Streit um Blockabfertigung:Nun macht auch Bayern dicht

Lesezeit: 3 Min.

Stau beim Autobahndreieck Inntal ist an Tagen mit Blockabfertigung in Tirol ein normales Bild. (Foto: Angelika Warmuth/dpa)

Weil die Lkw-Staus Richtung Österreich die Grenzregion massiv belasten, will Ministerpräsident Söder die Straßen abseits der Autobahnen für Lastwagen sperren. Vor Ort ist man überrascht - und froh, dass endlich etwas passiert.

Von Maximilian Gerl, Matthias Köpf und Patrick Wehner, Rosenheim/München

An diesem Donnerstag treten im österreichischen Bundesland Salzburg wieder die sommerlichen Abfahrtsperren von der Tauernautobahn in Kraft. Bis in den September hinein dürfen Autos auf der Durchreise jeweils von Donnerstag bis Sonntag auch bei Stau nicht auf die Landstraßen ausweichen, damit sie dort nicht die Ortschaften verstopfen. Tirol wird am Montag das nächste Mal zum umstrittenen Mittel der Blockabfertigung greifen, so wie insgesamt 38 Mal in diesem Jahr. Lkws dürfen auf der Inntalautobahn dann nur nach und nach ins Land, damit in Tirol der Verkehr nicht stockt.

Weil sich die Lastwagen dann oft weit nach Bayern hinein und oft zurück bis auf die A 8 bei Rosenheim stauen und stattdessen viele Fahrer ihr Heil auf dem Weg durch die Dörfer suchen, hat Ministerpräsident Markus Söder (CSU) jetzt per Twitter und im Münchner Merkur seinerseits das Sperren von Ausfahrten entlang der A 93 und der A 8 für den Lkw-Transitverkehr verlangt. Dafür erntet er Zustimmung aus dem bayerischen Inntal - und vom Tiroler Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP).

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"Bayerns Geduld geht zu Ende", twitterte Söder am Mittwoch. "Bei jeder Blockabfertigung durch Tirol fahren unzählige Lkw durch Ortschaften im Inntal und in Oberbayern. Wir brauchen Maßnahmen zum Schutz der heimischen Bevölkerung." Im Inntal ist die Geduld eigentlich längst aufgebraucht. Die Verkehrsbelastung sei "erdrückend", sagt Neubeuerns Bürgermeister Christoph Schneider.

Lkws würden versuchen, durch Neubeuern über die Grenze zu kommen. Da diese für Lkws aber auch meistens gesperrt sei, kämen sie wieder zurück. Die Folge: Verkehrschaos, verspätete Schulbusse, Pflege- und Rettungsdienste im Stau. Neubeuern und die Nachbargemeinde Nußdorf haben deswegen ein Gutachten in Auftrag gegeben, das eine Sperrung für Lkws ab 7,5 Tonnen empfiehlt. "Ich glaube, dass dieses Ergebnis mindestens dazu beigetragen hat, dass die Sperrung jetzt zur Chefsache geworden ist", sagt Schneider, der sich auch darin mit seiner Nußdorfer Kollegin Susanne Grandauer einig ist. "Ich bin sehr froh, dass Söder reagiert hat", sagt Grandauer und betont zugleich, dass mit solchen Sperren nur Symptome behandelt würden und nicht die Ursachen. Der Verkehr müsse mittelfristig weg von der Straße hin zur Schiene.

Auch Matthias Bernhardt, Bürgermeister in Oberaudorf, kann Söders Vorschlag durchaus etwas abgewinnen, solange es keine einvernehmliche Lösung mit der österreichischen Seite gebe. Für seinen Brannenburger Kollegen Matthias Jokisch ist der Söder-Vorstoß sogar "alternativlos". Verkehr könne man das nämlich nicht mehr nennen, was sich da durch Brannenburg bewege. "Verkehr fließt ja, aber bei uns im Ort steht alles." Der Bürgermeister des Grenzorts Kiefersfelden, Hajo Gruber, zeigt bei all dem auch ein gewisses Verständnis für die Österreicher, die mit der Blockabfertigung aber über das Ziel hinausschössen. "Der Verkehr muss auf die Schiene, alles andere ist verrückt."

Wie die Sperren funktionieren sollen, ist noch unklar

Genau das fordert Tirols Landeshauptmann Platter unablässig. Weil er dabei die längste Zeit das nötige Engagement auf deutscher Seite etwa für den Bau neuer Gleise zum Brennerbasistunnel vermisst hat, setzt er die Blockabfertigung offen als politisches Druckmittel ein. Söders Forderung interpretierte er am Mittwoch als Bestätigung der Tiroler Anti-Transit-Politik. "Der Transitverkehr entlang des Brennerkorridors entsteht nicht in Tirol oder Bayern. Vielmehr sind wir Opfer einer verfehlten europäischen Verkehrspolitik, die den Transport auf der Straße stark begünstigt und in den vergangenen Jahren eine Transitlawine ausgelöst hat." Zugleich lobt Platter, dass nach langem Widerstand der Staatsregierung und etlicher CSU-Verkehrsminister inzwischen auch Söder eine Verteuerung des Lkw-Transits über den Brenner verlangt.

Wie das genau mit den neuen Sperren funktionieren soll, blieb am Mittwoch unklar - außer, dass sie nur für Lkws im Transitverkehr gelten sollen. Am Landratsamt Rosenheim wirkte man überrascht von Söders Tweet. Gespräche habe es zwar gegeben, zur Umsetzung wisse man aber nichts Näheres. Landrat Otto Lederer (CSU), der eine Reaktion auf die Blockabfertigung für "unausweichlich" hält, würde an den entsprechenden Tagen ein Sperren der Ausfahrten durch den Bund bevorzugen. "Plan B wäre, dass wir für die Staats- und Kreisstraßen selbständig Regelungen treffen." Das bayerische Innenministerium hat am Mittwoch nach eigenen Angaben die Regierung von Oberbayern gebeten, mit dem Landratsamt und den Gemeinden ein Konzept zu entwickeln, wie sich die betreffenden Ausfahrten für Lkws ab 7,5 Tonnen sperren lassen.

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