Jungvogel aufgetaucht:Das Kuckuckskind

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Während Käpt'n Kuck im Sudan verweilt, taucht in Niederbayern ein Jungvogel auf, der von seinen Wirtseltern verlassen wurde - und ein Nachkomme des SZ-Kuckucks sein könnte. Ein Sender ist für ihn aber wohl zu schwer.

Von Christian Sebald, München

Man muss Käpt'n Kuck verstehen. Vom niederbayerischen Bogen bis in die sudanesische Provinz Darfur sind es an die 4200 Kilometer Luftlinie. Wenn man all die kleinen oder größeren Kurven, Schwenks und Umwege einrechnet, die der SZ-Kuckuck bisher auf seinem großen Flug gemacht hat, kommen wohl noch ein paar Hundert Kilometer dazu. Allein 2250 Kilometer hat Käpt'n Kuck nonstop über der Sahara zurückgelegt und zuvor schon 500 Kilometer über dem Mittelmeer. Kurz und gut: Ein derartiger Leistungsflieger hat sich eine ausgiebige Pause verdient. Und die macht er jetzt.

Käpt'n Kuck auf Reisen
:Unter Freunden

Käpt'n Kuck ruht sich aus. Seit einer Woche macht der SZ-Kuckuck auf seiner Reise ins Winterquartier nun schon Rast in Darfur - und trifft dort auf alte Bekannte aus Regensburg.

Von Christian Sebald

Es ist die dritte Woche, dass sich der SZ-Kuckuck in Darfur im Sudan herumtreibt. Nur langsam, ganz langsam fliegt er weiter gen Süden in sein Winterquartier südlich des Äquators. Immerhin ist Käpt'n Kuck nun auf Höhe der Provinzstadt Zalingei angelangt. Dort wandelt sich die trockene Savanne allmählich in eine etwas grünere Buschlandschaft, in der ausreichend Insekten herumschwirren. Nach den Daten, die der Satellitensender auf Käpt'n Kucks Rücken übermittelt, hält er sich in einem Tal auf - ausreichend Wasser dürfte der SZ-Kuckuck also auch haben.

Beim Vogelschutzbund LBV sind sie derweil noch aus einem anderen Grund ganz aus dem Häuschen: In ihrer Vogelauffangstation im oberpfälzischen Regenstauf päppeln sie gerade einen jungen Kuckuck auf, der von seinen Wirtseltern verlassen worden ist. Es ist keine zwei Wochen her, dass ein Bub im elterlichen Garten den verlassenen Vogel entdeckt hat. Als es Nacht wurde und weder Bub noch Eltern wussten, wohin mit dem Jungkuckuck, verständigten sie den örtlichen Tiernotdienst, der den Vogel zum LBV brachte. "Nun erleben wir hautnah mit, wie er flügge wird und sich auf seine erste große Reise begibt", sagt der LBV-Mann Markus Erlwein. "Das ist ein ganz unglaublicher Glücksfall."

Noch unglaublicher wird die Geschichte, wenn man bedenkt, dass der Jungkuckuck aus Bärndorf bei Bogen stammt. Bärndorf bei Bogen, das liegt exakt im Heimatrevier von Käpt'n Kuck. Dort also, wo der SZ-Kuckuck noch vor wenigen Wochen hinter jedem Kuckucksweibchen her war, das sich hat blicken lassen, um so viele Nachkommen zu zeugen wie nur möglich. "Natürlich werden wir es niemals wirklich wissen", sagt Erlwein. "Aber womöglich ist unser Jungkuckuck ein Kind von Käpt'n Kuck, das wäre doch zu schön."

Männchen oder Weibchen?

Wie auch immer, der Jungkuckuck gedeiht prächtig. Zwar kann Ferdinand Baer von der Auffangstation nicht sagen, ob der Vogel ein Männchen oder ein Weibchen ist. Denn er trägt noch den charakteristischen bräunlichen Halsfleck aller Jungkuckucke. Bei Männchen verliert sich der Fleck nach dem ersten Lebensjahr. Bei den Weibchen bleibt er. "Daher kann man erst bei erwachsenen Vögeln das Geschlecht bestimmen", sagt Erlwein. "Aber das ist auch nicht so wichtig, Hauptsache der Jungkuckuck frisst, was das Zeug hält."

Das tut er. Jedes Mal, wenn Baer an seinem Käfig vorbeigeht, sperrt der Vogel den Schnabel auf. "Der verspeist ein Heimchen nach dem anderen", sagt Erlwein. "Der Kollege kommt schier nicht hinterher." Entsprechend rasant nimmt der Jungkuckuck zu: Als er in der Station ankam, wog er gerade mal 70 Gramm, binnen Wochenfrist waren es 84. "So ein Jungkuckuck muss aber auch schnell zulegen", sagt Erlwein. "In gut einer Woche ist Deadline, da geht's ab nach Afrika. Da sollte er unbedingt hundert Gramm auf den Rippen haben, damit er die Strapazen übersteht."

Natürlich würden Erlwein und seine Kollegen auch dem Jungkuckuck gerne einen Sender auf den Rücken schnallen. "Denn über den ersten Flug der Kuckucke wissen wir ja gar nichts", sagt Erlwein. "Wie viel fliegen sie am Stück? Brauchen sie mehr Pausen? Machen sie größere Umwege? Das sind alles Fragen, auf die wir noch keine Antworten haben."

Aber das mit dem Sender wird nicht klappen. Nach der Erfahrung britischer Ornithologen brechen Jungkuckucke zum ersten großen Flug auf, sobald sie sich ein Körpergewicht von hundert Gramm angefressen haben. Damit sind sie aber zu schwach, als dass sie einen Satellitensender samt Solarzelle tragen könnten. "Zwar sind die Dinger knapp sieben Gramm leicht, das passt für erwachsene Kuckucke wie Käpt'n Kuck mit ihren gut 120 Gramm", sagt Erlwein. "Aber für einen Jungvogel sind sie zu schwer." Mehr als fünf Prozent des Körpergewichts eines Vogels darf so ein Sender nicht wiegen, sonst wird es gefährlich für das Tier. "Wir müssen noch vier bis fünf Jahre lang geduldig sein, bis die Sender leichter werden", sagt Erlwein. "Dann können wir sie Jungkuckucken aufschnallen."

© SZ vom 04.08.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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