Brauchtum in Bayern:Glanz und Elend des Josefitags

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Mancherorts wird das Josefifest bis heute gefeiert – zum Beispiel hier in Reutberg.  (Foto: Manfred Neubauer)

Der 19. März ist ein besonderer Namenstag in Bayern, der Josefitag.  Einst Feiertag und eine der stolzesten Bastionen der Lebensfreude, Brüderlichkeit und Toleranz, droht er aber am Zeitgeist zu zerschellen.

Von Hans Kratzer

Wer auf die Namen Josef, Sepp, Josefine oder Josefa hört, hat es heutzutage schwer. Selbst einer der berühmtesten Träger dieses Namens, der spanische Fußballtrainer Josep „Pep“ Guardiola, erleidet mit seiner Mannschaft Manchester City gerade eine Niederlage nach der anderen. Blättert man dann noch in der Vornamensstatistik der Landeshauptstadt München, so taucht der Name Josef dort unter den 190 häufigsten Erstnamen der Neugeborenen überhaupt nicht mehr auf. Wenigstens findet sich das arabische Pendant Yusuf noch auf Rang 140. Bei den Mädchen rangiert die Josefine, kleiner Trost, immerhin auf Rang 70.

Das waren noch fidele Zeiten, als am Josefitag (19. März) die Schulen und Fabriken geschlossen blieben. Josefi war in Bayern von altersher ein Feiertag. Nachdem der Kurfürst Ferdinand Maria 1664 den heiligen Josef zum Landespatron erklärt hatte, begann dieser Vorname Bayern stärker zu prägen als jeder andere Name vor und nach ihm. Die Eingeborenen begannen am Ehrentag ihres Patrons aber auch zu faulenzen und ihn mit Starkbier und fetten Würsten zu würdigen. Ein Brauch, der dem aktuellen Hang zur Work-Life-Balance schon damals bestens gerecht wurde.

Die Misere begann 1968, als der Feiertag Josefi endgültig abgeschafft wurde – ausgerechnet von der CSU, die damals fast in Armeestärke aus Männern mit dem Vornamen Josef bestand.  Und das, obwohl ungezählte bayerische Josefs und Seppen in Gestalt von Torhütern, Politikern und Päpsten segensreich in die Welt hineingewirkt hatten. Eine „saumäßige Schande“ sei die Abschaffung, schimpften viele Träger dieses Namens, die dann aus Trotz die „Königlich Bayerische Josefspartei“ gründeten, deren einziges Ziel die Wiedereinsetzung des Josefstags als staatlicher Feiertag ist. Mittlerweile hat die allgemeine Depression auch die mehr als 6000 Mitglieder starke Josefspartei erfasst, deren Tatendrang in den vergangenen Jahren stark nachgelassen hat. Auf der Homepage beschränkt sich ihre Aktivität zum Josefitag weitgehend auf gute Namenstagswünsche.

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Dabei war der Josefstag einst eine stolze Bastion der Lebensfreude, der Brüderlichkeit und der Toleranz. Selbst der Landtag, stets ein Hort josefinischer Großschädel, schlittert langsam in eine Josefskrise. Waren in der Legislaturperside 1946-50 noch 21 Josefs oder Seppn im Parlament vertreten, hocken im aktuellen Landtag lediglich vier Abgeordnete, die Josef heißen (Josef Heisl, CSU, Josef Lausch, FW, Josef Schmid, CSU, und Josef Zellmeier, CSU).

Immerhin gibt es noch Wirtshäuser, die bereit sind, den verbliebenen Josefs zum Namenstag einen Trunk zu spendieren. So lädt zum Beispiel das Bräustüberl in Andechs an diesem Mittwoch nach der Messe in der Wallfahrtskirche alle Josefs, Sepps und Josefinen gegen Vorlage des Personalausweises zu einer Mass Freibier ein. Der Ausschank erfolgt zwischen 11 und 20 Uhr. Es passt ins Bild, dass das Bräustüberl nach dem Krieg just am Josefitag 1952 wiedereröffnet wurde und dass der jetzige Leiter ebenfalls ein Josef ist, der mit Nachnamen Eckl heißt.

Die Wendelsteinbahn lädt am Josefstag wie jedes Jahr alle Seppen und Josefinen zu einer kostenlosen Berg- und Talfahrt ein. Bei allem Respekt sollte jedoch erwähnt werden, dass nicht jeder Josef als Vorbild taugt. Ein alter Spruch besagt: „Sepp der Depp hat 's Geld verschleckt, hat 's Haus verkafft und mitm Bettelweib grafft.“

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