Nürnberg:Integrationsrat mit Rassismusproblem

Nürnberg: Im Nürnberger Rathaus (links) gibt es Ärger im Integrationsrat.

Im Nürnberger Rathaus (links) gibt es Ärger im Integrationsrat.

(Foto: Sebastian Beck)

Eigentlich sollen sie sich für die Interessen von Zuwanderern einsetzen - zwei Rätinnen haben sich stattdessen mit unverhohlen rassistischem Zungenschlag geäußert. Über eine Malaise in Nürnberg.

Von Olaf Przybilla, Nürnberg

Ein Integrationsrat ist eine feine Sache, idealerweise sollte man aber auch integrierendes Personal dafür haben. In Nürnberg ist Letzteres dieser Tage ein bisschen ins Zwielicht geraten, um mal das Mindeste zu sagen. Dort nämlich ist just beim Zusammentreten des neu gewählten Rates bekannt geworden, was eine der Rätinnen einst auf einer der sogenannten sozialen Plattformen zum Besten gegeben hat: "Bitte verstehen Sie, dass es für mich einfacher ist, ,Zigeuner' zu schreiben statt ,Arbeitslose der Roma-Ethnie mit Vorstrafen'".

Nun muss man wissen, dass der Integrationsrat eine der historischen Vorzeigeeinrichtungen der Stadt Nürnberg ist. Vor 50 Jahren als "Ausländerbeirat" gegründet vertritt das Gremium die Interessen von Zuwanderinnen und Zuwanderern, was in einer Stadt wie Nürnberg, wo mehr als 40 Prozent der Einwohner eine internationale Geschichte aufweisen, keine so ganz kleine Aufgabe ist.

Die Beziehungen des Rates zu den Parteien sind traditionell eher lose, trotzdem ist der Fall gerade mitten in die klassischen Debatten kurz vor einer Landtagswahl geraten. Immerhin hatte besagte Rätin bei der Kommunalwahl 2020 auf einem der letzten Listenplätze für die CSU kandidiert und zwar mit dem Leitspruch "Zusammenhalt durch Integration". Abgebildet neben dem heutigen CSU-Oberbürgermeister Marcus König ließ sie wissen, erfolgreiche Integration basiere auf Bildung, Berufsausbildung, Sprachkenntnissen - und Respekt. Wohl wahr.

Zwar hat sich die Respekt-Theoretikerin inzwischen vor dem Rat entschuldigt. Viele Jahre her sei ihr Post, sie verstehe gar nicht, warum aus einer "Mücke ein Elefant" gemacht werde, sagte sie noch dem BR ins Mikro. Seither aber tauchen weitere ungute Ex-Einlassungen nicht nur von ihr auf, sondern auch von einer weiteren Rätin, ebenfalls mit unverhohlen rassistischem Zungenschlag. Sarkasten sprechen bereits vom "Desintegrationsrat".

Dass nun allerlei gefordert wird im politischen Nürnberg - der Oberbürgermeister müsse unverzüglich eingreifen, der Stadtrat, die CSU -, sei ja alles einigermaßen verständlich, sagt Gülay Incesu-Asar. Die Geschäftsführerin des Rates macht aber auch darauf aufmerksam, dass die meisten dieser Forderungen schon rein rechtlich gar nicht möglich sind. "Sehr traurig" sei der Start des Rates, keine Frage, "die Fronten verhärtet".

Falls am Ende einer Debatte freilich die Erkenntnis stehen sollte, dass Zuwanderer - trotz eigener Diskriminierungserfahrungen - sprachlich ebenso desintegrierend daneben greifen können wie Nicht-Zuwanderer, so könne man auch daran noch gesellschaftlich reifen.

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