Im Führungsstreit im Bayerischen Jagdverband (BJV) hat der frühere CSU-Landtagsabgeordnete, Waldbesitzer und Forstunternehmer Ludwig von Lerchenfeld seine Kandidatur für das Präsidentenamt angemeldet. "Die Lage in unserem Jagdverband ist überhaupt nicht gut", sagt Lerchenfeld. "Ich will aber, dass es unserem Jagdverband gut geht." Deshalb stehe er als Kandidat für das Spitzenamt bereit.
"Es darf nicht länger sein, dass wir in der Öffentlichkeit vor allem durch internen Streit und bedrohliche Umgangsformen auffallen," sagt Lerchenfeld. "Unser Jagdverband blickt auf eine lange und große Tradition zurück, wir haben in unseren Kreisgruppen eine immense Kompetenz in Sachen Jagd, Wild und Wald." Mit Lerchenfelds Erklärung hat der umstrittene Jägerpräsident und CSU-Landtagsabgeordnete Ernst Weidenbusch jetzt offiziell einen Konkurrenten um das Führungsamt. Beobachter sprechen von einer großen Chance, Weidenbusch abzulösen und die internen Querelen zu befrieden.

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Im BJV tobt seit Wochen ein wüster Streit um den Führungsstil von Weidenbusch. Die Kritiker legen dem Jägerpräsidenten einen extrem rüden Umgang mit allen Ehren- und Hauptamtlichen der Organisation zur Last, die eine andere Weltsicht haben als er. In der Geschäftsstelle des BJV in München-Feldkirchen soll eine Reihe Hauptamtlicher gekündigt haben, weil sie diese Art des Umgangs nicht länger akzeptieren wollten. Auch etliche Jäger haben den BJV deshalb verlassen, darunter so prominente wie Philipp zu Guttenberg. Der jüngere Bruder des früheren Verteidigungsministers Karl-Theodor zu Guttenberg, der in Franken und in Österreich weitläufige Wälder besitzt, hat als leidenschaftlicher Jäger einen guten Ruf in der Jagd- und der Waldszene.
Der BJV ist aber nicht nur intern heillos zerstritten. Sondern er ist auch nach außen isoliert. Sein Verhältnis zu den Organisationen der Waldbesitzer und der Bauern, aber auch den Umweltverbänden und der Forstverwaltung bis hinein ins Agrarministerium gilt als zerrüttet. Experten werfen Weidenbusch und seiner Führungsmannschaft vor, dass sie mit ihren überkommenen Vorstellungen von der Jagd nicht nur keinerlei Beitrag zu einem Gedeihen der Wälder in der Klimakrise leisten, sondern sogar den überfälligen Waldumbau torpedieren. Der Jagdverband ist mit seinen 160 Kreisgruppen und 50 000 Mitgliedern die mit Abstand größte Standesvertretung der Jäger in Bayern. In ihm dürften ungefähr zwei Drittel der Jagdscheininhaber im Freistaat organisiert sein.
"Konfrontation und Egoismus sind keine Option"
Nach Überzeugung von Lerchenfeld steckt der Jagdverband "wohl in der größten Krise seit seiner Gründung im Jahr 1949 und droht (...) sogar zu zerbrechen". So kann man es in einem Brief nachlesen, den er dieser Tage an die Chefs der BJV-Kreisgruppen geschrieben hat. Um ein Zerbrechen zu verhindern, "braucht es einen personellen Neuanfang", heißt es weiter. Deshalb bewerbe er sich um die Position des Präsidenten.
Der Jagdverband müsse endlich wieder geschlossen und stark auftreten, "also mit einer zielgerichteten Stimme sprechen". Dazu gehörten "Vertrauen, Sachlichkeit und Ehrlichkeit". Außerdem brauche es eine gute Zusammenarbeit mit den anderen ländlichen Organisationen. "Konfrontation und Egoismus einzelner Interessenverbände sind keine Option für die Bewältigung der vor uns liegenden Herausforderungen."
Lerchenfeld, Jahrgang 1957, entstammt der gleichnamigen Adelsfamilie und hat Jura studiert. Seit gut 30 Jahren führt er den forstwirtschaftlichen Betrieb seiner Familie, zu dem neben weitläufigen Wäldern in der Region Kulmbach ein Sägewerk, eine Möbel-Restaurierung, ein Weinverkauf und sogar ein kleiner Skilift gehören. Der Adelsspross engagiert sich seit vielen Jahren in der Kommunalpolitik, er gehörte in den Jahren 2011 bis 2018 für die CSU dem Landtag an und bekleidet zahlreiche Ehrenämter. Im BJV ist er bisher nur einfaches Mitglied, allerdings seit vielen Jahren. Außerdem gilt er als sehr versiert in jagdlichen und forstlichen Fragen und überdies als ausgleichendes Naturell.
Weidenbusch hat die Vorwürfe gegen sich und seinen Führungsstil stets zurückgewiesen. Rücktrittsforderungen lehnte er kategorisch ab. Inzwischen äußert er sich nicht mehr. Fragen zur Forderung nach einer Neuwahl des Jägerpräsidenten lassen er und die Pressestelle des BJV unbeantwortet. Der Jägerpräsident war erst im April 2022 im Amt bestätigt worden. Schon damals gab es Vorwürfe gegen ihn. Wohl auch deshalb war sein Ergebnis denkbar knapp. Von den 622 Delegierten stimmten nur etwas mehr als die Hälfte für ihn. Inzwischen ist die Situation so verfahren, dass etliche Kreisgruppen die Einberufung einer außerordentlichen Landesversammlung verlangen, auf der Weidenbusch abgewählt werden soll. Die förmlichen Voraussetzungen dafür haben sie offenbar erfüllt. Bislang fehlt allerdings das Signal, dass Weidenbusch die Forderung akzeptiert. Deshalb wird nach Informationen der SZ daran gearbeitet, die außerordentliche Landesversammlung zu erzwingen.