Süddeutsche Zeitung

Jahreswechsel:Monatsweise Heimat

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Immer noch gibt es den traditionellen Wandkalender, gerne mit Bezug zu Bayern. Vom Nationalpark bis zum halbnackten Kartoffelbauern ist alles dabei

Von Claudia Henzler

Der Wandkalender mag wie ein Relikt aus analogen Zeiten scheinen, tatsächlich ist das Angebot aber groß wie nie. Denn während Hobbyfotografen ihre Bilder früher im Drogeriemarkt hochluden und zu ein, zwei Kalendern für die Familie verarbeiten ließen, gibt es jetzt Firmen, die Amateurwerke gleich über Internetplattformen wie Amazon vermarkten. So wurde der Onlinemarkt mit selbstgemachten Heimatkalendern regelrecht überschwemmt. Trotz dieser Kalenderflut setzen Organisationen und Behörden noch immer gerne auf die Kraft der großformatigen Bilder als Marketinginstrument.

Beim Alpenverein sind die Berge die Hauptdarsteller. Nur im September durften ausnahmsweise Menschen mit ins Bild. Immer werden die spektakulären Fotos aber durch kluge Zitate ergänzt.

Bambergs Stadtarchiv zeigt Luftbilder aus den Fünfzigern, hier die ehemaligen Hofbräu AG.

Mit Naturschönheiten wie den Kieslingbach hier im Böhmerwald werben die Nationalparks an der bayerisch-tschechischen Grenze.

Schon zum dritten Mal haben sich beispielsweise die Nationalparks Bayerischer Wald und Šumava in Tschechien zusammengetan, um mit eindrucksvollen Naturfotos Lust auf einen Besuch im größten zusammenhängenden Waldschutzgebiet Mitteleuropas zu machen. Der Kalender "Grenzenlos wild" wurde im Auftrag der Nationalparkverwaltungen vom kleinen Lichtlandverlag in Freyung herausgegeben.

Dass die bayerische Landjugend das Image des Bauernberufs mit Hilfe nackter Haut aufpeppen will, hat Tradition. Im "Jungbauernkalender" werden dabei jedes Jahr weibliche Modelle gezeigt. Für den Kalender "Heiße Kartoffel" der bayerischen Kartoffelvermarkter haben sich dagegen in diesem Jahr auch ein paar Männer ausgezogen.

Grafik-Design-Studenten haben für einen interkulturellen Kalender "Wholidays" Feiertage der Weltreligion illustriert.

Spuren der Zeit in Wasserburg am Inn.

Die Kartoffelbranche präsentiert sich offenherzig.

Wenn Stadtarchivare am Werk sind, zeigen Kalender in doppelter Hinsicht, wie die Zeit vergeht. Neben dem Schwarz-weiß-Kalender "Bamberg von oben. Luftaufnahmen aus den 50er Jahren" lädt etwa Wasserburg zu zwölf Zeitreisen ein. Im Stadtbildkalender "Alles beim Alten" stellen die Wasserburger Autoren historische Fotos aktuellen Aufnahmen gegenüber und machen sichtbar, wie sich die Stadt am Inn im Laufe der Zeit verändert hat.

Ehrfurcht vor der Schönheit der Alpen erwecken die menschenleeren Landschaften, die der Deutsche Alpenverein in einem XL-Kalender "Welt der Berge" zeigt.

Auch "Wholidays" hat einen gewissen pädagogischen Effekt: Der Kalender vermerkt die Feiertage der Weltreligionen und wichtige fränkische Feste, ist also eine monatliche Aufforderung zu Weltoffenheit. An dem nicht kommerziellen Projekt sind mehrere Fürther Firmen beteiligt. Der Reinerlös, etwa 2000 Euro pro Jahr, wird gespendet. Studierende einer privaten Hochschule für Grafik-Design in Stein bei Nürnberg haben die Blätter gestaltet.

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Quelle:
SZ vom 30.11.2017
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