Immobilienunternehmer am Tegernsee:Ein Tycoon im Trachtenjanker

Immobilienunternehmer am Tegernsee: Einst machte Korbinian Kohler in Papier, jetzt ist der Mann mit dem ausgeprägten Selbstbewusstsein Hotelier am Tegernsee.

Einst machte Korbinian Kohler in Papier, jetzt ist der Mann mit dem ausgeprägten Selbstbewusstsein Hotelier am Tegernsee.

(Foto: Claus Schunk)

Am Tegernsee treffen Fußballer, Funktionäre und Oligarchen aufeinander. Doch den Ton gibt der Unternehmer Korbinian Kohler an. Ein Besuch in seinem Luxushotel.

Von Christian Gschwendtner

Acht Uhr im Hotel Bachmair Weissach. Korbinian Kohler, 49, weißes Hemd, schwarze Sonnenbrille, steht unter dem Kronleuchter in der Lobby. Das Wichtigste fehlt: die Trachtenjoppe. So kann er nicht arbeiten.

Er will schnell eine anziehen. Kohler sagt: "Bodenständigkeit ist extrem wichtig." Nur, wie soll das gehen, Bodenständigkeit in einem Luxushotel? Das Bachmair Weissach gehört zu den teuersten Adressen im Tegernseer Tal. Seit einer Woche ist es wieder stark im Gespräch. Kohler hat ein Spa gebaut, kein normales Spa, sondern ein japanisches Mizu Onsen Spa. Darin gibt es unter anderem ein Hitzebecken (42 Grad), ein Kältebecken (zwei Grad) und feinstes Zedernholz. Kostenpunkt: sieben Millionen Euro.

Bei der Eröffnung hält Kohler eine kleine Ansprache. Er sagt, mit dem Spa wolle er eine Plattform schaffen. "Für Menschen, die heute enormen Ansprüchen ausgesetzt sind." Das Ziel: sich auf sich selbst zu besinnen und mit der Außenwelt zu versöhnen. Eine Blondine mit langen Gold-Ohrringen nickt. Andere heben das Champagner-Glas. Es gibt Applaus. Kohler trägt ein weißes Sakko, keine Trachtenjoppe. Vor der Eröffnung konnte man in der Tegernseer Zeitung lesen: "Kreuther Hotelier will mit irrem Spa Nummer eins in Europa werden."

Als Nummer eins hätten sie sich immer gern gesehen am Tegernsee, auch wenn der Glamour über die Jahre ein bisschen verblasst ist und neulich auch noch Michail Gorbatschow sein "Hubertus-Schlössl" in Oberach verkauft hat. Früher sind die Schicken und die Schönen besonders gern im Bachmair am See abgestiegen, dem anderen Bachmair in Rottach-Egern.

Die Gediegenen und die Verschwiegenen gab und gibt es hier aber auch, und an Fußballern, Funktionären und ganz gewöhnlichen Vorstandsvorsitzenden, die die Preise treiben, herrscht weiterhin kein Mangel. Die Filetstücke sichern sich oft einzelne Oligarchen oder diejenigen, die irgendwas verkauft haben und gar nicht mehr arbeiten müssen. Korbinian Kohler sagt, er wolle sein Hotel zum führenden Anlaufpunkt für Unternehmerfamilien machen. Sie sollen zum Yoga-Retreat kommen. Zur Familienfeier. Oder was sonst noch ansteht.

Kurz nach acht Uhr, Kohler ist zurück in der Lobby. Er hat sich eine Trachtenjoppe angezogen und läuft durch die Gänge seines Hotels. Ständig bleibt er stehen, hebt Dreckkörnchen auf, rückt einen Paravent ein paar Zentimeter nach rechts, testet den Seifenzustand in der Herrentoilette. Die Botschaft ist klar: Der Chef überlässt hier nichts dem Zufall. Beim Frühstück schmiert er sich ein Marmeladenbrot.

In diesem Moment merkt man zum ersten Mal, wie der Hotelier tickt. Es geht um seine Masterarbeit. Kohler studiert gerade Philosophie. Nebenbei, um den Kopf durchzulüften. Philosophen haben es Korbinian Kohler angetan, im Herbst will er einige Denker ins Hotel laden. Zum ersten Korbinian-Kolleg. In seiner Abschlussarbeit vertritt er grob gesagt die alte FDP-These, Leistung müsse sich wieder lohnen. Eine Devise, nach der er auch sein Hotel führt.

Im Bachmair Weissach werden die guten Lehrlinge belohnt, die Schlechten bestraft. Für Einser und Zweier im Zeugnis gibt es einen Bonus. Bei Fünfern und Sechsern Geldabzug. "Eine junge Frau hat sich gerade 3500 Euro dazu verdient", sagt Kohler. Dann kommt die Assistentin und legt eine ausgedruckte E-Mail auf den Tisch. Er muss kurz ins Büro fürs nächste Interview.

"Wenn's geht, schmust man hinterher"

Im Erdgeschoss des Hotels ist ein Buch auf einem schwarzen Tisch ausgestellt. Zu sehen ist Korbinian Kohler, wie er auf einem Steg am Tegernsee posiert. Der Steg steht ein paar Zentimeter unter Wasser. Es sieht so aus, als könnte er übers Wasser laufen. Über dem Foto steht die Überschrift: "Lord of the Lake." Herr des Tegernsees. Und was sagt er zu dem Foto? Kohler zieht die Stirn kraus. Er sagt: "Eine Katastrophe, eine Katastrophe." Geradezu lächerlich sei diese Überschrift, er habe sie erst hinterher gelesen. Vor allem aus Tegernseer Sicht, wo doch jeder wisse, das hier die Wittelsbacher residieren. Nicht die Hoteliers.

Ganz richtig ist das nicht: Viel zu melden haben die Wittelsbacher nicht mehr. Dafür sind Luxushotels am Tegernsee schwer angesagt. Es gibt schon eine Handvoll und es sollen mehr werden. In Bad Wiesee plant die Schweizer Investorengruppe Sports Medicine Excellence zum Beispiel ein neues Fünf-Sterne-Hotel, mit Spa und Operationszentrum. Der Hexal-Gründer Thomas Strüngmann denkt in den gleichen Kategorien. Er baut demnächst dort, wo noch das Hotel Lederer und früher die alte Spielbank standen. Gibt es am Tegernsee wieder eine Goldgräberstimmung?

Offenbar schon: Vor einigen Wochen machte die Nachricht die Runde, dass Kohler für ein paar Millionen ein Gästehaus in der Rottacher Seestraße gekauft hat. Es hieß: "Kohler schlägt wieder zu." Das hat ihm gar nicht gefallen, er sieht sich nicht als Immobilienmagnat vom Tegernsee. Seiner Familie gehört die Büttenpapierfabrik in Gmund. Viele Jahre führte er das Unternehmen zusammen mit seinem Bruder. Dann ließ er sich auszahlen. Seitdem investiert er in marode Immobilien. Kohler sagt: "Ich mag es, aus unschönen Dingen schöne Dinge zu machen."

Im August 2010 kaufte er das Hotel Bachmair Weissach. Zu einer Zeit als das legendäre Haus arg schwächelte. Kohler hat es wieder aufgebaut. Und nebenan eine Event-Arena mit Platz für mehr als 1000 Menschen hochgezogen. Seit einem halben Jahr ist er außerdem noch der Pächter des Wallberghauses. Damals kam deshalb am See die Befürchtung auf, dass es oben auf dem Berg mit der Bescheidenheit schnell vorbei sein könnte. Aber die Wallbergalm-Bauern versprachen öffentlich, sie würden ein Auge drauf haben. Einer sagte: "Spinner können wir hier oben nicht gebrauchen."

Kohler selbst ist für provokante Äußerung immer zu haben: Vor einigen Jahren hat er mal einen Tegernsee-Express gefordert. Einen Zug, der die Münchner ohne Zwischenstopp ins Tal bring. Die Idee gefällt ihm immer noch. Er sagt, es sei ja bloß ein Ritual, wenn sich die Leute hier über die Preißn aufregen. "In Wirklichkeit sitzen die Tegernseer Burschen mit den Münchnerinnen an der Schnapsbar, und wenn's geht, schmust man hinterher." Dann entschuldigt er sich. Zwei Männer von der Sparkasse warten auf ihn. Zeit, noch einmal im Spa vorbeizuschauen.

Am Eingang steht eine Mitarbeiterin. Die Frau macht sich Sorgen, dass die Einheimischen ein völlig falsches Bild vom Wellness-Bereich haben. Sie sagt: "Am See hört man alles, von Dunkelkammer bis Puff." Dabei könnten die Leute doch jederzeit vorbeischauen. Eine Führung gibt es gratis, die Tageskarte ab 138 Euro.

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