Innerparteilicher Streit:Wo sich die CSU selbst zum Gegner wird

Die Auseinandersetzungen innerhalb der CSU bleiben nicht ohne Folgen: In mehreren Kommunen ist die Partei längst in zwei unversöhnliche Lager gespalten. Eine Zwischenbilanz zu der Krise der Christsozialen.

Die CSU auf Landesebene ist dabei, ihre Reihen zu schließen. Denn die Landtagswahl 2013 verspricht spannend zu werden. Schließlich will Münchens SPD-Oberbürgermeister Christian Ude in einem Bündnis mit Grünen und Freien Wählern Ministerpräsident Horst Seehofer aus seinem Amt vertreiben. Auf lokaler Ebene zeigt die CSU aber immer wieder bedenkliche Auflösungserscheinungen. Jüngster Brandherd ist Augsburg, wo sich die CSU bereits vor 30 Jahren einmal gespalten hat, was die Partei damals politischen Einfluss und viel Substanz kostete. Wir zeigen auf, wo es noch kriselt und wo es ebenfalls bereits zu CSU-Spaltungen gekommen ist.

Innerparteilicher Streit: Auf Landesebene versucht die CSU, ihre Reihen zu schließen. Auf lokaler Ebene aber zeigt die Partei bedenkliche Auflösungserscheinungen.

Auf Landesebene versucht die CSU, ihre Reihen zu schließen. Auf lokaler Ebene aber zeigt die Partei bedenkliche Auflösungserscheinungen.

(Foto: AP)

Augsburg

Der Streit in der Augsburger CSU steuert immer mehr auf eine Spaltung zu. Am kommenden Montag wollen Parteimitglieder, die von den Machtspielen und Affären des umstrittenen Stadtrats und Kreisvorsitzenden Tobias Schley die Nase voll haben, den Verein "Zukunft Augsburg" gründen. Ziel des Vereins ist nach Angaben der Initiatoren, "die erfolgreiche Politik der Stadtregierung und des CSU-Oberbürgermeisters Kurt Gribl zu unterstützen".

Eines scheint klar zu sein: Der Verein ist eine Drohkulisse für die innerparteilichen Gegner und zugleich der Vorläufer für eine mögliche Stadtratsliste in Konkurrenz zur von Schley und seinen Anhängern dominierten CSU. Womöglich wird der Verein aber schon in der kommenden Woche in die Stadtpolitik eingreifen: wenn sich nämlich Stadträte wegen Schley aus der CSU-Fraktion verabschieden und eine eigene Gruppierung bilden sollten. Dies scheint denkbar zu sein, vor allem wenn der Bezirksvorstand am Freitag den Lagerkampf nicht beenden kann.

Der Vorstand, in dem das Schley-Lager die Mehrheit hat, berät in einer Krisensitzung über die Ankündigung einiger Stadträte, Teile ihrer Aufwandsentschädigungen aus Protest nicht mehr an den Bezirksverband der Partei abzuführen. Sollte der Bezirksvorstand dieses Vorgehen für satzungswidrig erklären und den Parteiausschluss dieser Mitglieder vorantreiben, ist die Spaltung der Fraktion unvermeidbar.

Regensburg

Regensburg

Lange Zeit war es ein parteiinternes Ringen um die Macht in Regensburg. Auf der einen Seite die CSU-Fraktion um Christian Schlegl und letztlich auch Oberbürgermeister Hans Schaidinger. Auf der anderen Seite der Kreisverband, in dem sich junge Parteigänger sammeln und solche, die sich von dem dominanten OB nicht ernst genommen fühlen. In diesem Jahr hat diese Gruppe endgültig die Mehrheit in den Parteigremien erobert - und als Reaktion hat das Schaidinger-Lager ein Auffangbecken außerhalb der CSU gegründet, den Verein "Bürger für Regensburg".

Ausdrücklich offen für alle Parteien will man sein und über die Stadtpolitik diskutieren. Aber letztlich ist klar, hier versammeln sich die Mitglieder, die vom CSU-Kreisverband "ausgeschlossen oder ausgebremst" wurden, wie es Schaidinger formuliert. Durchaus möglich ist es also, dass bei der Kommunalwahl 2014 das CSU-Schwergewicht Schaidinger als Stadtrat gegen seine eigene Partei kandidiert.

Freising

Freising

Ende August hat ein politisches Beben die CSU in der oberbayerischen Kreisstadt Freising erschüttert. Damals haben acht Mitglieder, darunter Fraktionschef Tobias Eschenbacher, die CSU-Stadtratsfraktion verlassen. Die Riege der Christsozialen im Stadtrat der Bischofsstadt schrumpfte damit von elf auf drei Mitglieder. Als Grund dürfte die innerparteiliche Niederlage Eschenbachers bei der Wahl des OB-Kandidaten ebenso eine Rolle gespielt haben wie das engagierte Eintreten der Landes-CSU für den Bau einer dritten Startbahn am Münchner Flughafen, was der CSU auf Ortsebene große Probleme bereitet hat.

Inzwischen haben die acht Abweichler, zu denen auch noch eine ehemalige Grünen-Stadträtin gestoßen ist, eine neue Stadtratsfraktion unter dem Namen "Freisinger Mitte" gegründet. Um eine Arbeitsbasis für weitere Mitglieder zu haben, wurde inzwischen auch ein Verein "Freisinger Mitte" gegründet. Das ist genau das Modell, mit dem 1981 die Augsburger CSU-Abweichler ihre ehemalige Partei erfolgreich ins politische Abseits manövriert haben.

Coburg

Coburg

Coburg

In Coburg spaltete sich die CSU im April 2007, von den zuvor 13 christsozialen Stadträten blieben plötzlich nur noch sechs übrig. Peter Reingruber, CSU-Ehrenmitglied, glaubte damals einen Coburger Unternehmer und CSU-Mitglied als "Spaltpilz" wahrzunehmen - dessen Einfluss auf die Partei nehme überhand, befand der bitter enttäuschte Reingruber.

Für die in CSU führte die Spaltung bei der Kommunalwahl 2008 zum Fiasko. Der SPD-Oberbürgermeister setzte sich im ersten Wahlgang durch, für die CSU blieb kein Posten in der Stadtregierung. Das Amt des Dritten Bürgermeisters bekleidet seither ein Mann der CSB, der Christlich-Sozialen Bürger Coburgs. Und deren Fraktionschef, Christian Müller, erklärt: Er würde den Schritt in die Spaltung "jederzeit wieder tun".

Landshut

Landshut

Der überaus beliebte Landshuter OB und CSU-Mann Hans Rampf gelangte nicht über seine Partei ins Amt, sondern nur dank einer Wählergruppierung, der "Bürger für Landshut". Denn die CSU wollte Rampf partout nicht haben, damals 2004, als es um die Nachfolge von Josef "Dick" Deimer ging, der die niederbayerische Bezirkshauptstadt 35 Jahre lang regiert hatte.

Also gründeten sich die "Bürger für Landshut". Sie sammelten mehr als 8000 Unterschriften für Rampf und riefen den CSU-Mann als ihren Kandidaten aus. Gleich im ersten Wahlgang deklassierte Rampf den offiziellen CSU-Bewerber mit 50,9 Prozent gegen 14,8 Prozent. Die CSU versank in massive Flügelkämpfen, die nach wie vor immer wieder aufflackern - auch wenn Rampf längst in den Schoß der Partei zurückgekehrt ist.

Garmisch-Partenkirchen

Garmisch-Partenkirchen

Als die Garmischer 2002 ihren Bürgermeister Thomas Schmid mit fulminanten 75 Prozent ins Amt wählten, war das ein Riesentriumph - nicht nur für Schmid, sondern auch für die örtliche CSU. Umso tiefer war der Fall. Schon nach wenigen Jahren verhakten sich die Partei und ihr Bürgermeister in heftige Streitereien - "Selbstherrlichkeit" und "undiplomatischer Führungsstil" lauteten noch die mildesten Vorwürfe an Schmids Adresse.

Die CSU wähnte ihren Rückhalt in der Bevölkerung in akuter Gefahr und stellte Schmid 2008 nicht mehr als Bürgermeisterkandidaten auf. Weder Schmid noch die Garmischer ließen sich das gefallen. Schmid gründete mit dem "Christlich Sozialen Bündnis" seine eigene Wählergruppierung. Und die Garmischer bestätigten Schmid mit 52,2 Prozent im Amt.

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