Insolventer Verlag:Weltbild droht massiver Stellenabbau

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Vom Vorzeige-Unternehmen zum Sanierungsfall: Der insolvente Augsburger Verlagsgruppe Weltbild soll verkauft werden. (Foto: dpa)

Insolvenzverwalter Geiwitz serviert Geschäftsführer Carel Halff ab und legt ein Konzept vor, mit dem Weltbild für Käufer hübsch gemacht werden soll. Die Inhalte sind geheim, einig sind sich alle in einem Punkt: Es werden Stellen abgebaut werden müssen.

Von Stefan Mayr

Für die insolvente Augsburger Verlagsgruppe Weltbild hat die entscheidende Phase im Kampf um die Zukunft begonnen: Der vorläufige Insolvenzverwalter Arndt Geiwitz erwirkte nun per Gerichtsbeschluss, dass der bisherige Geschäftsführer Carel Halff endgültig entmachtet wird - und dass Geiwitz fortan alleine entscheiden kann. Zudem hat Geiwitz zusammen mit der Unternehmensberatung Roland Berger ein Grobkonzept erstellt, mit dem er potenziellen Käufern darlegt, wie sie mit Weltbild künftig Geld verdienen könnten.

Die konkreten Inhalte dieses Konzepts sind zwar streng geheim, über ein Detail herrscht allerdings bei allen Beteiligten Einigkeit: Es wird einen massiven Stellenabbau geben müssen. Zwar gilt nach wie vor das erklärte Ziel, das Unternehmen komplett weiterzuführen. Doch auch in diesen Fall muss Weltbild für mögliche Käufer hübsch gemacht werden - und das geht nur durch eine strikte Schlankheitskur. Schließlich hat Weltbild nach Gewerkschafts-Angaben im Geschäftsjahr 2013 etwa 100 Millionen Euro Verlust gemacht.

Um einen seriösen Investor anzulocken, muss Geiwitz aber nachweisen, dass Weltbild Gewinne erwirtschaften kann. Dies gehe nur mit "Sanierungsmaßnahmen", die Weltbild "zu einem beweglichen und leistungsstarken Unternehmen" machen. Mit diesen Worten wird Geiwitz im Blog der Gewerkschaft Verdi zitiert. Nach Angaben seines Sprechers können alle Kauf-Interessenten derzeit in einem virtuellen Daten-Raum Einblick in die Geschäftsbücher und das Zukunftskonzept nehmen. Bis Ende Februar will Geiwitz erste konkrete Kauf-Angebote auf dem Tisch haben.

"Es wird wohl einen ziemlichen Schlag geben"

Für nächste Woche ist ein Termin in der Staatskanzlei in München angesetzt, bei dem voraussichtlich auch Arbeits- und Sozialministerin Emilia Müller (CSU) dabei sein wird. In dem "Arbeitskreis" soll es um Fördergeld gehen, das nach Ende des vorläufigen Insolvenzverfahrens von April an ausbezahlt werden kann. Da staatliche Subventionen aus Töpfen des Freistaats und der EU für insolvente Unternehmen als ausgeschlossen gelten, wird in der Runde womöglich über Zuschüsse für Umschulungs- und Weiterbildungs-Maßnahmen gesprochen, die entlassene Mitarbeiter auffangen sollen. Wie viele der 2200 Beschäftigten betroffen sein werden, kann und will noch niemand sagen. Ein Mitarbeiter mutmaßt nur: "Es wird wohl einen ziemlichen Schlag geben."

Wie heftig dieser Schlag ausfallen wird, hängt auch davon ab, ob und wie die Hugendubel GmbH aus der gemeinsamen Deutsche Buch Handel Holding (DBH) herausgelöst wird. Die Verhandlungen hierüber dauern nach wie vor an. Wie die Gewerkschaft Verdi auf ihrem Blog berichtet, sei Geiwitz angesichts dieses Problems zunehmend ungeduldig. Schließlich hilft das beste Zukunftskonzept nichts, solange die wichtige Frage DBH ungeklärt ist.

Nach Verdi-Angaben ist die bisherige Weltbild-Geschäftsführung über das Geiwitz-Konzept "nicht glücklich". Dieser Disput über das künftige Gesicht der Verlagsgruppe war womöglich auch ein Grund dafür, dass Geiwitz sich vom Insolvenzgericht nun offiziell als Alleinherrscher über Weltbild einsetzen ließ. Bislang musste er für alle Verträge die Unterschrift des bisherigen Geschäftsführers Halff einholen. Künftig kann Geiwitz viel schneller Entscheidungen treffen, auch und vor allem in Verhandlungen mit potenziellen Investoren. Geiwitz' Vorgehen ist freilich nicht unüblich, Juristen sprechen davon, "einen schwachen zum starken Insolvenzverwalter" zu machen.

Für Carel Halff bedeutet dieser Schritt dagegen die endgültige und komplette Entmachtung. Der 62-jährige Niederländer ist seit 1975 für Weltbild tätig und hat den einst kleinen katholischen Zeitschriftenverlag zu einem der größten europäischen Internet-, Buch- und Medien-Handelskonzernen aufgebaut. Nun muss er zusehen, wie sein Lebenswerk abgewickelt wird. Für eine Stellungnahme ist er trotz mehrmaliger Anfragen nicht erreichbar. Vor fünf Wochen hat der kirchliche Medienhandels-Konzern überraschend Insolvenz angemeldet, nachdem die katholischen Gesellschafter eine weitere Finanzspritze abgelehnt hatten.

Unterdessen bekräftigte der Kölner Verlag Bastei Lübbe sein Interesse an den Internet-Geschäftsbereichen "weltbild.de" und "buecher.de". "Das Interesse ist da, wir haben Einblick in den Datenraum", sagte Verlagschef Thomas Schierack am Montag am Rande einer Investorentagung der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings habe Weltbild "eine schwierige Struktur". Ob Bastei Lübbe letztlich einsteige, könne er noch nicht sagen. Neben dem Internetgeschäft könnte "möglicherweise auch der Versandhandel interessant sein", erklärte Schierack. Eine Komplettübernahme käme aber nicht in Frage. Nach Informationen der Süddeutschen Zeitung erwägen zwei andere Unternehmen den Kauf der kompletten Verlagsgruppe - wenn auch in abgespeckter Form.

© SZ vom 19.02.2014 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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