Corona-Impfung:Kampagne mit Aussetzern

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Eine Frau wartet in Fürstenfeldbruck auf ihre Impfung. (ARCHIV) (Foto: Peter Kneffel/dpa)

In Bayern werden nun Risikopatienten und alle Menschen geimpft, die älter als 60 Jahre sind. Für Verzögerung sorgen nach wie vor der Mangel an Vakzinen - und Probleme mit der Software.

Von Anna Günther, Elena Kolb und Dietrich Mittler, München

Thomas Kindel, Leiter für den Bereich Öffentliche Sicherheit und Ordnung, ist gerade von einer Visite im Deggendorfer Impfzentrum zurückgekehrt. Kurzbilanz: Es läuft. Rund 600 Impfungen am Tag. Die erste und die zweite Priorisierungsgruppe - die über 80-Jährigen und die über 70-Jährigen - seien bis auf wenige Ausnahmen geimpft. "Jetzt sind bei uns die 60- bis 70-Jährigen an der Reihe", sagt Kindel. Und jene, die ebenfalls zur Priorisierungsgruppe drei gehören - etwa Tumorpatientinnen und - patienten oder Personen mit Bronchial-Asthma. Das oberbayerische Garmisch-Partenkirchen meldete indes am Dienstag 200 bis 250 Impfungen am Tag. "Wenn mehr Impfstoff geliefert würde, könnten wir von der Kapazität her 300 Dosen täglich verabreichen", sagte ein Sprecher des Landratsamts.

Landesweit bereitet derzeit aber ein ganz anderes Problem Sorgen: Regional kommt es offenbar bei der Impfsoftware Bayimco zu Aussetzern. Die Abkürzung steht für "Bayerisches Impfmanagement gegen Corona", was einige Kritiker augenblicklich gerade wenig beeindruckt. "Wir wären mit den Impfungen schon sehr viel weiter, wenn die Software problemlos laufen würde", heißt es da etwa. Oder: "Vergangene Woche hat das System bei uns zweimal ausgesetzt, 30 bis 40 Leute standen vor unserem Impfzentrum und mussten bis zu zwei Stunden lang warten."

In den Landratsämtern ist das Problem bekannt. Das Gesundheitsministerium indes spricht von einmaligen Wartungsarbeiten, die stattgefunden hätten. Erst kürzlich musste das Gesundheitsministerium das Impfportal in Schutz nehmen. "Die Terminvergabe über Bayimco funktioniert", hieß es da. Die Vergabe der Impftermine verlaufe fair. Die Software sei ein "effektives Tool zur Pandemiebekämpfung". Offenbar aber eines mit Kinderkrankheiten.

Aktuell sind in Bayern 2 480 300 Menschen geimpft. Laut Ministerium beinhaltet diese Zahl 1 691 567 Erstimpfungen. Die Zeit drängt. Im Kreis Hof etwa liegt die Corona-Inzidenz aktuell über 300. Laut Landratsamt wird dort nahezu auf Volllast geimpft: täglich gut 1000 Personen in den Impfzentren in Hof und Helmbrechts. Die Quote bei den Erstimpfungen liege in Stadt und Landkreis mit 17,48 Prozent über dem Bundesschnitt. Aber auch dort, wo die Impfkampagne offiziellen Angaben zufolge voranschreitet, stellen sich viele die Frage: Wann komme ich dran? Bei manchen wächst gar der Argwohn. So etwa auch bei einem SZ-Leser, der in einer Mail fragte: "Was taugt denn eine Empfehlung der Ständigen Impfkommission und die erlassene Impfverordnung, wenn jede Woche eine andere Interessengruppe daherkommt und es auch noch schafft, sich Vorteile zu verschaffen?"

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Andere fragen sich, ob sie auch als Nicht-Priorisierte von übrig gebliebenem Astra-Zeneca-Impfstoff profitieren können - bevor der weggeworfen wird. Für den niederbayerischen Kreis Deggendorf hat Ordnungsamtschef Kindel darauf die Antwort: "Bleiben mal vier, fünf aufgezogene Spitzen mit diesem Impfstoff übrig, werden bei uns gemäß Impf-Verordnung entsprechende Personen angerufen und gefragt, ob sie im Impfzentrum vorbeikommen können." Gleiches ist aus Garmisch-Partenkirchen zu hören: Personen, die Impftermine nicht wahrnehmen können, werde nachtelefoniert. Außerdem gebe es eine "Hop-On-Liste" mit Kontaktdaten von Personen der Impfpriorität eins und zwei, die im Notfall angerufen werden könnten, um nachzufragen, ob sie spontan einen Impftermin wahrnehmen wollen, sagt Marcel Hoffmann, organisatorischer Leiter des dortigen Impfzentrums. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums ist das in ganz Bayern gängige Praxis. Es gelte die Corona-Impfverordnung des Bundes.

Wider Erwarten, so heißt es in Garmisch-Partenkirchen, gebe es bei den Impfwilligen wenig Bedenken bezüglich des Impfstoffs von Astra Zeneca, der mittlerweile nach mehreren gravierenden Zwischenfällen nicht mehr an jüngere Menschen verabreicht werden darf. Vom 19. April an "werden die Impfzentren mit Impfstoff von Astra Zeneca nur noch für Zweitimpfungen beliefert", wie ein Sprecher des Gesundheitsministeriums mitteilte. "In den Impfzentren werden daher von diesem Zeitpunkt an keine neuen Termine mehr für Erstimpfungen mit Astra Zeneca vergeben", sagte er. Erstimpfungen mit Astra Zeneca sind von da an nur noch in Arztpraxen vorgesehen - und zwar vorrangig bei Menschen im Alter über 60 Jahren.

Dass seit Kurzem Bayerns Hausärzte Teil der Impfkampagne sind, lässt Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) hoffen, dass bald täglich weit mehr Menschen im Freistaat geimpft werden können. Die Kassenärztliche Vereinigung Bayerns (KVB) setzt darauf, dass demnächst auch Fachärzte beteiligt sind. Bis auf Weiteres aber blieben die Impfstofflieferungen "der Flaschenhals der Impfkampagne".

Wie der Deggendorfer Landrat Christian Bernreiter (CSU), zugleich Chef des Bayerischen Landkreistags, erklärt, sollen vom 26. April an Bayerns Hausarztpraxen wesentlich mehr Impfdosen bekommen als die Impfzentren. "Dann beginnt der große Run", sagt er. In Landkreisen, in denen es an Hausärzten mangele, müsse aber letztlich gleichviel Impfstoff ankommen, betonte Bernreiter am Dienstag.

Anmerkung d.Red.: In einer früheren Version stand, dass Hausärzte mit Kassenzulassung ihre Privatpatienten nicht impfen können und diese auf die Impfzentren angewiesen sind. Das ist nicht richtig. Korrekt ist, dass reine Privatärzte bisher von den Impfstofflieferungen ausgeschlossen sind.

© SZ vom 07.04.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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