Innenministerium:Bayerns Polizisten werden häufiger beleidigt, bedroht oder gar verletzt

Schutzmaßnahmen für Polizisten vorgestellt

In jedem Streifenwagen liegt nun diese Ausrüstung mit schwerer Schutzweste, Umhang und Helm.

(Foto: Daniel Karmann/dpa)
  • Beleidigungen, Körperverletzungen und sogar Mord: Polizisten in Bayern werden immer öfter selbst Opfer von Gewalt.
  • 16 450 Polizisten seien betroffen gewesen, sagte Innenminister Joachim Herrmann. Dies entspreche einem Plus von zehn Prozent im Vergleich zu 2015.
  • Neue Ausrüstung und Kameras sollen die Beamten besser schützen.

Von Claudia Henzler, Nürnberg

Ein Mord, 13 versuchte Tötungen und fast 2500 Körperverletzungen: Im vergangenen Jahr sind in Bayern mehr Polizisten Opfer von Gewalt geworden als im Vorjahr. Insgesamt wurden 7422 Fälle von verbalen oder körperlichen Angriffen zur Anzeige gebracht. 16 450 Polizisten waren davon betroffen - ein Anstieg um zehn Prozent. Das geht aus dem Lagebild für 2016 hervor, das Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) am Donnerstag in Nürnberg vorstellte.

Statistisch gesehen sei jeder zweite Polizeivollzugsbeamte beleidigt, bespuckt, bedroht, geschlagen oder sogar in eine lebensbedrohliche Situation gebracht worden, hat das Innenministerium ausgerechnet. In 82 Prozent der Fälle (etwa 13 600) waren Polizisten im Wach- und Streifendienst von den Angriffen betroffen. Die Angreifer waren meist männlich (86,5 Prozent), betrunken (67 Prozent) und bereits polizeilich bekannt (78 Prozent).

Auch wenn es sich bei der Gewalt in der Regel um einfache Körperverletzung (2500), Widerstand gegen Polizisten (1300) und Beleidigungen (2900) handelte, habe sich im vergangenen Jahr auch gezeigt, wie schnell Polizisten "von einer Sekunde auf die andere in eine lebensbedrohliche Situation geraten können", sagte Herrmann. In der mittelfränkischen Gemeinde Georgensgmünd war ein 32-jähriger Polizist erschossen worden, als er auf Anordnung des Landratsamts die Schusswaffen eines mutmaßlichen "Reichsbürgers" sicherstellen sollte. Im Juni 2017 wurde eine Polizistin nach einer scheinbar banalen Auseinandersetzung am S-Bahnhof Unterföhring von einem Projektil im Kopf getroffen. Im Jahr 2016 wurden Polizisten insgesamt 25 Mal mit einer Schusswaffe bedroht.

Mittelfrankens Polizeipräsident Johann Rast berichtete von brenzligen Fällen, die vor allem durch Glück ein besseres Ende genommen hatten: Ein Ehemann, der mit dem Schraubenzieher auf Frau und Kind einstach, war damit auch auf die Polizisten losgegangen. Ein Wildpinkler, der am Bahnhof von einem Beamten ermahnt wurde, stach überraschend auf den Polizisten ein. Der wurde trotz Schutzweste verletzt.

Tobias Uschold, in Großeinsätzen erfahrener USK-Beamter, schilderte, wie seine Einheit beim G-20-Gipfel in Hamburg auf eine neue Dimension von blankem Hass und Aggressionen getroffen sei. Uschold erinnerte daran, dass sich diese Angriffe gegen Menschen richteten - um die Freunde, Ehepartner und Kinder Angst haben. "Wenn der Helm auf ist, vergisst man leicht, dass da ein Mensch drunter steckt."

Herrmann forderte mehr Respekt für die Beamten und kündigte an: "Wir werden alles daran setzen, unsere Polizistinnen und Polizisten bestmöglich zu schützen." Uniformen und Ausrüstung der bayerischen Beamten seien schon im vergangenen Jahr verbessert worden. Noch in der Testphase sind Körperkameras, die von dem Beamten bei Bedarf und nach vorheriger Ankündigung eingeschaltet werden. Das Pilotprojekt dazu läuft bis Ende November und soll dann ausgewertet werden.

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