Süddeutsche Zeitung

Seehofer zur Staatskanzlei-Umfrage:"Würde das wieder tun"

Die Staatskanzlei hat mit Steuergeldern eine Umfrage in Auftrag gegeben, die auch Tipps zum Attackieren des Koalitionspartners FDP lieferte. Im Gespräch bezieht Ministerpräsident Seehofer Stellung.

A. Ramelsberger

Zum ersten Mal ist die schwarz-gelbe Koalition in Bayern angezählt. Die Staatskanzlei von Ministerpräsident Horst Seehofer (CSU) hatte eine Umfrage in Auftrag gegeben, die - mit Steuergeld - herausfinden sollte, wie die Regierung bei den Bürgern ankommt. Die Umfrage lieferte aber gleich Tipps dafür, wie die CSU ihren Koalitionspartner FDP am besten attackieren kann. Die FDP ist empört. Und Ministerpräsident Seehofer hat alle Hände voll zu tun, die Koalition zu retten. Mit Seehofer sprach Annette Ramelsberger.

SZ: Die FDP fühlt sich hinters Licht geführt. Ist die Koalition erschüttert?

Horst Seehofer: Überhaupt nicht. Die FDP hat natürlich Informations- und Gesprächsbedarf. Beides werde ich erfüllen. Aber ich rede hier nicht über offene Briefe der FDP.

SZ: In diesem offenen Brief fordert die FDP auch personelle Konsequenzen. Es geht um Staatskanzleichef Siegfried Schneider. Sind Sie bereit, solche Konsequenzen zu ziehen?

Horst Seehofer: Ich sehe die Notwendigkeit nicht. Wenn die FDP personelle Konsequenzen will, dann soll sie sich an mich wenden. Was in der Staatskanzlei stattfindet, das findet in meiner Verantwortung statt. Ich verstecke mich hinter niemandem.

SZ: Die Umfrage der Staatskanzlei leistet vor allem der CSU Hilfestellung. Darin wird der CSU geraten, die FDP zu attackieren. Ist diese Studie etwa kein Fehler, für den jemand geradestehen muss?

Seehofer: Es wurde kein Fehler gemacht. Es gibt keine einzige Frage mit dem Tenor: Wie sollen wir die FDP behandeln? So etwas haben wir nicht in Auftrag gegeben.

SZ: Aber im Fazit stand es so.

Seehofer: Das ist ein Fazit des Umfrageinstituts und keine Frage der Regierung. Es ist in jedem bedeutsamen Unternehmen üblich, dass man von Zeit zu Zeit fragt, wie wird die eigene Kompetenz gesehen. Wir haben nach der Kompetenz der Regierung bei der Wirtschafts- und Finanzkrise, nach dem Landesbankdebakel gefragt. Diese Umfrage wurde Anfang Dezember 2008 in Auftrag gegeben, da waren wir fünf Wochen im Amt. Und es war nach einer Landtagswahl, nicht vorher.

SZ: Warum schreibt das Institut dann solche Schlussfolgerungen in die Umfrage?

Seehofer: Das weiß ich nicht. Ich habe nicht mit den Leuten vom Institut geredet, ich habe sie nicht beeinflusst.

SZ: Kannten Sie die Fragen, die in der Umfrage gestellt wurden?

Seehofer: Ja, ich kannte sie, und ich habe mir die Fragen gestern nochmals dreimal angesehen. Ich finde dabei nichts Unrechtes. Es geht um Kernfragen der bayerischen Landespolitik, nicht der Parteipolitik. Ich würde das jederzeit wieder tun.

SZ: Die SPD wirft der CSU verdeckte Parteienfinanzierung vor, der Bundestag prüft bereits. Fürchten Sie eine Strafzahlung?

Seehofer: Ich befürchte nichts. Der Bundestagspräsident kann ruhig prüfen.

SZ: Sie haben anfangs das Motto "neue Transparenz" ausgegeben. Der Umfrageskandal spricht eine andere Sprache. Ist Ihre Glaubwürdigkeit angekratzt?

Seehofer: Nein. Wir beschreiten einen neuen Weg der Transparenz. Wir haben die Umfrage an das Parlament weitergeleitet. Das war früher nicht üblich. Wir haben gerade auch beschlossen, dem Landesbank-Untersuchungsausschuss die vertraulichen Kabinettsprotokolle zur Einsicht zur Verfügung zu stellen.

SZ: Verstehen Sie, dass sich Ihr Koalitionspartner FDP von Ihnen hintergangen fühlt?

Seehofer: Man sollte sich kein Urteil bilden, solange man die Fakten nicht kennt. Ich bin mit Martin Zeil im konstruktiven Gespräch.

SZ: Reicht das, um die Koalition aufrechtzuerhalten?

Seehofer: Wir haben am Freitagmorgen gesprochen. Die Koalition geht weiter, das ist nicht nur eine Koalition für Schönwetterzeiten. Martin Zeil kann sich auf mich verlassen und umgekehrt. Bayern steht vor einem Kraftakt in der Haushaltspolitik, da braucht es eine gut funktionierende Koalition.

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Quelle:
SZ vom 07.08.2010/hai
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