Kabinettsbeschluss:Gleiches Geld für alle Helfer

Hochwasser in Bayern

Für ihren Einsatz müssen viele Freiwillige sogar noch Urlaub nehmen. Das will die Staatsregierung ändern.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)
  • Freiwillige Helfer sollen künftig für die Zeit ihres Einsatzes Lohnfortzahlungen erhalten.
  • Bisher gilt diese Regelung nur für Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr.
  • Staatskanzleichef Marcel Huber schätzt die Kosten der neuen Regelung auf 300 000 Euro pro Jahr.

Von Lisa Schnell, München/Schliersee

Florian Gottstein hat nicht viel Zeit, er ist im Einsatz. Ein Mann ist verschwunden in den Bergen irgendwo um die Baumgartenschneid herum. Seit Stunden durchstreift er Wälder und Wiesen, um ihn zu finden. Um den Angehörigen endlich Gewissheit zu geben. Eines aber ist Gottstein so wichtig, dass er seine Suche für ein kurzes Telefonat unterbricht.

"Diese Leute bekommen keinen Lohnersatz", sagt Gottstein und meint seine Kollegen vom Bayerischen Roten Kreuz (BRK) und der Bergwacht. Über zehn Stunden sind sie nun im Einsatz, ehrenamtlich. Gottstein nimmt sich einen Tag frei, nur damit er helfen kann. Während des Einsatzes denkt er noch nicht daran, aber am Abend, da fragt er sich dann schon mal: "Mensch, ich bin doch nicht schlechter als die Feuerwehr."

Bis jetzt bekommen aber nur Freiwillige Feuerwehrleute eine Lohnfortzahlung und werden von ihrem Arbeitsplatz freigestellt. Nur wenn ein Katastrophenfall ausgerufen wird oder wenn es sehr viele Verletzte gibt, wie etwa beim Zugunglück von Bad Aibling, gilt das auch für alle anderen Rettungskräfte.

Fast täglich gibt es aber Busunglücke, Brände oder Bombenevakuierungen, bei denen bis zu 300 Rettungskräfte gebraucht werden. Sie alle bekommen keine Lohnfortzahlung. Auch wer bei dem Tornado in Schwaben letztes Jahr geholfen hat, musste dafür seinen Urlaub nehmen.

Man erhofft sich einen Motivationsschub für alle freiwilligen Helfer

Diese Lücke hat das Kabinett nun geschlossen. Am Dienstag beschloss es, dass auch Schnelleinsatzgruppen Lohnfortzahlungen bekommen, wenn sie von der integrierten Leitstelle alarmiert wurden. Das bedeutet, dass auch Gottstein vom BRK, seine Kollegen von der Berg- und Wasserwacht, Kriseninterventionsteams oder aber Hundeführer und Verpflegungstrupps einen Ausgleich fürs Helfen bekommen.

Damit wird eine "längst überfällige"Forderung des BRK erfüllt, so BRK-Präsident Theo Zellner. Etwa 40 000 Helfer würden von der neuen Regelung profitieren. Er erhofft sich nun einen Motivationsschub für ehrenamtliche Einsatzkräfte. Offen sei allerdings noch die Frage, ob die Freistellung auch für Ausbildungszeiten gelten soll. Dies müsse in den folgenden Verbandsanhörungen geklärt werden.

Gegen einen Haushaltsvorbehalt, wie er kürzlich im Haushaltsausschuss gefordert wurde, sprach er sich vehement aus. "Unsere Helfer retten ja auch nicht unter Vorbehalt", sagte er. Grüne und SPD begrüßen die Gleichstellung grundsätzlich. Paul Wengert von der SPD verbucht den Gesetzentwurf als Erfolg seiner Partei. Ein Jahr lang habe die CSU den SPD- Vorschlag blockiert, bis jetzt endlich Bewegung in die Sache gekommen sei.

Es gebe aber noch "jede Menge Erörterungsstoff". So müsse sichergestellt werden, dass die Alarmierung auch wirklich durch die Leitstelle erfolge. Heute sei es so, dass Kriseninterventionsteams oft nur vom Einsatzleiter informiert werden. Auch mahnte er die Staatsregierung, "nicht kleinlich" zu sein. Staatskanzleichef Marcel Huber schätzt die Kosten der neuen Regelung auf 300 000 Euro pro Jahr. Das Gesetz werde wohl nicht mehr vor der Sommerpause verabschiedet, sagte er nach der Kabinettssitzung.

Dort war auch das Hochwasser der letzten Tage ein Thema. Man bekomme gerade erst einen groben Überblick, sagte Huber. In Niederbayern beläuft sich der Schaden auf eine Milliarde Euro. In Mittel- und Unterfranken sowie in Oberbayern sind es zwischen 20 und 22 Millionen. Insgesamt wurden in einer Woche 13 Millionen Euro Sofortgeld ausbezahlt.

Das Kabinett hat noch weitere Punkte beschlossen

Wer einen Schaden zu beklagen hat, der muss sich laut Huber mit seinem Antrag nicht beeilen. Die Fristen seien bis zum Jahresende hin verlängert worden. Auch an das Insolvenzrecht müssten Unternehmer in ihrer jetzigen Notsituation nicht denken. Es wird nicht als Insolvenzverschleppung gelten, wenn nach drei Wochen der Antrag noch nicht gestellt wurde, so Huber.

Eine Pflichtversicherung, wie sie etwa die Grünen fordern, sieht Huber aus verfassungsrechtlichen Gründen kritisch. Eine breite Aufklärungskampagne soll aber dafür sorgen, dass sich in Zukunft mehr Menschen versichern.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: