Süddeutsche Zeitung

Ihre Frage:Stehen in Franken mehr Windräder, um die Landschaft in Südbayern zu schonen?

Lesezeit: 2 min

Die Windkraft wird in Bayern massiv ausgebaut - in den einzelnen Regierungsbezirken unterschiedlich. Ein SZ-Leser befürchtet dahinter politisches Kalkül. Hat er Recht?

Ihre Frage

SZ-Leser Thomas Grellner fragt:

Ich würde gerne wissen, ob das Gerücht stimmt, dass in Südbayern Vorrangflächen für Windkraftanlagen gestrichen bzw. zurückgenommen wurden, während in Nordbayern wesentlich mehr Flächen ausgewiesen wurden. Im Zusammenhang mit diesem Gerücht heißt es in Franken oft, dass dort der Strom für Südbayern produziert würde, während die Südbayern ihre Landschaft schonen würden.

Unsere Antwort

Von Christian Sebald, SZ-Redakteur im Bayernressort

Im Mai 2011 beschloss die bayerische Staatsregierung, im Zuge der Energiewende die Windkraft im Freistaat massiv auszubauen. Dazu erarbeitete sie diverse Planungsinstrumente, den "Windkrafterlass" zum Beispiel, der den Landratsämtern die Genehmigungsverfahren von Windrädern erleichtern sollte, oder die "Gebietskulisse Windkraft", die erste Anhaltspunkte liefern sollte, wo überall in Bayern Windräder möglich sein könnten.

In diesem Zusammenhang sollten auch die 18 Regionalen Planungsverbände im Freistaat in den Regionalplänen für ihr jeweiliges Gebiet Vorranggebiete ausweisen, in denen aus landesplanerischer Sicht Windkraftanlagen grundsätzlich möglich sein sollten. Damit wollte man den Ausbau der Windkraft steuern. Denn die Regionen außerhalb der Vorranggebiete sollten frei von Windkraftanlagen bleiben.

Von diesen 18 Verbänden machten sich alsbald 16 an die Ausweisung von Vorranggebieten. Nur der Regionale Planungsverband München und der Regionale Planungsverband Ingolstadt unterließen dies. Die Verfahren für die Ausweisung der Vorranggebiete gediehen unterschiedlich weit.

Wie sich das 10H-Abstandsgesetz auswirkt

Inzwischen dürften aber überall in Bayern die Vorranggebiete Windkraft Makulatur sein, weil der Landtag auf Initiative von Ministerpräsident Horst Seehofer das 10H-Abstandsgesetz verabschiedet hat. Danach muss der Abstand zwischen Windkraftanlagen und Wohnsiedlungen das Zehnfache der Höhe des jeweiligen Windrads betragen.

Beim aktuellen Stand der Technik misst ein Windrad von seinem Fundament bis zur Rotorspitze ungefähr 200 Meter. Der Abstand einer solchen Anlage zu einer Wohnsiedlung muss dann also zwei Kilometer betragen. Die Ausweisung der Vorranggebiete in den Regionalplänen richtete sich nach einem Abstand von 800 bis 1000 Meter, der auf den Vorgaben des Bundesimmissionsschutzgesetzes beruhte.

Wo am meisten Windräder stehen

Tatsächlich drehen sich in Franken und der Oberpfalz sehr viel mehr Windräder als in Oberbayern, Niederbayern und in Schwaben. Ende Oktober 2014 waren es nach Angaben des Grünen-Landtagsabgeordneten Martin Stümpfig in Franken 443 Anlagen, davon 174 in Unterfranken, das damit der bayerische Regierungsbezirk mit den meisten Windrädern überhaupt ist. In Mittelfranken waren es 135 Anlagen und in Oberfranken 134.

In allen anderen Regierungsbezirken gab es zu diesem Zeitpunkt deutlich weniger Windräder. In der Oberpfalz waren es 94, in Schwaben 66, in Oberbayern 40 und in Niederbayern 14. Zwar dürften seither überall in Bayern einige neue Anlagen hinzugekommen sein. Aber an der grundsätzlichen Verteilung hat sich gewiss nichts geändert.

Was hinter der Verteilung steckt

Es liegt an den Windverhältnissen, dass in Franken und der Oberpfalz so viel mehr Windräder stehen als in restlichen Bayern. Das kann man klar aus dem Bayerischen Windatlas ablesen, den die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner erst im vergangenen Jahr veröffentlicht hat und der ein weiteres Planungsinstrument für den Ausbau der Windkraft in Bayern sein sollte.

In der Broschüre heißt es auf Seite 17: "Die Windkarten zeigen, dass die windhöffigsten Gebiete Bayerns (also die Gebiete, in denen sich die Windverhältnisse für Windkraft am besten eignen, Anm. d. Red.) in den Höhenlagen von Oberfranken und der Oberpfalz zu finden sind." Aber auch in niedrigeren Lagen Frankens gibt es laut Windatlas "gute Windverhältnisse".

In den bayerischen Alpen und im Voralpenland hingegen sind sie laut Windatlas viel zu schlecht, als dass hier - einmal abgesehen von einzelnen Standorten - an einen nennenswerten Ausbau der Windkraft gedacht werden könnte. Aber auch landesplanerische Hindernisse stehen dem Bau von Windrädern in den bayerischen Alpen und im unmittelbaren Alpenvorland entgegen: Der Alpenplan zum Beispiel mit seinen strengen Schutzkategorien für die bayerischen Berge.

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