Als vor fast genau drei Jahren der Kaufvertrag für die Hypo Alpe Adria unterschrieben war, bejubelte der damalige Finanzminister Kurt Faltlhauser das seiner Ansicht nach tolle Geschäft. Der Kauf der Kärntner Finanzgruppe durch Bayerns Landesbank sei ein "klassischer Win-Win-Vorgang". Die BayernLB bekomme mit ihrer Expansion nach Österreich und von dort auf den Balkan mehr als eine Million neue Kunden, rechnete der CSU-Politikern den Kritikern des Milliardengeschäfts vor, die seinerzeit bereits Bedenken äußerten.
Hätte Faltlhauser gewusst, welche Kunden sich die Landesbank bei der Hypo Alpe Adria zum Teil einhandelte, dann wäre seine große Freude vermutlich schnell in blankes Entsetzen umgeschlagen. Nach der Übernahme der Kärntner Bank, die insbesondere im ehemaligen Jugoslawien gerne Kredite gewährte, schaute sich die BayernLB Ende 2007 die neue Tochterbank etwas genauer an.
Die Hypo Alpe Adria verglich ihre Kundendaten mit Listen der Europäischen Union und der Vereinten Nationen, die mutmaßliche Kriminelle aufzählten, mit denen keine Geschäfte gemacht werden sollten. Das Ergebnis war erschreckend.
Bei Tochtergesellschaften der Hypo Alpe Adria außerhalb Österreichs seien 24 Kriegsverbrecher und zwei Terroristen als Kunden entdeckt worden, berichtete der Konzernbeauftragte der Landesbank für Wirtschaftskriminalität, als ihn die Münchner Staatsanwaltschaft kürzlich als Zeugen vernahm.
Die Strafverfolger gehen dem Verdacht dunkler Machenschaften beim Kauf der Hypo Group Alpe Adria (HGAA) nach, und sie stoßen auf immer neue Abgründe. Die HGAA war damals schon als Skandalbank bekannt - und als "Haider-Bank". Der inzwischen verstorbene Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider hatte sich mit Hilfe der Hypo Alpe Adria als Wohltäter des Volkes aufgespielt.
Nun steht die in Kärntens Hauptstadt Klagenfurt ansässige Bank also auch noch im Verdacht, sich früher mit Kriegsverbrechern und Terroristen eingelassen zu haben. Details nannte der Landesbank-Beauftragte für Wirtschaftskriminalität bei seiner Vernehmung durch die Münchner Staatsanwaltschaft nicht.
Die mutmaßlichen Verbrecher unter den damaligen HGAA-Kunden dürften auf dem Balkan zu suchen sein, wo sich vor allem Serben und Kroaten nach dem Zerfall Jugoslawiens heftig bekämpft hatten. HGAA-Anwalt Guido Held bestätigte auf Anfrage, dass die Bank Ende 2007 außerhalb Österreichs auf zahlreiche "auffällige Kunden" gestoßen sei. Das sei das Ergebnis eines Datenabgleichs mit den Embargo- und Sanktionslisten von EU und UN gewesen.
"Wir können nicht bestätigen, dass es sich um Kriegsverbrecher oder Terroristen handelte", sagt Held. Die Hypo Alpe Adria habe die verdächtigen Kunden sofort den Behörden in den jeweiligen Ländern gemeldet und in Absprache mit den Behörden diese Geschäftsbeziehungen beendet. Neue Fälle habe es nicht mehr gegeben. "Derzeit gibt es keine Geschäftsbeziehungen zu derartigen Personen."
Der Anwalt ist nach der Übernahme der HGAA Ende 2009 durch die Republik Österreich eingesetzt worden, um zusammen mit einem Team von Experten nach den Gründen und Ursachen für den Niedergang der Kärntner Bank zu forschen. Die BayernLB hatte die Hypo Alpe Adria mit einem Verlust von 3,7 Milliarden Euro abgestoßen. Anschließend waren Kredite und Bürgschaften in Milliardenhöhe nötig, um die einstige Haider-Bank zu retten.
Die HGAA, die nunmehr im Besitz der Republik Österreich ist, hat inzwischen mehr als 30 Strafanzeigen gegen frühere leitende Manager gestellt, bis hin zum ehemaligen Vorstands- und Aufsichtsratschef Wolfgang Kulterer. Die hohen Verluste der Hypo Alpe Adria seien zu einem erheblichen Teil "nicht bloß auf entschuldbares Fehlverhalten zurückzuführen", sagt Anwalt Held über das frühere Management. Vorstand und Verwaltungsrat der BayernLB hatten dem alten Management der Kärntner Bank allerdings vertraut.
Kulterer saß, als vor drei Jahren der Kauf ausgehandelt wurde, wiederholt mit am Tisch. Schon damals hatte es etliche Hinweise darauf gegeben, dass die HGAA in viele fragwürdige Geschäfte verstrickt ist, insbesondere auf dem Balkan. Das hat sich bei Ermittlungen der Staatsanwaltschaft in Klagenfurt inzwischen bestätigt. Vorstand und Verwaltungsrat der Landesbank wollten davon aber offenbar nichts wissen, als der Kauf beschlossen wurde.
In der Führungsspitze der BayernLB sei es nicht erwünscht gewesen, alte Vorgänge bei der Hypo Alpe Adria aufzuklären, sagte der Konzernbeauftragte für Wirtschaftskriminalität als Zeuge aus. Er und seine Kollegen hätten aber damals schon Bedenken gehabt. Um Gottes Willen, wo habe man denn da hineingegriffen, habe ihm ein Kollege gesagt.