Energiekrise:Wie Bayerns Beamte Energie sparen sollen

Energiekrise: Mit 20 Grad im Kabinettssaal muss sich im Winter möglicherweise auch der bayerische Ministerrat begnügen. Immerhin beschloss der am Dienstag einen Energiesparplan.

Mit 20 Grad im Kabinettssaal muss sich im Winter möglicherweise auch der bayerische Ministerrat begnügen. Immerhin beschloss der am Dienstag einen Energiesparplan.

(Foto: Peter Kneffel/dpa)

Fahrrad statt Auto, lauwarme Heizungen, kaltes Wasser: In 9000 Behörden des Freistaats soll künftig strenger auf den Ressourcenverbrauch geachtet werden. Was sonst noch geplant ist.

Von Matthias Köpf

Dienstreisen sollen Bayerns Beamte und Staatsangestellte ab sofort möglichst vermeiden, und wenn sich eine Sache per Videokonferenz gar nicht lösen lässt, so sollen sie besser mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Fahrrad fahren als im Auto. Das ist eine der Maßnahmen, mit denen die Staatsregierung 15 Prozent der Energie einsparen will, welche die freistaatlichen Stellen zuletzt so verbraucht haben. Dass der Ministerrat am Dienstag seinerseits auf eine Dienstreise nach St. Bartholomä am Königssee verzichtet hat, wo dieser und alle anderen Beschlüsse eigentlich hätten gefasst und verkündet werden sollen, lag laut Staatskanzleichef Florian Herrmann (CSU) aber gar nicht am neuen "Fünf-Punkte-Maßnahmenplan zur Senkung des Energieverbrauchs in der Staatsverwaltung". Sondern an der Regenwahrscheinlichkeit von 80 Prozent, die noch am Montag aus den Wetterprognosen für den Königssee abzulesen gewesen sei.

Immerhin hätte es Landwirtschaftsministerin Michael Kaniber (CSU) am Dienstag - übrigens bei bestem Freizeitwetter - von dort nicht mehr weit nach Hause gehabt, und auch Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (FW) wäre ohnehin grob in die Richtung gefahren, um später am Nachmittag jenseits der Grenze bei Salzburg den Füllstand des für Bayern besonders wichtigen Erdgasspeichers Haidach zu erörtern. Den vorläufig bis Ende März angelegten Fünf-Punkte-Sparplan vorzustellen, mit dem der Freistaat auf die aktuelle Energiekrise reagiert, war aber Aufgabe von Bauminister Christian Bernreiter (CSU). Der kündigte an, Bayerns Behörden im kommenden Winter nicht über das "gesetzliche Mindestmaß" von 20 Grad Celsius hinaus zu heizen und die Temperatur auf den Fluren oder in Treppenhäusern und Kellern möglichst noch weiter zu senken. Auch Licht soll überall nur noch dann brennen, wenn wirklich wer da ist, was ebenso für die Außenbeleuchtung der staatlichen Gebäude gilt.

Wem es zu kalt ist, der darf ins Homeoffice

Alle Heizungen und Klimaanlagen will das Kabinett genau einstellen und nachts und am Wochenende herunterregeln lassen, und wenn ein Staatsdiener in den kommenden Monaten gesteigerten Wert auf höhere Temperaturen am Schreibtisch oder auf warmes Wasser zum Händewaschen legt, dann hat er die weitgehende Erlaubnis seines Dienstherren, möglichst viel im Homeoffice zu arbeiten. In den Sanitärbereichen der Ämter soll das Wasser jedenfalls nur noch kalt aus den Hähnen kommen. Die ebenfalls angekündigten Informationen zum energiesparenden Lüften und zum Umgang mit dem stromfressenden Stand-by-Betrieb von Elektrogeräten werden die Staatsbediensteten auch daheim erreichen.

Der Freistaat besitzt nach Angaben der Staatskanzlei selbst ungefähr 11 000 Gebäude und Bauwerke, von denen rund 9000 "energierelevant" seien, also geheizt oder beleuchtet werden. Dafür verbraucht der Staat sowohl beim Gas als auch beim Strom jeweils etwa ein Prozent der in Bayern insgesamt benötigten Menge. Was die öffentlichen Schulen betrifft, die ohnehin gerade in die großen Ferien gegangen sind, so haben die Energiesparbeschlüsse laut Bernreiter Empfehlungscharakter für die jeweils zuständigen Kommunen.

Der Winter 2023 werde "noch schlimmer"

Auch das Kabinett macht nun erst einmal Sommerpause, doch Aiwanger warnt beim Thema Energieversorgung schon vor dem kommenden Winter. Der werde die Gasspeicher komplett leeren, weswegen der darauf folgende Winter 2023/24 dann "noch schlimmer als dieser" werden könnte. Derzeit seien Bayerns Gasspeicher zu etwa 65 Prozent gefüllt, die in ganz Deutschland etwa zu 70 Prozent, sagte Aiwanger vor seiner Abreise nach Haidach. Dort in Haidach sei der Speicheranteil, der dem staatlichen russischen Energiekonzern Gazprom gehört, weiterhin leer.

Momentan werde in Deutschland aber immer noch "in großem Stil Erdgas zur Stromerzeugung verballert" statt die drei noch aktiven Atomkraftwerke länger laufen zu lassen oder gerade stillgelegte Anlagen wieder in Betrieb zu nehmen. Doch die Bundesregierung sei "auf Amokfahrt unterwegs" und schaue nur zu, wie der Reaktor in Gundremmingen zurückgebaut werde. Für Aiwanger macht sie sich so der "unterlassenen Hilfeleistung an der Energieversorgungssicherheit Deutschlands" schuldig. "Natürlich wäre es besser, wir hätten sie, als wir haben sie nicht", sagt Aiwanger über Windkraftanlagen. Kritik, Bayern habe zuletzt den Ausbau verhindert, weist er aber als "billige Stimmungsmache" zurück.

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