Ingolstadt:Unterstützer des Armeemuseums verbreiten rechtsradikale Thesen

Festung in Ingolstadt, 2015

Im Reduit Tilly, dem zentralen Bau der ehemaligen Befestigungsanlagen, ist die Ausstellung über den Ersten Weltkrieg untergebracht.

(Foto: Johannes Simon)
  • Museumsdirektor Ansgar Reiß forderte den Verein auf, die Schriften aus dem Netz zu nehmen und beendete im Juli die Zusammenarbeit.
  • Neu ist die zweifelhafte Gesinnung einiger im Unterstützerverein des Ingolstädter Armeemuseums nicht.
  • Reiß fordert nun einen "Selbstreinigungsprozess" bei der Unterstützergruppe, deren Chef will aber im Amt bleiben.

Von Lisa Schnell, Ingolstadt

Gerade zu abstoßend fand er, was er da las, sagt Ansgar Reiß. Dass die Geschichtsbücher in den Schulen wahre Fakten über den Zweiten Weltkrieg wegließen. Dass Hitler eigentlich ja den Frieden wollte, die Polen aber nach dem Krieg gierten. "Das sind skandalöse revisionistische, rechtsradikale Thesen", sagt Reiß. Er fand sie auf der Seite der "Freunde des Bayerischen Armeemuseums" in Ingolstadt, des Museums, das er selbst leitet. Sofort löschte Reiß den Link zu dem Unterstützerverein von der Internetseite seines Museums und distanziert sich auf's Weiteste von seinen "Freunden".

Was jetzt durch die Veröffentlichung im Netz auf einen Schlag sichtbar wurde, schwelt schon länger. Neu nämlich ist Reiß die zweifelhafte Gesinnung einiger im Unterstützerverein nicht. Schon 2013 saß er in einem Vortrag des Vereins, in dem das amerikanische Finanzkapital für den Beginn des Ersten Weltkriegs verantwortlich gemacht wurde.

Schon damals war ihm bewusst, dass sich dahinter wohl antisemitische Einstellungen verbargen. Er äußerte seine Kritik, immer wieder, wie er sagt. Passiert sei nichts. Reiß ließ es erst einmal auf sich beruhen. "Man kann sich selbstkritisch die Frage stellen, ob man früher und energischer dagegen hätte einschreiten sollen", sagt Reiß. Das Verhältnis aber zum Verein sei immer eng gewesen, die Scheu vor einem offenen Eklat zu groß.

Jetzt aber, nachdem jeder im Netz die Verbindung zwischen den auch bei Rechtsradikalen verbreiteten Thesen und seinem Museum nachvollziehen konnte, erhöhte Reiß den Druck. Mündlich wie schriftlich forderte er den Verein auf, die Schriften aus dem Netz zu nehmen und beendete im Juli die Zusammenarbeit.

Aktiv aber wurde der Verein erst, nachdem der Donaukurier Anfang Oktober berichtete. Erst dann wurden einige Vorträge etwa des ehemaligen Bundeswehrgenerals Gerd Schultze-Rhonhof entfernt. Noch immer findet sich auf der Seite aber dessen Dankesrede zur Verleihung des Huttenpreises. Ein Preis, der von der "Gesellschaft für freie Publizistik" vergeben wird, die der baden-württembergische Verfassungsschutz als die "größte rechtsextremistische Kulturvereinigung in Deutschland" bezeichnet.

"Das muss alles raus"

Schultze-Rhonhof verteidigt darin, dass im AfD-Parteiprogramm vom "deutschen Volk" die Rede sei und kritisiert, dass in der Kriegsgeschichte "alles Teuflische bei Deutschland" gesucht werde. Zu finden sind außerdem die Ausführungen eines Professor F. Seidler von der Universität der Bundeswehr. Dieser zitiert Goebbels und behauptet, Polen sei von dem deutschen Angriff 1939 keinesfalls im Dornröschenschlaf überrascht worden. Solche "Wahrheiten" aber würden vom "Zitierkartell" klein gehalten und störten die "wissenschaftliche Inzucht".

Auch "Der Geldmacher" von Andrew Carrington Hitchcock lässt sich von der Seite herunterladen. "Ein antisemitisches Machwerk, das den Juden die Schuld am Nationalsozialismus gibt", dessen Verbreitung sicher illegal sei, sagt Robert Andreasch von der antifaschistischen Archivstelle Aida.

Spricht man Ernst Aichner darauf an, warum sein Verein solche Schriften ins Netz stellt, wirkt er überfordert. "Das muss alles raus", sagt der Vorsitzende. Gegen Vorträge von "Kriegsschuldleugnern", wie Andreasch von Aida Schultze-Rhonhof nennt, hat Aichner nichts. Nur weil einer eine andere Meinung habe, dürfe man ihm nicht das Wort verbieten, sagt er. Außerdem: Das Programm sei mit der Museumsleitung immer abgesprochen worden, er selbst sei damals noch gar nicht Vorsitzender gewesen. "Persönlich hab ich mir nichts vorzuwerfen", sagt Aichner.

Der Vereinsvorsitzende will im Amt bleiben

Die Verbreitung im Internet aber will er beenden und kündigt Konsequenzen für den Verantwortlichen der Homepage an. Dass es bei den "Freunden des Armeemuseums" nur einige wenige mit rechter Gesinnung gibt, bezweifelt Andreasch und verweist auf das Kuratorium. Dem gehöre Klaus Hammel an, einer der bekanntesten extrem rechten Publizisten.

Dort sitzt auch Wolfgang Prinz von Bayern, der über die Schriften empört ist und einen Brief an den Vorstand geschrieben hat. "Wenn sich nichts ändert, trete ich aus", sagt er. Auch Museumsdirektor Ansgar Reiß kündigt nach Jahren zum ersten Mal öffentlich Konsequenzen an. "Es muss ein ganz klarer Selbstreinigungsprozess im Verein passieren", sagt Reiß. Der Vorsitzende sei verantwortlich. Man müsse sich Gedanken machen, ob er sein Amt weiter ausführen kann. Auch Vorsitzender Aichner will erneut handeln. Ob es dabei um den Ausschluss von Mitgliedern gehen soll, sei noch nicht klar. Er selbst will im Amt bleiben.

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