Horst Seehofer:"Die CDU ist nicht unser politischer Gegner"

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Ministerpräsident Seehofer: Zum Abschluss der Vorstandsklausur schlug der CSU-Politiker wieder versöhnliche Töne in Richtung CDU an. (Foto: AFP)

Erst reizen, dann versöhnen: Horst Seehofer zeigt sich zum Abschluss der CSU-Vorstandsklausur wieder von der friedlichen Seite. Und von der nebulösen, als es darum geht, welcher CSU-Politiker in Berlin einen Ministerposten übernehmen darf - oder muss.

Von Lisa Schnell, Schwarzenfeld

Für sein Treffen mit Kanzlerin Angela Merkel am Sonntag sollen sie ihm Glück wünschen, forderte Horst Seehofer seine Partei am Samstag bei der CSU-Vorstandsklausur im bayerischen Schwarzenfeld auf. Schließlich war Merkel über den Auftritt der CSU diese Woche bestimmt nicht besonders amüsiert.

Zuerst geißelte Seehofer "diese Berliner Politik", dann hielt sich die CSU mit ihrem scharf formulierten Papier zur Flüchtlingspolitik so gar nicht an die Mahnung der Kanzlerin, sich zu mäßigen. Doch jetzt, einen Tag bevor Seehofer Merkel in die Augen schauen wird, hat er die Empörungswelle überwunden und biegt sachte auf die Versöhnungsspur ein. "Die CDU ist nicht unser politischer Gegner", sagte Seehofer am Ende der CSU-Vorstandsklausur. Er wolle eine "inhaltliche Verständigung" mit der Kanzlerin. Allerdings dürfe es keine Gemeinsamkeit "um jeden Preis" geben.

Für was die CSU heute steht, hat sie in sechs Positionspapieren festgelegt, die der Parteivorstand alle einstimmig beschlossen hat. Brisant für die Verhandlungen mit Merkel am Sonntag ist vor allem ihr Papier zur Zuwanderung. Neben den bekannten Forderungen nach einer Obergrenze für Flüchtlinge, dem Burka-Verbot und der Abschaffung der doppelten Staatsbürgerschaft wurde es sogar an einer Stelle noch verschärft. Flüchtlinge, die straffällig sind, sollen konsequent abgeschoben werden, heißt es jetzt darin. In einer früheren Fassung forderte die CSU Abschiebungen nur für "schwer straffällige" Zuwanderer. Die Kritik an dem Papier, das die Opposition als eine Anbiederung an die AfD versteht, kann Seehofer natürlich nicht verstehen. "Mäßigungsbedürftig" sei an den Papieren gar nichts, sagte Seehofer in Anspielung auf die Mahnung der Kanzlerin. "Wir verkaufen doch keine Ramschware als CSU, sondern Programme, die hoch erfolgreich sind", sagte er.

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Funken könnte es zwischen Merkel und Seehofer am Sonntag aber trotzdem, vor allem bei der CSU-Forderung nach einer Obergrenze von maximal 200 000 Flüchtlingen pro Jahr. Für die CSU sei sie "ein ganz wichtiger Punkt", der nicht für die Harmonie aufgegeben werden dürfe, sagte Seehofer. Das gleiche würde die Kanzlerin, die eine Obergrenze strikt ablehnt, wohl von ihrer Position sagen. Hinter verschlossenen Türen machte Seehofer im Vorstand beim Thema Obergrenze aber klar, dass er keinen Kampf um Worte führen werde. Mit seiner Linie stieß er in der Partei auf volle Zustimmung, heißt es von Teilnehmern.

Es herrsche "eine extreme Geschlossenheit", sagt ein Vorstandsmitglied. "Ich bin so glücklich", jauchzt der ehemalige Innenminister Hans-Peter Friedrich, als er die Klausur verlässt. "Eine außergewöhnliche Vorstandssitzung", sagt der ehemalige Ministerpräsident Edmund Stoiber. Selbst für zuvor in der Partei kritisch diskutierte Themen wie bundesweite Volksentscheide wurde einstimmig abgestimmt. Auch, weil Seehofer den strittigen Punkt durch einen geschickten Schachzug entschärft hat.

Im Oktober soll es zu diesem Thema die erste Mitgliederbefragung der CSU geben, kündigte Seehofer an. Damit vermeidet er einen möglichen Streitpunkt beim Parteitag und arbeitet gleichzeitig an seinem Vermächtnis als Volkskoalitionär. "So wie Industrialisierung mit Strauß verbunden wird und Hightech mit Stoiber, soll sich mit mir der Politikstil verbinden", sagte er laut Teilnehmern im Vorstand.

Zu diesem Politikstil gehört es auch, sich öffentlich gegen alle Spekulationen auszusprechen und sie dann doch selbst anzufachen. Offiziell ist die Parteilinie "zuerst Inhalte, dann Personal", inoffiziell ist der weiß-blaue Himmel über Bayern schon wieder voll mit Spekulationen, wer denn nun nach Berlin geht oder gar gehen muss. "Vielleicht meldet sich ja jemand freiwillig, aber momentan hab ich nicht den Eindruck", sagt ein Kabinettsmitglied.

Ein Ministerposten in Berlin scheint für die aussichtsreichen Kandidaten nicht gerade ein Traumjob zu sein. Vor allem nicht, wenn man wie Finanzminister Markus Söder selbst das Amt des Ministerpräsidenten haben möchte, seit man denken kann. Gerade hatte er einen Wechsel nach Berlin für sich ausgeschlossen. Doch der Druck auf ihn steigt. Die CSU müsse in Berlin "mit der besten Formation" antreten, sagte Seehofer und machte klar, dass er ein Nein nicht akzeptieren würde. "Wenn die Verantwortung es erfordert, muss man sich zur Verfügung stellen", sagte er.

Söder in Berlin, für Seehofer wären damit zwei Probleme gelöst: Erstens hätte er einen bundesweit bekannten Minister in Berlin und zweitens einen Konkurrenten weniger, falls er doch weitermachen will. Denn selbst ein Markus Söder, der es schafft, für alles und jedes zuständig zu sein, kann nicht in Berlin Minister sein und gleichzeitig in Bayern Ministerpräsident.

Und da Seehofer sich gerne alle Türen offen hält und "volle Beinfreiheit" hat, wie ein Vorstandsmitglied sagt, schließt er den Gang nach Berlin auch für sich selbst nicht vollends aus. Zwar sagte er, ein CSU-Kanzlerkandidat gehöre nicht zur "Gedankenwelt" seiner Partei. Ausweichend antwortete er aber auf die Frage, ob er als Spitzenkandidat oder als Superminister nach Berlin gehen könnte.

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