Süddeutsche Zeitung

Hochschule:Studierende entwickeln App gegen Diskriminierung

Wer sich gemobbt fühlt oder anderweitig benachteiligt, kann das an der Technischen Hochschule Ingolstadt künftig per Handy melden. Die Anwendung hält auch Tipps bereit.

Von Jasinta Then , Ingolstadt

Mobbing, Rassismus, Stalking, sexuelle Belästigung - all dies stellt im Alltag ein ernstzunehmendes Problem dar. Um dem entgegenzutreten, haben Studierende der Technischen Hochschule Ingolstadt (THI) eine neue Anwendung entwickelt. Damit können Betroffene Fälle von Diskriminierung anonym melden und erhalten Tipps mit Ansprechpersonen. Seit Anfang Mai ist das Programm für alle Angehörigen der Hochschule im App-Store verfügbar.

Zu Beginn des Projekts im Jahr 2020 stellte sich eine Frage: "Wie schaffen wir es, Diskriminierung an der Hochschule zu vermeiden?", sagt Hochschul-Präsident Walter Schober bei einem Zoom-Call. Die Idee sei gewesen, eine Möglichkeit zu schaffen, um Diskriminierungsfälle zu melden und womöglich eine "Dunkelziffer aufzudecken", sagt Felix Wiegand. Er studiert Informatik an der THI und ist einer der fünf Studierenden, die die App entwickelt haben. Oft wisse man eben nicht, ob Diskriminierung überhaupt vorkomme "und wenn ja, wie oft".

Er und seine vier Mitstreitenden sprachen mit der Gleichstellungsbeauftragten und entwickelten gemeinsam ein Design. Dabei mussten die fünf Studierenden sich auch um die Datenschutzkonformität kümmern sowie Sicherheitsprüfungen und Verschlüsselungen einbauen, um möglichem Missbrauch vorzubeugen.

"Respect@THI" soll als Leitbild für Anti-Diskriminierung dienen. Oftmals sei es schon eine unbedachte Frage oder eine unsensible Wortwahl, die den Anderen mit einem unguten Gefühl zurücklasse, erklärt Yasmine Limberger, die Gleichstellungsbeauftragte der THI.

Die App bietet verschiedene Funktionen. Zuallererst soll sie über Diskriminierung informieren, "um die vorgefallene Situation besser einschätzen zu können", sagt Wiegand, der Student. Mehrere Fragen sollen dabei helfen. Anschließend werden verschiedene Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise geboten und Ansprechpartner und -partnerinnen mit Kontaktdaten angezeigt. Möchte die betroffene Person anonym bleiben, kann sie einen Fall melden, ohne sich dafür outen zu müssen.

Der Vorfall wird an die Gleichstellungsbeauftragte weitergeleitet. Von ihr erhält der oder die Betroffene Ratschläge und das Angebot, sich bei Bedarf zu einem persönlichen Gespräch zu treffen. Straf- und dienstrechtliche Konsequenzen können sich daraus nicht ergeben, erklärt Yasmine Limberger, aber auch diese Meldungen würden statistisch erfasst. "Keine Meldung ist umsonst." Häuften sich Fälle einer Art, könne man auch daraus etwas ableiten.

Die App ist bei einer Talenteförderung der Hochschule für begabte Studierende entstanden. Das Projekt begann im Oktober 2020 und ist nun nach eineinhalb Jahren abgeschlossen. Der "leidenschaftliche App-Entwickler", wie sich Felix Wiegend selbst beschreibt, will auch in Zukunft weiterhin Anwendungen programmieren. Vielleicht auch eine, die über die Hochschule hinaus geht.

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