Interview mit Peter Gauweiler:"Das ist nicht zu verantworten"

Die Entscheidung des bayerischen Innenministeriums, Beamte nach Afghanistan zu schicken, sorgt für Ärger in der CSU: Peter Gauweiler über eine verhängnissvolle Fehlentscheidung und den offenen Bruch eines Wahlversprechens.

Birgit Kruse

sueddeutsche.de: Bayern ist bislang das einzige Bundesland, das keine Polizeibeamten nach Afghanistan geschickt hat. Das soll sich laut Innenminister Joachim Herrmann nun ändern. Die richtige Entscheidung?

Interview mit Peter Gauweiler: Peter Gauweiler: Von 1986 bis 1990 war der CSU-Mann Staatssekretär im Innenministerium - und hat sich den Ruf eines "Law-and-Order-Mannes" erworben.

Peter Gauweiler: Von 1986 bis 1990 war der CSU-Mann Staatssekretär im Innenministerium - und hat sich den Ruf eines "Law-and-Order-Mannes" erworben.

(Foto: Foto: dpa)

Peter Gauweiler: Das ist der offene Bruch eines gegeben Wahlversprechens. Die bayerische Staatsregierung unter Ministerpräsident Günther Beckstein sowie unter Innenminister Herrmann hat vor der Landtagswahl mündlich und schriftlich erklärt, dass Bayern nicht beabsichtigt, Polizeibeamte in den afghanischen Bürgerkrieg zu schicken. Ende November 2007 hat mir Herrmann erst noch einen Brief geschrieben, in dem er diese Entscheidung noch mal bekräftigt hat.

sueddeutsche.de: Herrmann begründet die Entscheidung aber damit, dass Bayern bislang ein falsches Signal gesetzt hätte.

Gauweiler: Das Signal war aber nicht falsch, sondern völlig richtig. In seinem Schreiben an mich betont der Innenminister, dass Afghanistan nach dem Irak der Staat mit der höchsten Gefährdung und dem höchsten Anschlagrisiko für alle westlichen Kräfte sei.

sueddeutsche.de: Woher dann dieser plötzliche Sinneswandel?

Gauweiler: Das ist mir völlig unbegreiflich - und von der Sache her nicht zu rechtfertigen. Über die Schwäche dieser Entscheidung kann man nur das Haupt verhüllen und sich vor die Stadtmauern setzen und klagen.

sueddeutsche.de: Also ist Herrmann eingeknickt.

Gauweiler: Ganz klar. Das schadet aufs Schärfste. Es kann nur unsachlicher politischer Druck im Spiel gewesen sein.

sueddeutsche.de: Sie meinen, Druck aus der eigenen Partei? Vielleicht vom Generalsekretär im Auftrag der CSU?

Gauweiler: Im Auftrag der CSU bestimmt nicht. Schließlich lehnt die überwiegende Mehrheit unsere Mitglieder die deutsche Beteiligung am Afghanistan-Krieg ab. Inwieweit der Kollege von und zu Guttenberg bei Minister Herrmann intern vorstellig wurde, müssen Sie ihn schon selber fragen. Der Generalsekretär müsste eigentlich andere Aufgaben haben.

sueddeutsche.de: Ist die Linie des Innenministeriums auch die von Ministerpräsident Horst Seehofer?

Gauweiler: Ich hoffe nicht und habe mich heute bei ihm zur Vorsprache angemeldet.

sueddeutsche.de: Warum kommt die Entscheidung aus dem Innenministerium gerade zu diesem Zeitpunkt?

Gauweiler: Das ist mir völlig unbegreiflich. Jahrelang hat das bayerische Innenministerium immer offen die extreme Gefährdungslage in Afghanistan betont. Und jetzt, wo das Scheitern der Interventionsstrategie offen zutage tritt, in dem Moment, wo westliche Länder konkrete Abzugsdaten nennen, unterstützen wir das Karsai-Regime, das bekanntlich tief im Drogensumpf steckt, durch die Entsendung von uniformierten Polizisten. Das ist eine verhängnisvolle Fehlentscheidung. Ich habe Minister Herrmann dringend aufgefordert, diese zu korrigieren.

sueddeutsche.de: Glauben Sie wirklich, dass man Herrmann noch von dieser Linie abbringen kann?

Gauweiler: Ich setze dabei auf die Kraft der Argumente und erwarte auch, dass sich der bayerische Landtag mit der Angelegenheit befasst. Es gibt kein sachliches Argument für diese Kehrtwende des bayerischen Innenministeriums - zumal sich mehr und mehr die Erkenntnis durchsetzt, dass sich der Einsatz in Afghanistan zu einem fürchterlichen Bürgerkrieg entwickelt.

Letzte Woche mussten sich Bundeswehrgeneräle gegen rechtswidrige Tötungsbefehle des US-Oberfehlshabers Graddock bereits zur Wehr setzen. Und wer in einem Bürgerkrieg die Seite, die das Polizeiministerium hält, mit Ausbildern stützt, lässt sich in diesen Bürgerkrieg hineinziehen. Nochmal: Das ist nicht zu verantworten.

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