Infrastruktur im Freistaat:Volle Konzentration auf Oberbayern

Kommt der Zuschlag für Olympia 2018, schaut der Rest Bayerns in die Röhre: Die Winterspiele würden fast alle öffentlichen Gelder für wichtige Verkehrsprojekte binden. Jetzt hofft der Freistaat auf einen Sonderfonds vom Bund.

Heiner Effern

Stau sind die Oberbayern gewohnt. Egal, ob auf der A8 zwischen Salzburg und München oder am Autobahnende in Richtung Garmisch-Partenkirchen, an schönen Wochenenden geht oft nichts mehr. Diesem Stillstand auf der Straße wollen Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) und die bayerische Staatsregierung mit einem massiven Ausbau der Straßen und der Schienen in Oberbayern begegnen.

Staus in Bayern

Die Autobahn von München nach Garmisch-Partenkirchen bietet fantastische Ausblicke, endet jedoch in einem Nadelöhr. Die A 95 soll bis Garmisch vierspurig ausgebaut werden.

(Foto: ag.ddp)

Kommt auch noch der Zuschlag für olympische Winterspiele im Jahr 2018 hinzu, würden kurzfristig allein für einige wenige Großprojekte mehr als drei Milliarden Euro benötigt. Das würde die finanziellen Möglichkeiten übersteigen, so dass nur ein Sonderfonds aus dem Bundesverkehrsministerium andere wichtige Projekte im Freistaat retten könnte. Doch woher das Geld kommen soll, ist bislang unklar. In Bayern bahnen sich schon die ersten Verteilungskämpfe an.

Die Verhandlungen zwischen Bund und Land über eine mögliche olympische Sonderfinanzierung laufen. Es werde im Falle eines Zuschlags im Juli 2011 eine "einvernehmliche Lösung" geben, heißt es aus dem Bundesverkehrsministerium. Eine Aufstockung der Mittel für Bayern durch eine Sonderfinanzierung "könnte hierfür hilfreich" sein.

Den größten Brocken in diesem Topf könnte die zweite Stammstrecke für die S-Bahn in München ausmachen. Sie soll zwei Milliarden Euro kosten, ist ohnehin geplant, würde aber durch Olympia eventuell beschleunigt. Der bayerische Verkehrsminister Martin Zeil (FDP) wünscht sich eine Fertigstellung bis zu möglichen Winterspielen. Das gilt auch für den Ausbau der A8 zwischen Rosenheim und der Landesgrenze, mindestens 730 Millionen Euro sind dafür veranschlagt.

Weitere 500 Millionen Euro planen Bund und Land für die Anbindung Garmisch-Partenkirchens ein. In diesem Olympia-Paket enthalten sind vier Tunnels, zwei in Garmisch-Partenkirchen und zwei zwischen der Autobahn und dem Ort Farchant. Dazu soll die Bahnlinie München-Garmisch ertüchtigt werden. Bis auf die schon begonnene Ortsumgehung Kramertunnel würden alle anderen Projekte wohl ebenfalls beschleunigt, sollte Garmisch Olympiaort werden.

"Stau beim Ausbau der Infrastruktur"

Die Rosenheimer Abgeordnete Daniela Raab (CSU), Mitglied im Verkehrsausschuss des Bundestags, sieht diese Pläne mit Sorge. Seit Jahren kämpft sie für den Ausbau der Zufahrt zum geplanten Brennerbasistunnel von München durch das Inntal. Für diese Bahnstrecke gibt es noch nicht einmal Planungen. "Ich finde Olympia gut, aber es kann nicht sein, dass deswegen der Rest Bayerns in die Röhre schaut", sagt die stellvertretende Vorsitzende der CSU-Landesgruppe in Berlin.

Aus ihrer Arbeit im Verkehrsausschuss gewinne sie die Erkenntnis, dass ein Sonderfonds für Bayern "völlig unrealistisch" ist. "Wir konnten 2011 gerade mal die Investitionen halten." Bliebe nur mehr die Lösung, das Geld von anderen Projekten im Freistaat abzuziehen. "Das halte ich nach den langen Wartezeiten für politisch schwer vermittelbar." Raab sieht eine Alternative. "Vielleicht kann man von den Maximalforderungen für Garmisch abrücken, deshalb scheitert ja nicht gleich Olympia." In anderen Teilen Bayerns gebe es auch dringenden Handlungsbedarf. "Die Österreicher sind mit dem Zulauf zum Brenner bald fertig. Die geben richtig Gas, bauen lange Tunnels durch die Berge. Das ist Zukunft", sagt Daniela Raab.

Auch der Mühldorfer Bürgermeister Günther Knoblauch (SPD) verwahrt sich dagegen, dass durch einen möglichen Olympiazuschlag wichtige Verkehrsprojekte andernorts ins Hintertreffen geraten. Direkt vor seiner Haustüre stehen gerade zwei an. Seit Jahrzehnten ist der Bau der A 94 in Planung und Bau, insgesamt sollen dort 874 Millionen Euro investiert werden. Dazu wartet die Region sehnlichst auf den zweigleisigen Ausbau und die Elektrifizierung der Bahnlinie München - Mühldorf - Freilassing.

Das gesamte Projekt ist mit drei Milliarden Euro veranschlagt, wird seit Jahrzehnten versprochen, kommt aber nur in Trippelschritten vorwärts. Zumindest der Abschnitt von München in Richtung Chemiedreieck in Burghausen müsse schnell passieren, warnt der Chef des Verkehrsausschusses im Landtag, Erwin Huber. Schließlich drohe das wichtigste Unternehmen dort, Wacker Chemie, künftig neue Investitionen sonst eher in Sachsen zu realisieren. Und noch ein weiteres Projekt steht in Oberbayern an, der Anschluss des Münchner Flughafens.

"Wir haben einen ungeheuren Stau, was den Ausbau der Infrastruktur betrifft", sagt Erwin Huber.

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