Intrigen in der CSU:Schwarze Anschwärzer

JU rebelliert gegen CSU

Am Samstag trifft sich die CSU zur Kandidatenkür für die Bundestagswahl.

(Foto: dpa)

Feind, Todfeind, Parteifreund: Gleich mehrere CSU-Insider haben in den vergangenen Tagen anonyme Briefe an die Medien verschickt und darin Parteikollegen verunglimpft. Einer der Schreiber hat sich dabei allerdings etwas ungeschickt angestellt - und wurde prompt entlarvt.

Von Stefan Mayr

Je näher Wahlen rücken, desto mehr Bedeutung gewinnt die parteiübergreifend gültige Steigerung "Feind, Todfeind, Parteifreund". In der CSU ist in diesen Tagen eine neue Abwandlung dieser Formel zu beobachten: "Schwarz, Schwärzer, Anschwärzer". Zuletzt haben gleich mehrere Insider anonyme Briefe oder Mails verfasst und an die Medien verschickt. Der Inhalt war immer ähnlich: Parteikollegen werden kritisiert und verunglimpft. Dabei wird ihnen, entweder explizit oder zwischen den Zeilen, die Befähigung für ein Mandat abgesprochen.

Einer dieser Briefe hat bereits durchschlagende Wirkung erzielt - allerdings nicht ganz so, wie sich das der Autor vorgestellt hatte: Er wurde entlarvt und musste seinen Platz auf der Liste der Landtagskandidaten räumen. Der Fall ist nicht nur für Stefan Einsiedel, so heißt der schwarze Anschwärzer, peinlich, sondern auch für die Junge Union Oberbayern und die CSU Ingolstadt.

Der 34-Jährige warf in seinen Briefen anderen JU-Kollegen vor, sie hätten bei einer China-Reise die politische Arbeit vernachlässigt und vor allem Sightseeing, Wellness und Shopping betrieben. Zudem habe die Reise 4100 Euro pro Nase gekostet, die Teilnehmer hätten aber nur 150 bezahlt. Dem Vernehmen nach legte Einsiedel als vermeintliche Beweise sogar gefälschte Dokumente bei.

Die Vorwürfe erwiesen sich als haltlos. Zudem machte der Schreiber einen kleinen Fehler: Er beschriftete die Umschläge per Hand. So fanden die von ihm Beschuldigten mit einem grafologischen Gutachten schnell heraus, wer die bösen Briefe verschickt hatte. Einsiedel leugnete wochenlang, bis er seine Tat intern endlich zugab.

Obwohl er als Nachwuchshoffnung der CSU Ingolstadt galt, trat er vergangene Woche plötzlich als Landtags-Listenkandidat zurück. Der Kreisverband begründete dies zunächst mit "einer unerwarteten und komplexen Mischung aus beruflichen und privaten Herausforderungen". So kann man das auch nennen. Inzwischen hat Einsiedel einen weiteren Brief geschrieben. Diesmal entschuldigte er sich bei den Beteiligten für sein "idiotisches Verhalten". Die Staatsanwaltschaft München ermittelt.

"Idiotisches Verhalten"

Ein anderer Briefeschreiber geht geschickter vor und ist noch nicht enttarnt. "CSU Anonymous" verfasste bislang drei Mails, in denen er Stimmung macht gegen Parteichef Horst Seehofer ("Frauen müssen sich in der CSU hinten anstellen, und Horst Seehofer unterstützt das genau so."), die JU-Landesvorsitzende Katrin Albsteiger ("vor der Abwahl") und andere CSU-Leute.

Alle Mails drehen sich um die CSU-Liste für die Bundestagswahl. Der Verfasser ist durchaus gut informiert: Albsteiger bestätigt, dass der JU-Vorstand sie beauftragte, die Listenplätze für die JU-Leute nachzuverhandeln, weil er mit ihrem ersten Ergebnis nicht zufrieden war. Dabei sei ihr aber nicht die Abwahl angedroht worden.

Am Samstag treffen sich die Streithähne in der Münchner Messe zur Wahl der Liste. Dabei muss Albsteiger nach eigener Aussage "wohl" in eine Kampfabstimmung um Platz eins gegen die Vertreterin der Frauen-Union, Barbara Lanzinger. Seehofer kennt die Mails und hat sie am Donnerstag kommentiert - er nannte sie schlicht: "Pipifax".

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