Horst Seehofer:"Westerwelle gehört zu den ganz starken Figuren"

Mit der FDP ist CSU-Chef Seehofer nicht zimperlich umgegangen. Jetzt spricht er über seine Unterstützung für Guido Westerwelle.

K. Auer und M. Szymanski

Die Krise bei der FDP überschattet die Winterklausur der CSU-Landesgruppe im bayerischen Wildbad Kreuth. Eigentlich wollen die Abgeordneten von Mittwoch an mit der Theologin Margot Käßmann über ihre Kritik am Afghanistan-Einsatz diskutieren und mit Jean-Claude Trichet, dem Präsidenten der Europäischen Zentralbank, über die Zukunft des Euro. Parteichef Horst Seehofer, 61, sieht im SZ-Gespräch aber die Koalition in Gefahr, sollten sich die Liberalen nicht rasch stabilisieren.

SZ: Herr Seehofer, es stehen sieben Wahlen zu Landesparlamenten an. Wird 2011 für die schwarz-gelbe Bundesregierung das Jahr der Wahrheit?

Horst Seehofer: Es wird ein spannendes und arbeitsreiches Jahr und wie schon 2010 eine Herausforderung für alle Beteiligten. Wir haben bisher sehr vorzeigbare Arbeit geleistet. Das Problem ist im Moment die Situation bei den Liberalen. Ich habe die Hoffnung, dass sich die FDP stabilisiert.

SZ: Mit oder ohne Guido Westerwelle an der Spitze der Partei?

Seehofer: Mit Guido Westerwelle. Für mich gehört er zu den ganz starken Figuren des deutschen Liberalismus. Im Übrigen geht es schlicht auch um die Koalition; christlich-liberal oder rot-grün, das ist die Alternative.

SZ: Hängt das Schicksal der Koalition also an der FDP?

Seehofer: Das sagte ich ja gerade. Bei einigermaßen normalen Umfragewerten für die FDP würden wir heute darüber nicht reden.

SZ: Ist das nicht auch Ihre Schuld? Im vergangenen Jahr haben Sie ständig Streit mit der FDP angezettelt und den Liberalen sagen wollen, wo es langgeht.

Seehofer: Stellen Sie sich vor, die Kopfpauschale, wie sie die FDP ursprünglich wollte, wäre auch noch gekommen. Dann hätten wir ein weiteres dickes Problem. Mir geht es um die Menschen in unserem Land. Das war und ist meine Motivation.

SZ: Haben Sie wirklich kein schlechtes Gewissen?

Seehofer: Bleiben wir doch logisch! Viele Monate hieß es, ich sei für das gute Wahlergebnis der FDP verantwortlich, jetzt soll ich für den Abstieg verantwortlich sein, obwohl ich an meiner Politik nichts geändert habe. Die drei Prozent in den Umfragen bilden das reale Potential für Freie Demokraten in Deutschland genauso wenig ab wie 14 oder 15 Prozent. Die FDP liegt irgendwo dazwischen. Das hat mit der CSU und Horst Seehofer überhaupt nichts zu tun. Die Ursachen liegen in der FDP selbst. Vielleicht hat die zu lange den Blitzableiter bei der CSU gesucht.

SZ: Und wo liegt das reale Potential der CSU? Zur alten Stärke haben Sie Ihre Partei bisher nicht führen können, auch wenn eine aktuelle Umfrage die Partei dank Karl-Theodor zu Guttenberg bei 45 Prozent sieht.

Seehofer: Wenn uns die Bevölkerung zur Halbzeit der Legislaturperiode bei 45 Prozent sieht, ist das eine erfreuliche Bewertung unserer politischen Arbeit. Mit der Lage der CSU bin ich sehr zufrieden. Wir arbeiten als Team und sind sehr geschlossen. In den vergangenen zwei Jahren haben wir viel bewegt, uns personell und inhaltlich erneuert. Wir sind eine starke Gestaltungsmacht in Berlin. Das war zu Beginn meiner Amtszeit nicht immer so.

"Dumpinglöhne passen nicht in die Landschaft"

SZ: Sie müssen sich im Herbst zur Wiederwahl stellen. Können Sie Ihrer Partei versprechen, irgendwann wieder zu den 50 Prozent zurückzukehren?

CSU-Parteitag

CSU-Chef Horst Seehofer: "Mit der Lage der CSU bin ich sehr zufrieden. Wir arbeiten als Team und sind sehr geschlossen."

(Foto: dapd)

Seehofer: Wir wollen uns weiter verbessern, aber über Prozente rede ich nicht. Wenn man nicht besser werden will, bleibt man nicht gut.

SZ: Reden wir über Hartz IV. Sie wollen sich bei der Reform auf die Opposition zubewegen?

Seehofer: Wir brauchen in überschaubarer Zeit eine Lösung, am besten schon Ende der Woche. Wir schlagen vor, über das Bildungspaket und die Mindestlöhne zu reden. Wir haben in Bayern als Erste das Mittagessen für bedürftige Kinder in den Schulen eingeführt und das stillschweigend unter anderem auf jene ausgedehnt, die Wohngeld beziehen. Insofern wäre das auf Bundesebene eine Fortsetzung des Bewährten. Bei den Mindestlöhnen ist einiges in Bewegung gekommen. Dumpinglöhne bei der Zeitarbeit passen nicht mehr in die Landschaft.

SZ: Die Wirtschaft fordert stärkere Zuwanderung von Fachkräften. Sie sind dagegen. Wollen Sie sich da auch bewegen?

Seehofer: Wenn an der Spitze von Universitäten Chinesen und Inder stehen, hat niemand etwas dagegen. Aber wir müssen der Bevölkerung die Gewissheit geben, dass wir keine Regeln wollen, die faktisch zur Zuwanderung in die Sozialsysteme führen. Es geht uns vor allem darum, das Potential der hier lebenden Arbeitskräfte auszuschöpfen.

SZ: 2011 wird sich die Bundeswehrreform in der Praxis beweisen müssen. Droht Bayern ein Kasernensterben?

Seehofer: Wir haben gerade auf dem Land bedeutsame Bundeswehrstandorte, da darf es keinen Kahlschlag geben. In Bayern haben wir jeden dritten bundesdeutschen Arbeitsplatz im Bereich Wehrtechnik und Rüstung. Auch hier müssen wir verhindern, dass es zu größeren Einschnitten kommt. Und wir brauchen mehr Studienplätze, weil zum doppelten Abiturjahrgang diejenigen dazukommen, die nicht mehr eingezogen werden. Ich glaube nicht, dass das ursprünglich angepeilte Einsparvolumen von etwa acht Milliarden Euro bis 2014 zu erbringen ist.

SZ: Sie ermuntern Karl-Theodor zu Guttenberg, das Sparziel aufzugeben?

Seehofer: Wir werden uns starkmachen zur Unterstützung des Verteidigungsministers. Ich möchte aber nicht über Zahlen spekulieren. Die Folgen der Reform müssen wir gemeinsam aufbereiten. Wo ein Standort wegfällt, brauchen wir Strukturhilfen. Das ist zwischen CDU und CSU auch vereinbart. Wir werden niemanden alleine lassen.

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