Das kunstvoll gelöste Rätsel
Hannelore K., 91, war mal Zahnärztin. Und als sie sich ein paar Tage nach ihrer Tat einen Kopf darüber machte, warum sie im Neuen Museum in Nürnberg spontan zum Stift gegriffen und Lücken in einem Kreuzworträtsel-Kunstwerk ausgefüllt hat, kam sie tiefenpsychologisch zum Ergebnis: "Ich kann wohl einfach keine Lücken sehen." Gewissermaßen das klassische Zahnärzte-Leiden. Zwischenzeitlich lachten Menschen in Australien, Kanada und Mexiko mit ihr, überall dort wurde die Geschichte erzählt von der Frau, die Kunst einfach mal ernst nimmt und werkimmanenten Anweisungen ("Insert your word") Folge leistet. Nur Frau K. lachte nicht immer über die eigene Story. Immerhin ermittelte die Staatsanwaltschaft wegen "gemeinschädlicher Sachbeschädigung" gegen sie, der Versicherungswert des Bildes von Arthur Köpcke ist fünfstellig. Fünf Monate nach der Tat aber ist alles gut, die Ermittlungen sind eingestellt, das Werk ist in den alten Zustand versetzt, sogar Freikarten fürs Museum hätte sie haben können - quasi als kleine Entschädigung für die Aufregung und dafür, dass plötzlich jeder das Werk des Herrn Köpcke kennt. Aber jetzt will Frau K. nicht mehr. Die ganze Aufregung dafür, dass sie Kunst ernst genommen hat? Dieses Museum, sagt sie, werde sie "nicht mehr betreten".