GefängnisskandalNeue Details zu Vorwürfen gegen Spezialtruppe der JVA Gablingen

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Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen 17 Bedienstete der JVA Augsburg-Gablingen. Mitarbeiter sollen auch in der Neuburger JVA Häftlinge attackiert haben.
Die Staatsanwaltschaft Augsburg ermittelt gegen 17 Bedienstete der JVA Augsburg-Gablingen. Mitarbeiter sollen auch in der Neuburger JVA Häftlinge attackiert haben. (Foto: IMAGO/MICHAEL BIHLMAYER)

Die sogenannte Sicherungsgruppe, SIG, der JVA Augsburg-Gablingen steht im Zentrum schwerer Misshandlungsvorwürfe. Sie soll auch in einem anderen Gefängnis Häftlinge verletzt haben.

Von Thomas Balbierer

Seit im Oktober 2024 schwerwiegende Misshandlungsvorwürfe gegen Mitarbeiter der JVA Augsburg-Gablingen öffentlich wurden, vergeht kaum eine Woche ohne neue Berichte über brutale Details des Gefängnisskandals. Die sogenannte Sicherungsgruppe (SIG) der JVA, eine Art Spezialtruppe für besonders schwierige Einsätze, soll Häftlinge nicht nur in Gablingen misshandelt und verletzt haben, sondern auch in mindestens einer anderen bayerischen Haftanstalt.

Wie aus einem Bericht des bayerischen Justizministeriums von März 2025 hervorgeht, soll die Gablinger SIG bei einem Außeneinsatz in der oberbayerischen JVA Neuburg-Herrenwörth vier Insassen verletzt haben. Das meldete demnach der Leiter der Neuburger JVA, wo vor allem Jugendliche und junge Erwachsene untergebracht sind. Das Justizministerium leitete den Vorfall vom 23. Oktober 2024 nach eigenen Angaben an die zuständige Augsburger Staatsanwaltschaft weiter. Diese ermittelt aktuell gegen insgesamt 17 Bedienstete der JVA Augsburg-Gablingen, darunter auch die frühere Anstaltsleiterin und ihre Stellvertreterin. Es geht unter anderem um Körperverletzung im Amt.

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Der Bayerische Rundfunk berichtet nun über Details des SIG-Einsatzes in der Neuburger JVA. Demnach war die Gablinger Truppe wegen einer Drogenrazzia in dem Gefängnis. Bei der Durchsuchung sollen rund 20 Gefangene in einer Turnhalle von einem Drogenspürhund beschnuppert worden sein. Als der Hund hinter einem Häftling Männchen gemacht habe, sollen ihn zwei SIG-Beamte in einen Nebenraum geführt, ihm die Luft abgedrückt und ihn bedroht haben, angeblich um Rauschgift zu finden. So schildert es der mutmaßliche Betroffene dem BR: „Dann hat mir ein SIG-Beamter zweimal mit den Sicherheitshandschuhen in die linke Gesichtshälfte geschlagen.“ Er habe sich eine Wunde am linken Auge zugezogen und tagelang Kopfschmerzen gehabt.

Ein zweiter Häftling berichtet dem BR von einer weiteren Attacke. Ein SIG-Beamter soll ihm nach der Razzia das Knie in die Rippen gedrückt haben. Später soll ihn ein zweiter Mann am Kehlkopf gepackt und hochgehoben haben. „Ich habe keine Luft mehr bekommen und gezappelt. Das ist ja auch normal, dass man sich da wehrt. Dann habe ich gleich einen Schlag gegen die Schläfe bekommen“, sagte er dem BR. Etwas später soll er auch in die Rippen geschlagen worden sein.

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Das bayerische Justizministerium bestätigt auf SZ-Anfrage, dass der Vorfall „Gegenstand staatsanwaltschaftlicher Ermittlungen“ ist. Auch die Rolle der beim Einsatz anwesenden damaligen Vize-Chefin der JVA Gablingen werde untersucht.

Dass die Gablinger Sicherungsgruppe auch in anderen Gefängnissen aktiv wurde, liege daran, dass nur 17 von 36 bayerischen Anstalten ein solches Team mit besonders geschulten Mitarbeitern habe. „Die JVA Neuburg-Herrenwörth hat keine eigenen Rauschgiftspürhunde und keine eigene Sicherungsgruppe“, teilt das Ministerium mit.

Weitere Vorwürfe aus anderen bayerischen Gefängnissen gegen die Gablinger SIG seien dem Ministerium bei einer Überprüfung nicht genannt worden. „Bei Übergriffen von Bediensteten auf Gefangene handelt es sich um absolute Ausnahmefälle“, heißt es aus dem Justizministerium.

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