Süddeutsche Zeitung

Innere Sicherheit:Viele Haftbefehle gegen Rechte werden nicht vollstreckt

  • 85 Haftbefehle wegen politisch motivierter Kriminalität im rechten Milieu sind in Bayern offen. 71 Verdächtige sind noch auf freiem Fuß.
  • Offen sind zudem noch 31 Haftbefehle, die unter anderem mit islamistischem Terrorismus in Verbindung stehen.

Von Lisa Schnell

In Bayern wurden 85 Haftbefehle wegen politisch motivierter Kriminalität im rechten Milieu nicht vollstreckt. 71 Personen, gegen die teilweise mehrere Haftebefehle ausgesprochen wurden, sind demnach noch auf freiem Fuß. Offen sind zudem noch 31 Haftbefehle, die unter anderem mit islamistischem Terrorismus in Verbindung stehen. Das geht aus einer Antwort von Innenminister Joachim Herrmann auf eine Anfrage der innenpolitischen Sprecherin der Landtagsgrünen Katharina Schulze hervor.

Bei den 85 offenen Haftbefehlen aus dem rechten Milieu geht es nach Aussagen von Schulze in 17 Fällen um Gewaltdelikte. Unter ihnen auch ein Haftbefehl, der schon 2011 ausgestellt wurde - wegen Mordes. Auch zwei Verstöße gegen das Waffenrecht sind darunter. Im Bereich der politisch motivierten Kriminalität aus religiöser Ideologie wurden unter anderem drei Haftbefehle noch nicht vollstreckt, bei denen es sich um die Bildung einer terroristischen oder kriminellen Vereinigung im In- oder Ausland handelt. Sechs von ihnen wurden wegen des Verdachts einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat ausgestellt.

Die Daten stammen von einer bundesweiten Erhebung durch das Bundeskriminalamt mit Stand vom 30. März 2017, heißt es in der Antwort des Ministers. Dabei sei zu berücksichtigen, dass es sich bei der genannten Anzahl nur um eine Momentaufnahme handele. Erlass und Vollzug von Haftbefehlen sei ein dynamischer Prozess, der ständig Schwankungen unterläge. Gründe, warum ein Haftbefehl nicht vollzogen werde, gebe es viele, heißt es aus dem Justizministerium. Etwa, wenn sich Gesuchte im Ausland aufhielten oder der Aufenthalt nicht bekannt sei.

Bei dem wegen Mordes ausgestellten Haftbefehl sei der Täter verurteilt. Da er im Ausland in Haft sitze, sei der Haftbefehl in Deutschland noch offen für den Fall, dass er wieder zurückkehre. Die Justizbehörden sorgten jeden Tag mit hoher Motivation dafür, dass Recht durchgesetzt werde. In Schulzes Augen aber hat Bayern ein Vollzugsproblem. Es schade dem Rechtsstaat, wenn Maßnahmen nicht vollzogen würden, sagt sie. Die hohe Anzahl an offenen Haftbefehlen müsste reduziert werden.

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Quelle:
SZ vom 30.06.2017/vewo
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