Joachim Herrmann:Bayern an der Grenze der Integrationsfähigkeit

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Eine Woche nach Sarrazins Buchpräsentation entdeckt die CSU das Thema Integration neu: Bayerns Innenminister Herrmann warnt vor "massenhafter Zuwanderung."

Mit seinen umstrittenen Thesen sorgt Thilo Sarrazin seit Tagen im Bund für Wirbel. Nun haben Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) und Sozialministerin Christine Haderthauer eine Vorausberechnung des Landesamts für Statistik und Datenverarbeitung vorgelegt. Demnach werde im Jahr 2020 fast jeder vierte Einwohner Bayerns einen Migrationshintergrund haben - das sind 23 Prozent der bayerischen Bevölkerung.

Fast jeder vierte Einwohner Bayerns wird in zehn Jahren Migrationshintergrund haben - das ist die zentrale Aussage einer Statistik, die Integrationsministerin Haderthauer und Innenminister Herrmann vorstellten. (Foto: dpa)

Schon heute habe knapp jeder fünfte Bayer (19 Prozent) einen Migrationshintergrund. "Eine weitere massenhafte Zuwanderung würde die Integrationsfähigkeit unseres Landes überfordern", sagte Herrmann. "Vielmehr muss im Vordergrund die Integration der bereits hier lebenden Migranten stehen. Das ist eine große Herausforderung."

Für die kommenden zehn Jahre wird ein Bevölkerungswachstum im Freistaat von rund 1 Prozent auf 12,7 Millionen Einwohner prognostiziert. "Die Zunahme wird dabei weitgehend von den Personen mit Migrationshintergrund getragen", sagte der Minister. Bei ihnen werde ein Anstieg von 23 Prozent auf fast 3 Millionen erwartet, während die Bevölkerung ohne Migrationshintergrund gleichzeitig um 4 Prozent auf 9,7 Millionen zurückgehen werde.

"Bei uns wird Deutsch gesprochen"

"Die Personen ohne Migrationshintergrund verlieren entsprechende Bevölkerungsanteile" - von 81 Prozent im Jahr 2007 auf 77 Prozent im Jahr 2020. "Es geht nicht um eine Überfremdung, aber wir müssen die Integration ernst nehmen", betonte Herrmann und bezog sich damit auf die umstrittenen Thesen des ehemaligen Berliner Finanzsenators Thilo Sarrazin.

Der Anstieg des Migrantenanteils sei mit Herausforderungen verbunden, denen sich auch die Sicherheitspolitik stellen müsse. Jugendliche Migranten seien überdurchschnittlich oft an Straftaten beteiligt, sagte Herrmann und stellte auch Bezüge zur Religion her. "Es ist unübersehbar, dass wir unter denen, die nicht integriert sind, einen weit überproportionalen Anteil an Muslimen haben." Er forderte Einwanderer auf, sich bestmöglich in die deutsche Gesellschaft zu integrieren. "Es wird bei uns Deutsch gesprochen und es gelten unsere Gesetze und Regeln."

Sozialministerin Haderthauer betonte dagegen auch die Verantwortung der deutschen Gesellschaft. "Dieses innere Ja zu einer Gesellschaft kann nur entstehen, wenn die Gesellschaft auch zu Dir ja sagt." An der deutschen Sprache gehe aber nichts vorbei. Sie sei eine "Bürgerpflicht". "Multikulti ist das größte bundespolitische Integrationshindernis der letztes Jahre", sagte Haderthauer - auch in Richtung Berlin. "Bayern ist nicht Berlin", meinte sie. Im Freistaat funktioniere die Integration von Ausländern deutlich besser. Sie wünsche sich, dass auch Integrationserfolge hervorgehoben werden. Viele Menschen mit ausländischen Wurzeln seien heute auch Leistungsträger unserer Gesellschaft.

Seehofer warnt vor "abstrakten Diskussion"

Kurz nach der Präsentation der Statistik meldete sich auch der CSU-Vorsitzende und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer zu Wort. Angesichts des Wirbels um die Thesen von Sarrazin warnte er vor einer "abstrakten" Diskussion über die Integration von Zuwanderern. Seehofer betonte in München, Sarrazin habe zwar "ohne Zweifel einiges Unsägliches gesagt". Richtig sei aber, dass es Probleme bei der Integration gebe. Diese Schwierigkeiten müsse man "mit konkreten Maßnahmen überwinden". So werde in Bayern nachhaltig die Integrationsbereitschaft von Migranten eingefordert.

Die Frage, ob das SPD-Mitglied Sarrazin auch in der CSU mit einem Parteiausschluss-Verfahren rechnen müsste, wollte Seehofer "nicht beantworten". Zur Begründung sagte der CSU-Chef mit Blick auf das umstrittene Mitglied des Bundesbank-Vorstands, eine Stellungnahme zu diesem Thema wäre "zu viel der Ehre".

Spaenle fordert stärkere schulische Integration

Der bayerische Kultusminister Ludwig Spaenle (CSU) fordert unterdessen verstärkte Integrationsanstrengungen von Zuwandererfamilien mit schulpflichtigen Kindern. "Die Schule ist der Ort in der Gesellschaft, in dem Integration in besonderer Weise geleistet werden kann. Dazu bedarf es allerdings der aktiven Teilnahme aller Zuwandererfamilien", erklärte Spaenle. Noch würden sich nicht alle Familien dieser Herausforderung stellen.

"Die Schulen stoßen dann an Grenzen, wenn die Eltern die Lehrkräfte nicht in ihrer anspruchsvollen Aufgabe nachdrücklich unterstützen", erklärte Spaenle. Eltern von Zuwandererkindern müssten am schulischen Leben teilnehmen und sich die deutsche Sprache aneignen. Diese sei "der Schlüssel zur Integration und zum schulischen Erfolg".

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