Süddeutsche Zeitung

Huber und die BayernLB:Zahlensalat, zur Unzeit serviert

Riskante Altlast: Wegen seiner schlechten Kommunikationsstrategie ist Bayerns Finanzminister Erwin Huber auch in der eigenen Partei in Misskredit geraten.

Peter Fahrenholz und Kassian Stroh

Sogar vor einem Untersuchungsausschuss musste sich Erwin Huber (CSU) verteidigen. Der Vorwurf der Opposition: Bayerns Finanzminister habe seit Monaten die wahre Lage der BayernLB vertuscht und das Parlament belogen. Seinen Rücktritt hat sie seitdem so oft wie vergeblich gefordert.

Doch nun hängt Hubers politisches Schicksal am seidenen Faden. Denn sein ungeschicktes Krisenmanagement belastet auch die Koalitionsverhandlungen mit der FDP, Huber könnte damit als künftiger Finanzminister untragbar sein.

Am Samstag erfuhren die schwarz-gelben Verhandler von der BayernLB, dass alles ziemlich schlimm sei. Da keiner sagen wollte, wie schlimm genau, wurden die Verhandlungen bis Mittwoch vertagt. Am Sonntag wurde aus der vertraulichen Sitzung bekannt, dass die Bank binnen Tagen drei bis fünf Milliarden Euro brauche.

Zugleich sagte Huber, die BayernLB wolle unter den Rettungsschirm des Bundes schlüpfen - er tat das auch, um dem Vorwurf des Vertuschens zu entgehen. Da er dies tags zuvor aber nicht gesagt hatte, war die FDP sauer.

"Nicht vertretbare Informationspolitik"

Was sie auch nicht wusste: Schon am 9. Oktober hatte nach SZ-Informationen der Verwaltungsrat, das Kontrollgremium der Bank, getagt. Dabei wurde, wie ein Teilnehmer berichtet, ein Kapitalbedarf von 3,5 Milliarden Euro benannt. Ein anderer dagegen erinnert sich an sechs verschiedene Modelle, die die BayernLB präsentierte und bei denen der Bedarf zwischen null und 3,5 Milliarden Euro schwankte.

Die Bank habe jenes präferiert, wonach die Eigner, also der Freistaat und die Sparkassen, zwei Milliarden Euro zuschießen müssten. Wenn es seinerzeit genaue Zahlen gegeben habe, diese am Samstag aber verschwiegen wurden, sei das eine "nicht vertretbare Informationspolitik der Landesbank", schimpft nun FDP-Landeschefin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger. "Ich würde mir die Informationen von denen wünschen, die in den verantwortlichen Positionen sind."

Das ist auch Huber, als Chef des Verwaltungsrats. Bei der CSU wiederum heißt es, die Zahlen vom 9. Oktober seien wegen der rasanten Entwicklungen auf den Finanzmärkten Makulatur. Seitdem sei eine "Verschlechterung von einer Milliarde Euro" eingetreten.

Zugleich wächst auch in der CSU der Ärger über Huber. Der designierte Partei- und Regierungschef Horst Seehofer soll ihm in der CSU-Landtagsfraktion heftig in die Parade gefahren sein. Dass Huber von sich aus ständig Erklärungen zur Situation der Bank abgebe, das hätte er selbst nicht so gemacht, soll Seehofer moniert haben.

CSU-Abgeordnete verweisen darauf, dass die Landesbank von Baden-Württemberg längst nicht so in den Schlagzeilen stehe, obwohl ihre Lage viel brisanter sei, da sich die Politiker dort nicht ständig äußern würden. Huber dagegen habe sich das Problem Landesbank durch eine missglückte Kommunikationsstrategie aufgeladen und werde es nun nicht mehr los. "Der Erwin ist eine tragische Figur geworden", heißt es.

Auf eine besondere Loyalität Seehofers kann Huber nicht bauen, das Verhältnis der beiden gilt in der CSU seit langem als nahezu zerrüttet. Zudem betont Seehofer, er wolle einen Neubeginn in Bayern. Huber ist dafür eine riskante Altlast.

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SZ vom 22.10.2008/hai
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