Im Münchner Nobelrestaurant Käfer gibt es einen Lageplan, der etwas historisch anmutet und zu den Gasträumen im ersten Stock führt. "Gehen Sie mit unserer Schatzkarte auf Geheimsuche", rät das Edellokal seinen Gästen. Soll heißen: Hier kann die Prominenz diskret und ungestört tafeln. Schauspieler, Fußballgrößen von Bayern München und viele andere haben hier schon gespeist.
Im vergangenen Jahrzehnt ist dort wiederholt auch der damalige CSU-Chef und bayerische Ministerpräsident Horst Seehofer eingekehrt; aber nicht zum privaten Vergnügen. Es ging darum, dank potenzieller Geldgeber die Parteikasse ein wenig aufzufüllen. Man habe, heißt es in CSU-Kreisen, "Spenderpflege" betrieben.
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Seehofer hat sich im Käfer mit Wirtschaftsgrößen getroffen. Ein Immobilienmagnat soll dabei gewesen sein, ein Rüstungsmanager, Leute aus der Finanzbranche und viele mehr. Auch ein Industrieller, der Schiffe über die Weltmeere fahren lässt, hat dem Vernehmen nach zu den Gesprächspartnern gezählt. Verbürgt ist die Teilnahme von Gerhard Mey, Mitinhaber von Webasto, einem der größten Autozulieferer in Deutschland. Mey gilt als Milliardär; er war nicht der einzige in Seehofers Tafelrunde.
Organisiert hat die Gesprächskreise, die in der Regel aus sechs bis acht Personen bestanden haben sollen, der damalige Leiter der CSU-Finanzkommission: Alfred Sauter. In der CSU ist Sauter wegen seiner Affäre bei der Beschaffung von Corona-Schutzmasken inzwischen in Ungnade gefallen. Aber zu Seehofers Zeit als Partei- und Regierungschef war der umtriebige Abgeordnete und Anwalt einer der einflussreichsten Einflüsterer und Strippenzieher. Ganz nah dran an Seehofer, bestens vernetzt in der Partei ebenso wie in Industrie und Wirtschaft, auch zum eigenen Vorteil.
Wer hat mehr von wem profitiert? Seehofer und die CSU von Sauter oder umgekehrt?
Als Anwalt hat Sauter bestens verdient. In Parteikreisen wird erzählt, Seehofers Günstling habe nicht nur die Tafelrunden organisiert, er sei meist dabei gewesen. Gesprächsteilnehmer berichten, Sauter habe dem Chef gegenübergesessen, dazwischen die Gäste.
Geredet wurde über alles Mögliche, von der großen Weltpolitik bis zur kleinen Kiesgrube, die Probleme bereitete. Wer spenden wollte, konnte das tun. Dieses Thema soll davor oder danach diskret angesprochen worden sein. Aber nicht bei jedem, und auch nicht als Pflicht, Geld zu geben. Angeblich alles freiwillig. "Wenn gespendet wurde, dann in ganz unterschiedlichen Höhen", teilt die CSU dazu mit.
Solche Spendenrunden gab und gibt es auch in anderen Parteien. Aber die CSU hat es immer gut verstanden, nichts davon nach außen dringen zu lassen. Ohne Sauters Maskenaffäre wäre das jetzt nicht durchgesickert. Und auch hier sieht es so aus, als habe Sauter das eine (in diesem Fall die Parteiarbeit) mit dem anderen (Pflege des eigenen Netzwerks) geschickt verbunden. Unter Seehofers Gästen waren auch wichtige Mandanten von Sauters Anwaltskanzlei.
Was die Frage aufwirft, wer am Ende mehr von wem profitiert hat. Seehofer und die CSU von Sauter oder Sauter von Seehofer und der CSU. Seehofers Nachfolger als Parteichef, Markus Söder, lässt gerade rechnen.