Süddeutsche Zeitung

Justiz im Fall Mollath:Persilschein aus Augsburg

Der Fall Mollath weckt das Unrechtsbewusstsein vieler Bürger. Einige haben deshalb Anzeige erstattet - unter anderem gegen Richter, Staatsanwälte, Gutachter und Mollaths Ex-Frau. Doch die Staatsanwaltschaft Augsburg sieht keinen Grund für Ermittlungen.

Von Olaf Przybilla

Die Staatsanwaltschaft Augsburg hat es abgelehnt, Ermittlungen in der Causa Gustl Mollath aufzunehmen. In einem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt, erklärt die Anklagebehörde, es gäbe keine hinreichenden Anhaltspunkte "für Straftaten, insbesondere der Rechtsbeugung, Freiheitsberaubung, falschen Verdächtigung sowie falschen uneidlichen Aussage". Weder aus den Anzeigen noch aus beigezogenen Akten hätten sich Anhaltspunkte dafür ergeben. Der Rechtsanwalt Rainer Schmid aus Nagold, der am Verfahren Mollath nicht beteiligt ist, hatte im November Anzeige wegen aller in der Sache denkbaren Delikte erstattet. Gegen die Einstellung des Verfahrens hat er jetzt Beschwerde eingelegt.

Es werde von Anzeigenerstattern vorgetragen, erklärt die Staatsanwaltschaft, am Verfahren Mollath beteiligte Personen hätten sich möglicherweise strafbar gemacht, weil sie anstatt den Wahrheitsgehalt der Vorwürfe Mollaths zu überprüfen, "ihn zu Unrecht in der Psychiatrie untergebracht hätten".

Die Anzeigen - nach Angaben der Behörde von zahlreichen Bürgern erstattet - richteten sich gegen Richter, Staatsanwälte, Gutachter, Ärzte, die damalige Ehefrau Mollaths sowie Verantwortliche der Hypo-Vereinsbank. Nach Prüfung aller Vorwürfe bestehe jedoch "insgesamt keine Veranlassung, Ermittlungen einzuleiten".

Als Straftatbestand der Rechtsbeugung sei allein der "Rechtsbruch als elementarer Verstoß gegen die Rechtspflege" zu werten. Jede unrichtige Rechtsanwendung und jeder Ermessensfehler von Richtern und Staatsanwälten sei nicht als solch elementarer Verstoß anzusehen. Rechtsbeugung begehe nur der Amtsträger, der "sich bewusst in scherwiegender Weise" vom Gesetz entferne. Konkrete Anhaltspunkte für ein solches Vergehen von bayerischen Justizbeamten bestehe in der Causa Mollath "auch nach eingehender Prüfung" nicht.

Im Hinblick auf mögliche Falschaussagen von Zeugen bestünden "keine Anhaltspunkte für nachweisbar falsche Angaben", die, wie die Augsburger Staatsanwaltschaft anmerkt, im Übrigen "bereits verjährt wären". Psychiatrische Sachverständige und Ärzte hätten angeführt, dass "das Gesamtverhalten des Gustl Mollath deutlich zeige", dass dessen Unterbringung "erforderlich sei". Deshalb lägen "auch keine tatsächlichen Anhaltspunkte für eine Freiheitsberaubung vor".

Strafbare Handlungen "der sog. Führungsriege der Hypo-Vereinsbank" seien ebenfalls nicht gegeben. Nach dem Ergebnis des bankinternen Revisionsberichts hätten sich auch "keine nachhaltigen Anhaltspunkte für die Erfüllung von Straftatbeständen durch Mitarbeiter" der Bank ergeben, "sondern vielmehr für bankinterne Verstöße". Schon aus diesem Grund seien die Verantwortlichen "auch nicht gehalten" gewesen, "eine unverzügliche Meldung an die Staatsanwaltschaft vorzunehmen".

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SZ vom 01.06.2013/infu
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