Streit über Atomkraftwerk:Umweltministerium weist Kritik an TÜV-Papier für Isar 2 zurück

Streit über Atomkraftwerk: Eigentlich soll Isar 2 zum Jahresende außer Betrieb gehen.

Eigentlich soll Isar 2 zum Jahresende außer Betrieb gehen.

(Foto: Lennart Preiss/Getty Images)

Sicherheitsbedenken stünden "einer befristeten Laufzeitverlängerung nicht entgegen", so ein Sprecher. Der Bund Naturschutz bezeichnet den Weiterbetrieb als "unkalkulierbares Risiko".

Bayerns Umweltministerium hat Kritik des Bundesumweltministeriums an der TÜV-Bewertung zweier bayerischer Atomkraftwerke zurückgewiesen. "Der TÜV Süd ist einer der renommiertesten und mit Fragen der Kernkraft am besten vertrauten Experten", sagte ein Sprecher am Samstag in München. "Bei der Bewertung zentraler und entscheidender Fragen sollte auf die bestmögliche Expertise zurückgegriffen werden." Deshalb habe das Ministerium "sowohl ein sicherheitstechnisches als auch ein Rechts-Gutachten" in Auftrag gegeben. Sicherheitsbedenken stünden demnach "einer befristeten Laufzeitverlängerung nicht entgegen".

Das Bundesumweltministerium hatte zuvor heftige Kritik an der Methodik der Untersuchung des TÜV Süd zu den Atomkraftwerken Isar 2 und Gundremmingen geübt. Die Stellungnahme erfülle "grundlegende Anforderungen an Gutachten und seriöse Sachverständigenaussagen nicht und sollte deshalb nicht zur staatlichen Entscheidungsfindung herangezogen werden", schreibt das Ministerium in einem internen Vermerk.

Auch der Bund Naturschutz bezeichnet den Weiterbetrieb von Atomkraftwerken im Freistaat als "unkalkulierbares Risiko". "Wir haben weltweit 600 AKW, sechs von ihnen sind havariert - Harrisburg, Tschernobyl und vier Blocks in Fukushima", sagte der Vorsitzende des Bundes Naturschutz in Bayern, Richard Mergner, den Nürnberger Nachrichten. "Wir haben zudem kein Endlager. Das ist, als ob sie in ein Flugzeug steigen und haben keine Landebahn." Jeder Tag, an dem das niederbayerische Atomkraftwerk Isar 2 länger in Betrieb sei, "stellt ein Sicherheitsrisiko dar", sagte Mergner. "Das Risiko eines atomaren Unfalls ist da." Da sei es "so billig wie falsch, Ängste zu schüren, die Menschen müssten frieren".

Der TÜV Süd hatte in seinem als "Bewertung" betitelten Papier vom April geschrieben, dass er keine sicherheitstechnischen Bedenken gegen einen Weiterbetrieb von Isar 2 über das Jahresende hinaus habe. Auch eine Wiederinbetriebnahme des Blocks C in Gundremmingen sei "aus technischer Sicht möglich".

Das Papier bleibe Belege für bestimmte Aussagen schuldig, so die Kritik

Der Leiter der Abteilung für nukleare Sicherheit und Strahlenschutz im Bundesumweltministerium, Gerrit Niehaus, bemängelte dagegen in dem internen Vermerk, die Verfasser der Stellungnahme zögen zu weitreichende Schlussfolgerungen und blieben Belege für bestimmte Aussagen schuldig. An einer Stelle ist von einer "Spekulation" die Rede.

An einer anderen heißt es, der Maßstab einer Bewertung werde nicht benannt beziehungsweise "verschleiert". Der TÜV habe nicht den Auftrag gehabt, "eine umfassende sicherheitstechnische Bewertung abzugeben", komme aber gleichwohl zu dem Ergebnis: "Aus sicherheitstechnischer Sicht bestehen daher gegen den weiteren Betrieb ... keine Bedenken." Das betrachtet das Umweltministerium als unzulässig.

Angesichts steigender Preise und drohender Energieknappheit ist eine Debatte um die weitere Nutzung der verbleibenden deutschen Atomkraftwerke entbrannt. Eigentlich ist vorgesehen, dass die verbliebenen Meiler Isar 2 in Niederbayern, Emsland in Niedersachsen und Neckarwestheim 2 in Baden-Württemberg zum Jahresende außer Betrieb gehen.

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