Aber auch Prinzregent wird losziehen", sagt die LBV-Frau. "Letztes Jahr, da war's genau das Gleiche. Da hat uns Prinzregent auch wochenlang zum Narren gehalten. Dann ist er Tausende Kilometer praktisch durchgeflogen."

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SZ vom 03.09.2014/vewo
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