Prävention gegen BetrugMit Witzen gegen Schockanrufe und Enkeltricks

Lesezeit: 3 Min.

Kabarettist Tom Bauer warnt in seinem Bühnenprogramm „Ned mit mir!“ vor allem ältere Menschen vor Trickbetrügern.
Kabarettist Tom Bauer warnt in seinem Bühnenprogramm „Ned mit mir!“ vor allem ältere Menschen vor Trickbetrügern. (Foto: Jonas Strehl)

Täglich versuchen Betrüger mit sogenannten Enkeltricks, alte Menschen um ihr Geld zu bringen. Ein Kabarettist und die Polizei erklären, was man in solchen Situationen tun sollte - und wie man damit umgeht, wenn es schon zu spät ist.

Von Jonas Strehl, Mühldorf am Inn

Der Kabarettist Tom Bauer will ins Zeugenschutzprogramm. Gerade hat ihn die Polizei angerufen, in seiner Straße wurde eingebrochen. „Das ist gut“, befindet Bauer, immerhin nicht in das eigene Haus. Aber nach dem Einbruch wurde eben auch ein Zettel mit seiner Adresse gefunden, wie die Polizei ihm am Telefon mitteilt, und es ist doch klar, was das heißt: Die Täter wollen auch bei ihm einbrechen.

„Zeugenschutzprogramm“, fordert also folgerichtig Bauer, doch die Frau in der Leitung hat eine andere Idee. Als reine Vorsichtsmaßnahme soll ein Kollege vorbeikommen und Bauers Wertgegenstände zur Verwahrung abholen. Kurz wird noch überlegt, was viel wert sein könnte: die Uhr von der Firmung damals? Die Frau ist skeptisch. Das Auto samt Papieren? Schon eher. „Und vergessen Sie das Bargeld nicht!“, kommt noch der zuvorkommende Rat.

Wer an dieser Stelle nicht stutzt, der täte gut daran, Bauers aktuelles Programm zu besuchen. Als „Präventionskabarett“ beworben, will „Ned mit mir!“  vor allem die ältere Bevölkerung warnen: vor Trickbetrug und falschen Polizeibeamten, vor Schockanrufen, bei denen vermeintliche Verwandte in einer Notlage Geld fordern und vor unangekündigten Gästen, die an der Haustür haltlose Gewinnversprechen machen.

SZ Bayern auf Whatsapp
:Nachrichten aus der Bayern-Redaktion – jetzt auf Whatsapp abonnieren

Von Aschaffenburg bis Berchtesgaden: Das Bayern-Team der SZ ist im gesamten Freistaat für Sie unterwegs. Hier entlang, wenn Sie Geschichten, News und Hintergründe direkt aufs Handy bekommen möchten.

Seit nunmehr einem Jahr tritt Bauer mit seiner Show auf und weil er ganz Niederbayern bereits „abgegrast“ hat, ist er am vergangenen Dienstag nun im oberbayerischen Mühldorf am Inn im Kulturzentrum „Haberkasten“ gelandet. Unterstützung bekommt er dort von der Kriminalpolizeilichen Fachberaterin Elisabeth Fritzsch, die erst die Stimme am Telefon spricht und dann, vorne auf der Bühne, in einen Impulsvortrag übergeht: Von einem „Call-Center-Betrug“ spreche man in so einem Fall. Das ist eine Masche, bei der ein Täter anruft – oft aus dem Ausland – und ein Komplize die Wertgegenstände holt. Im Jahr 2024 belief sich der verursachte Schaden mittels Call-Center-Betrug allein im Bereich Oberbayern Süd auf über 2,4 Millionen Euro, wie das zuständige Polizeipräsidium mitteilt. Und das sind nur die bekannten Fälle.

Was also in so einem Fall tun? „Eihänga“ ist die Botschaft von Fritzsch. Also einhängen, das Telefon auflegen. „Aber das ist doch unhöflich“, protestiert Bauer. Begleitet wird seine Aussage vom Lachen des Publikums, das da noch gar nicht weiß: Bauer hat zu dem Thema gleich ein ganzes Stück auf dem Akkordeon parat. Das „Eihänga“ soll das amüsierte Publikum dann auch gleich üben, beim Nachbarn, zum Schunkeln.

Die Idee zum Kabarett stammt, so erzählt es Bauer nach dem Auftritt, von Franz Voit, dem Seniorenbeauftragten des Marktes Wallersdorf. Der habe ein Puppentheater gesehen, das zugleich Informationen vermittelt habe. Und sich gedacht, dass der Trickbetrug als Kabarett aufbereitet gehört. Den Titel „Ned mit mir!“ habe Voit bereits gehabt, und Bauer als zuständigen Kabarettisten ausgesucht, „weil ich so ein Schwiegermutter-Typ bin“. Ob das nun ein Kompliment ist, wisse er nicht, sagt Bauer.

Christine Matschi ist die Vorsitzende des Seniorenforums der Stadt Mühldorf.
Christine Matschi ist die Vorsitzende des Seniorenforums der Stadt Mühldorf. (Foto: Jonas Strehl)

Aber Humor und ernstzunehmender Trickbetrug, passt das zusammen? Das sei eine Gratwanderung, sagt Bauer. Er habe einen Heidenrespekt vor der Aufgabe gehabt, „über das Thema an sich kann man nicht witzeln, das ist nicht lustig, das ist traurig.“ Beim normalen Kabarett schlage man quer um sich, das sei hier anders gewesen, er habe viele Schmunzler reinbringen wollen, die aber nicht vom Thema ablenken sollten. Und so wechseln sich an diesem Nachmittag Aufklärung und Witz ab, mal spielt Bauer einen unangekündigten Gast, der eine Glücksstörung festgestellt haben will (ein Fluch auf dem Geld!), dann wird wieder gesungen: „Ich mach ned auf, ich lass ned ei“ und „Bei mir klappt das nie, ich bin ja doch ned bled.“

Dass es sie nie selbst treffen könnte, dachte auch Christine Matschi, die an diesem Tag im Publikum sitzt. Aber ihr Internet sei langsam gewesen, erzählt die Vorsitzende des Seniorenforums der Stadt Mühldorf am Inn. Und bei ihrer Suche nach Hilfe sei sie an jemanden geraten, der ihr vorgeblich am Telefon dabei helfen wollte, das „Internet zu reparieren“. 1000 Euro seien dann von ihrem Bankkonto abgegangen. Matschi hatte aber noch Glück. Ihre Bank habe die Überweisung noch zurückholen können. Die 73-Jährige stellte auch Anzeige, doch erst mal war da ein Gefühl der Scham. „Ich habe mir gedacht, das darfst du überhaupt niemandem erzählen, dass du so blöd bist.“

Schockanrufe nähmen nicht nur das Geld, sondern auch das Selbstwertgefühl, erklärt auch Fritzsch auf der Bühne. Deshalb: Bitte darüber reden, auch mit Freunden, „es soll einfach keinem weiteren mehr passieren“, sagt die Fachberaterin mit Nachdruck. Zum Ende der Veranstaltung holt sich Kabarettist Bauer das noch mal als Versprechen ein: „Wenn es einen von uns erwischt, dann zeigen wir den an. Mach ma des?“ „Ja!“, rufen die Senioreninnen und Senioren in Mühldorf. „Versprochen?“ „Ja!“

Tipps gegen Betrug und Enkeltricks:

  • Hängen Sie auf, falls Sie bei einem Anruf ein komisches Gefühl haben. Sollte es sich bei dem Anrufer um einen vermeintlichen Verwandten handeln: Rufen Sie ihn unter der Ihnen bekannten Nummer zurück.
  • Vorsicht vor falschen Polizeibeamten: Die Polizei ruft weder mit der Telefonnummer 110 an noch fordert sie Bargeld oder Wertsachen.
  • Lassen Sie keine fremden Menschen in die Wohnung, von denen Sie nicht wissen, was sie dort wollen.
  • Falls Sie Opfer von einem Betrug werden: Erstatten Sie Anzeige bei der Polizei und reden Sie mit Freunden und Familie darüber.
© SZ - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
Zur SZ-Startseite

ExklusivKatholische Kirche
:Pfarrer von Hauzenberg soll schwerwiegende Grenzüberschreitungen begangen haben

Ein Bericht der unabhängigen Ansprechperson für geistlichen Missbrauch des Bistums Passau wirft dem Geistlichen mutmaßlich fragwürdiges Verhalten in der Jugendarbeit mit Ministranten vor.

SZ PlusVon Lisa Schnell

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: