Kabinettsumbildung in Bayern:Nur keine Experimente

Beckstein traut sich nicht an eine große Umbildung des Kabinetts - entsprechend blass wirkt es nun.

Kassian Stroh

Günther Becksteins erste Regierungsbildung war eine zähe Angelegenheit. Und ein Sinnbild dafür war das entscheidende Gespräch am Samstagabend: Gut sechs Stunden lang saß der neue Ministerpräsident mit CSU-Chef Erwin Huber und Joachim Herrmann, dem Vorsitzenden der CSU-Landtagsfraktion, in seinem Haus in Nürnberg zusammen. Sie debattierten über die Kabinettsliste.

Die Sache zog sich hin, auch weil sich erst zu diesem Zeitpunkt langsam verfestigte, dass Herrmann nun doch Becksteins Nachfolger als Innenminister wird, was tags zuvor in der CSU-Spitze noch praktisch ausgeschlossen wurde. Herrmann zierte sich lange, musste bearbeitet werden.

Doch das Problem war nicht nur die mangelnde Entschlussfreudigkeit Herrmanns - eine Reihe von Faktoren macht eine jede bayerische Regierungsbildung zur "Quadratur des Kreises", wie Beckstein sagt: Er spricht nicht nur von Sachkompetenz als Kriterium. Auch den Frauenanteil musste er erhöhen, das Durchschnittsalter der Regierungsmannschaft senken.

Und dann gibt es noch den Regionalproporz, der in Bayern sehr wichtig ist - pflegen die sieben Regierungsbezirke doch ihre Eigenständigkeiten. Und wollen damit im Kabinett vertreten sein. Das alles zusammen macht die schematischen Aufzeichnungen möglicher Personaltableaus in etwa so übersichtlich wie die Skizze der Stromversorgung einer afrikanischen Großstadt.

Weitgehend interne Umschichtungen

Am Ende steht nun eine achtzehnköpfige Regierung - das ist die verfassungsmäßige Höchstgrenze -, in der sich zwar sieben neue Gesichter finden, die aber wenig Strahlkraft besitzt. Fünf der Neuen nehmen ohnehin nur als Staatssekretäre am Kabinettstisch Platz; auf den relevanten Ministerpositionen hat Beckstein intern umgeschichtet, abgesehen von den Berufungen Herrmanns und des CSU-Generalsekretärs Markus Söder zum neuen Bundes- und Europaminister.

Die größte Überraschung ist noch, dass dessen Vorgängerin Emilia Müller nun Wirtschaftsministerin wird. Bisher ist sie noch nicht als politisches Schwergewicht aufgefallen - was allerdings daran liegen mag, dass sie mit den Bundes- und Europaangelegenheiten ein Feld zu betreuen hatte, das ihr bisheriger Regierungschef, Edmund Stoiber, mit Vorliebe selbst beackerte.

Zwar nennt Erwin Huber, der nun Finanzminister wird, das neue Regierungsteam "zukunftsträchtig" und eine "gute Grundlage", um bei der in einem Jahr anstehenden Landtagswahl erfolgreich zu sein. Doch ein bayerisches Kabinett hat für die CSU immer auch eine größere Bedeutung: Stets hatten die Minister den Anspruch, bundesweit eine besondere Stellung einzunehmen.

Das war besonders stark zu spüren zu Zeiten der rot-grünen Bundesregierung, als sie sich die CSU gerne als Speerspitze der Union gab. Als ein Beispiel mag der bisherige Umweltminister Werner Schnappauf dienen, der sich als Gegenspieler des grünen Bundeskollegen Jürgen Trittin zu profilieren suchte.

Weitere Gelegenheiten zur Umbildung

Schnappauf wird nun Industrielobbyist - und dass sein Nachfolger, der Münchner CSU-Chef Otmar Bernhard, der Finanz- und Wirtschaftspolitiker ist, eine eigene CSU-Umweltpolitik prägen wird, bezweifelt man auch in der Partei. Auch als Beteiligte der Großen Koalition ist die CSU darum bemüht, personell und inhaltlich zu dokumentieren, dass sie eine Bundespartei ist.

So ist die Bundespolitik auch der Grund dafür, dass einer der bekanntesten und besten Köpfe der Staatsregierung gehen muss: Finanzminister Kurt Faltlhauser. Er wollte sich erst in einem Jahr aus der Politik zurückziehen - doch Erwin Huber drängte ihn schon jetzt aus seinem Amt. Erstmals seit 1949 sind die Positionen des Ministerpräsidenten und des Parteichefs in den Händen von zwei Landespolitikern.

Im Selbstverständnis der CSU eigentlich ein Unding, da sie so Gefahr läuft, zur Regionalpartei abzusteigen. Nun hat sich Huber die Bühne der Finanzpolitik gewählt, um sich bundesweit Gehör zu verschaffen - auch weil sich abzeichnet, dass die Steuerreform ein zentrales Wahlkampfthema werden wird. Bei der nächsten Bundestagswahl will Huber nach Berlin wechseln.

Die große Kabinettsneubildung hat Beckstein nicht vorgelegt. Dafür bleiben ihm aber noch zwei weitere Gelegenheiten: nach der Landtagswahl 2008 und eben nach Hubers Ausscheiden spätestens 2009. Bis zur Wahl 2008 kam es Beckstein wohl darauf an, mit bekannten Gesichtern Kontinuität zu demonstrieren - und zugleich ein paar Junge in Position zu bringen.

Und wenn er erst einmal selber eine Wahl bestanden und gewonnen habe, soll Beckstein intern argumentiert haben, sehe er sich auch in der Lage, das Kabinett stärker zu verändern.

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