Interview am Morgen:"Frauen müssen doppelt so gut und dreimal so hart im Nehmen sein"

Söder vor Aigner

Sieht spaßig aus, aber die Beziehung zwischen Bayerns designiertem Ministerpräsidenten Markus Söder und Wirtschaftsministerin Ilse Aigner ist durchaus verbesserungsfähig.

(Foto: picture alliance / dpa)

Das gilt schon für normale politische Verhältnisse. Wie sich Frauen in einer Partei voller Alphamänner durchsetzen können, erklärt CSU-Politikerin Christine Haderthauer im Interview am Morgen.

Von Ingrid Fuchs

Der monatelange Machtkampf in der CSU ist beendet, eine Doppelspitze aus zwei Alphamännern soll die Partei in die Landtagswahl führen. Kann das gutgehen? Und wann endlich wird die Partei jünger und weiblicher? Christine Haderthauer hat die Politik in Bayern 15 Jahre lang mitgestaltet - als Generalsekretärin unter der Doppelspitze Huber/Beckstein, als Ministerin am Kabinettstisch mit Markus Söder, als Staatskanzleichefin unter Ministerpräsident Seehofer. Sie kennt die CSU und ihre Eigenheiten.

SZ: Frau Haderthauer, Markus Söder rückt seinem Traum an diesem Wochenende näher: Auf dem CSU-Parteitag soll Horst Seehofers ungeliebter Kronprinz zum Spitzenkandidaten für die bayerische Landtagswahl bestimmt werden. Uns erwartet ein kalkuliertes Schauspiel der Harmonie. Die ehemalige Kronprinzessin Ilse Aigner steht auf dem Parteitag zwar nicht zur Wahl - aber unwichtig ist die Wirtschaftsministerin in der männerdominierten CSU doch wohl nicht?

Christine Haderthauer: Ilse Aigner ist eine zentral wichtige Person, noch wichtiger als bei der letzten Landtagswahl. Damals war Horst Seehofer auf Platz eins der oberbayerischen CSU-Wahlkreisliste. Da er nicht mehr antritt, ist Ilse Aigner allein die starke Figur Oberbayerns. Nur mit ihr gemeinsam hat Söder überhaupt die Chance, ein gutes Wahlergebnis einzufahren. Er muss ihr jetzt auf Augenhöhe begegnen und dafür sorgen, dass es ein Teambuilding gibt, kein Gegeneinander. In welcher Position Ilse Aigner weitermacht, muss sie für sich entscheiden.

Interview am Morgen

Diese Interview-Reihe widmet sich aktuellen Themen und erscheint von Montag bis Freitag spätestens um 7.30 Uhr auf SZ.de. Alle Interviews hier.

Bislang ist Aigner gegen Söder aber nicht angekommen, wieso soll das jetzt funktionieren?

Es ist wichtig, dass wir starke Persönlichkeiten in der Partei haben, die einen Markus Söder gut ergänzen. Wir hatten immer den Anspruch, die Facetten und Strömungen in der Bevölkerung Bayerns breit abzubilden. Markus Söder hat viele gute Eigenschaften, aber polarisiert natürlich auch. Das hat Vorteile - das hat aber auch Nachteile. Deshalb ist es wichtig, dass ein starkes Team da ist, mit Menschen in führenden Positionen, die auch wahrgenommen werden und das Spektrum verbreitern. Und da ist Ilse Aigner unverzichtbar.

Was würden Sie den Frauen in der CSU raten, die nach oben kommen wollen?

Da könnten wir untereinander viel tun. Ich erlebe häufig, dass Frauen selber leider häufig ein Problem mit anderen starken Frauen haben. Der Widerstand kommt oft von Kolleginnen. Das ist übrigens auch Ilse Aigner so gegangen. Es war nicht so, dass nur alle Männer für Markus Söder gewesen wären und alle Frauen für Ilse Aigner. Bei der Frage "wen will ich als Führungsfigur" werden leider immer noch von beiden Geschlechtern an Frauen wesentlich strengere Maßstäbe angelegt als an Männer.

Haderthauer weist Vorwürfe zurück

Christine Haderthauer hat die Politik in Bayern 15 Jahre lang mitgestaltet (Archivbild von 2013).

(Foto: dpa)

Also wollen auch Frauen das berüchtigte Alphatier-Gehabe ...

... genau! Was Frauen selber zwar manchmal verurteilen, aber instinktiv offenbar dann doch erwarten. Das zieht sich leider durch, besonders in der Politik. Gerade von vielen Frauen kam die Aussage, dass sie es der Ilse nicht zutrauen. Und wenn man dann nachgefragt hat, kamen Argumente, die genauso auf einen Mann zutreffen würden.

Liegt es daran, dass Männer einfach lauter auftreten?

Ja. Aber bei einem Mann stört es nicht. Frauen müssen doppelt so gut und dreimal so hart im Nehmen sein, um in der Politik eine vergleichbare Karriere wie Männer zu machen. Als Tipp würde ich deshalb mitgeben: Lernen, mit den Männern umzugehen, lernen, dass es Rituale der Macht gibt, aber dennoch möglichst authentisch bleiben. Sich nicht verbiegen, nicht der bessere Mann sein, nicht das brave Mädchen sein, um jedem zu gefallen. Sondern geradlinig seinen Weg gehen und hoffen, dass man dadurch dazu beiträgt, dass diese eingefleischten Sichtweisen sich immer mehr nivellieren. Im Grunde so, wie Ilse Aigner das auch macht.

Was neben der Geschlechterdebatte auf Markus Söder zukommt, ist die Frage nach dem Generationswechsel in der Partei. Was bedeutet das denn personell?

Generationswechsel ist mehr als nur die Spitze verjüngen. Damit das kein Schlagwort bleibt, muss er echt gelebt werden. Wenn Sie sich erinnern: Einen Generationswechsel hätte Horst Seehofer ja jetzt vorgenommen. Er hatte schon angekündigt, dass er nach der Bundestagswahl eine Kabinettsumbildung macht, um das Team für die Landtagswahl 2018 in Bayern aufzustellen. Da hätte es natürlich auch eine Verjüngung gegeben.

Auch durch weibliche Gesichter? Derzeit sind fünf Frauen im Kabinett, die jüngsten sind Gesundheitsministerin Melanie Huml mit 42 Jahren und Umweltministerin Ulrike Scharf mit 49 Jahren. Wer käme noch infrage?

Gerade weil Frauen eher sachorientiert und weniger machtorientiert mitarbeiten, werden sie erst als Hoffnungsträgerin sichtbar, wenn sie eine Position haben. Jeder wächst mit seiner Aufgabe. Ulrike Scharf ist da ein gutes Beispiel, sie ist von vielen unterschätzt worden - besonders von Frauen. Als Umweltministerin hat sie einen schweren Job, den macht sie aber meiner Meinung nach hervorragend - auch wenn viele das nicht geglaubt haben. Natürlich müssen Amt und Person immer zusammenpassen. Da gibt es viele, denen man einiges zutrauen kann. Und der alte Spruch der Männer, wir hätten ein riesiges Frauenproblem in der Landtagsfraktion, ist auch wieder nur so ein gern strapaziertes Schlagwort. Wir haben genügend gute Frauen.

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