Innere Sicherheit:Landtags-Grüne klagen gegen Verfassungsschutzgesetz

Plenarsitzung im Landtag

Katharina Schulze sagte, die Grünen wollten nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch die Grundrechte schützen.

(Foto: Sven Hoppe/dpa)
  • Nach Auffassung der Grünen verletzt das Gesetz an mehreren Stellen Grundrechte.
  • Personen können demnach zu leicht überwacht werden.

Von Lisa Schnell

Die Grünen im Landtag reichen beim Bayerischen Verfassungsgerichtshof Klage gegen das 2016 in Kraft getretene Verfassungsschutzgesetz ein. Anders als die CSU wollten die Grünen nicht nur mehr Sicherheit, sondern auch die Grundrechte schützen, sagte Fraktionschefin Katharina Schulze am Donnerstag. Das Gesetz aber verletze diese gleich an mehreren Stellen, sagte Rechtsprofessor Matthias Bäcker, der die Klage ausgearbeitet hat.

Die Auflagen für eine Überwachung seien viel zu lasch. So dürfe etwa das Handy einer Person gehackt werden, wenn allein der Verdacht bestehe, dass eine Straftat geplant sei. Als Planung könnte aber auch schon eingestuft werden, wenn eine Person vor hat, Heizöl zu kaufen, das theoretisch auch für einen Anschlag verwendet werden könnte.

Die Überwachung von Minderjährigen verstoße ebenfalls gegen die Verfassung, sagte Bäcker. In Bayern darf der Verfassungsschutz auch Kinder und Jugendliche beobachten und deren Daten speichern. Klar sei es vorstellbar, dass ein Zehnjähriger einen Mord plane.

Klar sei auch, dass der Staat eingreifen müsse, sagte Bäcker. Statt des Verfassungsschutzes aber ist in so einem Fall aus Sicht der Grünen das Jugendamt die richtige Adresse. Dieses könne im Gegensatz zum Verfassungsschutz leicht beeinflussbare Jugendliche noch einmal vom falschen Weg abbringen. Das Recht von Kindern, ihre Persönlichkeit frei zu entwickeln und später nicht unter "Jugendsünden" zu leiden, stehe dabei höher als der mögliche Erkenntnisgewinn durch eine Beobachtung.

Der bayerische Verfassungsschutz ist zudem der einzige, der auf die Vorratsdatenspeicherung zugreifen darf. Dies sei laut Bundesgesetz aber nur Gefahrenabwehrbehörden gestattet. Der Verfassungsschutz aber habe die Aufgabe zu beobachten und nicht wie die Polizei Gefahren abzuwehren, so Bäcker. Auch beim Schutz von Berufsgeheimnisträgern wie etwa Journalisten bleibe das Gesetz weit hinter der Rechtssprechung des Bundesverfassungsgerichts zurück. Erhebliche Risiken sieht der Rechtswissenschaftler auch in den niedrigen Voraussetzungen für die Weitergabe von Informationen etwa ins Ausland und in der aus seiner Sicht unzureichenden Kontrolle des Verfassungsschutzes durch Parlament und Öffentlichkeit.

Bei der SPD teilt man die Kritik der Grünen. Rechtspolitiker Franz Schindler bezweifelt aber, dass eine Klage erfolgreich sein kann. Als Doppelmoral wird der Vorstoß der Grünen in der CSU empfunden. In Berlin forderten die Grünen eine effizientere Terrorismusabwehr, in Bayern aber dürfe der Verfassungsschutz aus ihrer Sicht maximal Zeitung lesen, sagte der Abgeordnete und Jurist Florian Herrmann.

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