Lässt sich solch ein Erfolg wiederholen? Als in München ein paar bekannte Kulturleute rund um den Direktor der Kunsthalle Roger Diederen und den damaligen Gasteig-Chef Max Wagner 2016 die Idee ausheckten, in München ein großes „Faust Festival“ zu veranstalten, schauten viele ungläubig: Faust? Was hat denn Goethes Klassiker mit München zu tun? Und wie bitte, das Ganze soll auch noch ohne Kurator vonstattengehen, jede Institution und jeder Einzelkünstler soll sich einfach anmelden können? – Ein Sakrileg! Ein Schmarrn! Ein Irrsinn! So oder ähnlich tönte es.
Bis 2018 das Festival unter dem Motto „Du bist Faust“ begann: Mehr als 200 Veranstaltungen waren zusammengekommen. Große Institutionen wie die Oper waren ebenso mit an Bord wie Puppenspieler, Germanistikdozenten und Poetry-Slammer. Die „Tagesschau“ berichtete. Das Format erhielt für seine innovative Kraft einen Europäischen Kulturpreis. 2023 wurde es wieder aufgelegt fürs Flower Power Festival, bei dem neue Player wie der Botanische Garten und Biotopia einstiegen.
Nun gibt es einen neuen Anlauf, rund um den Komponisten Johann Sebastian Bach. Diesmal geben sich die Initiatoren aber nicht mit München zufrieden, diesmal soll ganz Bayern mitwirken können – und schon glaubt man, wieder die ungläubigen Stimmen zu vernehmen: im Ernst, Bach? Was hat denn der alte Protestant mit Bayern zu tun?
Jede Menge – und das nicht nur im evangelischen Franken – wagt man einen Blick auf die Liste derer, die bereits angemeldet sind. Insgesamt stehen schon 100 Veranstaltungen fest – in München ebenso wie in Schlehdorf, Erlangen und Bayreuth. Freilich sind auch bekannte Bach-Spezialisten mit im Boot wie Hansjörg Albrecht, der Dirigent, Konzertorganist und ehemalige künstlerischer Leiter des Münchener Bach-Chors. Er gehört zu den treibenden Kräften dieses „ersten partizipativen Bachfests“, wie er und seine beiden Mit-Initiatorinnen, Gasteig-Chefin Stephanie Jenke und Kulturmanagerin Anna Kleeblatt, es nennen.
Das Fundament, auf dem dieses Fest fußt, zeugt von Qualität: Die Neue Bachgesellschaft in Leipzig hat der Stadt München den Zuschlag für das 99. Bachfest erteilt. Das Festival knüpft an die Bach-Tradition Münchens an. Vor allem das jahrzehntelange Wirken Karl Richters, einem der bekanntesten Interpreten der Musik Johann Sebastian Bachs und Gründer des Bach-Chores München, machte die bayerische Landeshauptstadt zur international anerkannten Bach-Metropole. Bereits 1925 fand ein „Erstes Münchener Bachfest“ des Münchener Bach-Vereins statt. 100 Jahre später ist München nun erneut, und zwar zum vierten Mal gastgebende Stadt.
„Wir freuen uns über so viele Mitwirkende, die sich jetzt schon angemeldet haben. Bach für alle – das sollen spannende und überraschende Begegnungen werden“, sagt Albrecht. Und es ist Platz für viele weitere. Mitwirkende können sich unter partner@bachfest.info melden. Von 31. Oktober bis 30. November 2025 soll das Fest gehen, Johann Sebastian Bach wird dabei in vielfältigen Formaten zu erleben sein, oft auch anders als erwartet.

Der Gasteig HP8 ist wieder das Festivalzentrum. Alle Programmpartner veranstalten auf eigene Rechnung und eigenes Risiko ihren Beitrag. Dabei haben sie die größtmögliche Freiheit in der Gestaltung. „Wir schauen allenfalls darauf, dass an einem Wochenende nicht zehnmal dasselbe Konzert stattfindet. Wir übernehmen die Kommunikation aller Festivalbeiträge und unterstützen bei der Bewerbung“, sagt Kleeblatt, die bereits „Faust Festival“ und „Flower Power“ mitorganisierte.
Das Motto des 99. Bachfestes ist „Universum Bach.“ Und das geht bekanntlich weit über die Musik hinaus. Laien sind ebenso willkommen wie Profis. Es wird Bach-Salongespräche geben, Bach und die Mathematik oder Bach und Mozart werden thematisiert, musikalische und szenische Improvisationen finden statt, aber auch Reflexionen mit zeitgenössischen Komponisten wie dem Münchner Moritz Eggert.
Die Orgel spielt im Programm immer wieder eine Rolle, etwa beim Bach-Orgel-Marathon vom 14. bis 16. November. Die Münchner Volkshochschule wird wieder präsent sein, das Hofspielhaus, das Deutsche Museum und die Hochschule für Musik und Theater. Erstmals gibt es ein Festivalcafé als Treffpunkt für Gäste und Akteure in Münchens Innenstadt: das Café Luitpold, bekannt für seine Salon-Abende zu gesellschaftlichen und politischen Themen.
Bachfest, 31. Oktober bis 30. November 2025, Anmeldungen unter partner@bachfest.info, Informationen: bachfest.info