Gerade hat die Nationale Stelle zur Verhütung von Folter ihren Bericht über einen Besuch in der JVA Augsburg-Gablingen vorgelegt, in dem allerhand Missstände genannt werden, vor allem bei der Unterbringung von Häftlinge in sogenannten besonders gesicherten Hafträumen. Die Opposition im Landtag reagiert mit Kritik am Justizministerium.
Der Bericht bestätige das, was über die früheren Zustände dort bekannt war, „in seiner skandalösen Tragweite und Unerträglichkeit“. So formuliert es der rechtspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Landtag Horst Arnold. Der Bericht zeige einmal mehr, betont auch Toni Schuberl, Sprecher für Recht der Grünen, dass sich im bayerischen Justizministerium „die Kultur der Kontrolle und des Grundrechtsschutzes“ ändern müsse. CSU-Justizminister Georg Eisenreich bescheinigt die Opposition im Landtag Bemühungen und Glaubwürdigkeit bei den angestoßenen Reformen im Strafvollzug. „Ob das zu einem Wechsel der Einstellung auch der Beamten im Ministerium führt, wird sich noch zeigen müssen“, sagt jedoch Schuberl.
Als skandalös bezeichnen die beiden Rechtsexperten von Grünen und SPD den Brief des Leiters der Abteilung Strafvollzug im Ministerium, den dieser laut Bericht kurz nach der Kontrolle Gablingens an die Nationale Folterkommission sandte. Darin beschwerte er sich offenbar darüber, dass der Besuch unangekündigt war. Die Folterkommission stellt dazu klar, dass unangekündigte Besuche „einen unerlässlichen Teil“ ihrer Arbeit darstellen. Tatsächlich drängt sich laut Bericht der Verdacht auf, dass die Prüfer in Gablingen am Eingang hingehalten wurden, um vor der Kontrolle noch schnell die ärgsten Missstände in den besonders gesicherten Hafträumen zu beseitigen und zum Beispiel Matratzen auszulegen.

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Minister Eisenreich wiederholt am Donnerstag auf SZ-Anfrage nur seine Einlassung, dass der Brief seines Beamten eine „individuelle Äußerung“ gewesen sei, die nicht mit ihm abgestimmt war und die auch nicht seiner Haltung entspreche. Fragen nach personellen Konsequenzen beantwortet der Minister nicht. Der Leiter der Abteilung Strafvollzug ist weiterhin im Amt und steht somit auch einem neu geschaffenen Referat vor, das inzwischen die Aufsicht führt über besonders grundrechtssensible Bereiche im bayerischen Strafvollzug und die Unterbringungen in besonders gesicherten Hafträumen. Und das auf Anweisung des Ministers inzwischen auch selbst unangekündigte Besuche in Gefängnissen durchführt. Der Beamte, der unangekündigte Besuche im August noch ablehnte, muss sie nun also selbst verantworten.
Der Brief sei ein unerträglicher Vorgang, kritisiert SPD-Mann Horst Arnold. Das Dokument zeige einmal mehr, dass der Minister bis zum Fall Gablingen relativ uninteressiert gewesen sei am Strafvollzug und dass Abteilungen in seinem Ministerium ein selbstherrliches Eigenleben geführt hätten. Gablingen sei für Eisenreich wohl „ein Erweckungserlebnis“ gewesen, seitdem werde zielführend und sachlich aufgeklärt. Wenn ein Minister wie in diesem Fall Besserung in seinem Verhalten zeige und aus seinen Fehlern Konsequenzen ziehe, sei Raum vorhanden, ihn weiter wirken zu lassen. Einen Untersuchungsausschuss strebt Arnold deshalb momentan nicht an. „Über weitere Schritte entscheiden wir, wenn die Ermittlungsergebnisse der Staatsanwaltschaft vorliegen.“
Toni Schuberl von den Grünen betont, dass der Justizminister Verbesserungen im System nicht allein bewirken könne. „Dazu braucht es auch die CSU-Fraktion im Landtag und den Ministerpräsidenten.“ Gerade Markus Söder wirft Schuberl jedoch „Symbolpolitik und Law-and-Order-Politik ohne Rücksicht auf Verluste“ vor. Gerade dieser Kurs habe erst dazu geführt, dass es so weit habe kommen können wie in der JVA Gablingen.